Ist Max Waldmeyer paranoid? (Teil II)

Oder: Waldmeyer veröffentlicht seine 13 Theoreme in Sachen Katastrophen-Vorsorge

Katastrophen haben es nun einmal in sich, dass sie sich leider selten ankündigen. Sie sind etwa mit der gleichen Genauigkeit vorauszusehen, wie Bankanalytiker den Verlauf der UBS Aktie prognostizieren. Also gilt es, bestmöglichst Vorsichtsmassnahmen zu treffen. Von einem Katastrophenfall kann man z.B. auch während einer Reise erfasst werden. Frei nach Murphy’s Law könnte beispielsweise der Vesuv genau dann ausbrechen, wenn sich Waldmeyer in Neapel befindet. Wenn wir uns nur etwas weiter von zu Hause entfernen, laufen wir in vielen Fällen eher Gefahr, wenn nicht von Katastrophen, so doch zumindest von Infrastrukturdefiziten heimgesucht zu werden. Wir müssen uns also vorsehen. Waldmeyer hat dafür eine Checkliste ausgearbeitet, welche fairerweise nichts mit Paranoia, sondern einzig mit intelligenter Umsicht zu tun hat. 

Seit dem 8. Januar 2021 wissen wir, wie nahe wir an einem Blackout vorbeigeschrammt sind. Der Bundesrat hatte schon vor Jahren definiert, welche möglichen Krisen die höchsten Wahrscheinlichkeiten aufweisen. An erster Stelle steht dabei gerade eine Strommangellage. An zweiter Stelle eine Pandemie. Hohe Wahrscheinlichkeiten weisen beispielsweise auch Cyberattacken auf. Andererseits fehlen auf dieser Krisenliste klassische militärische Kriegsszenarien – so etwa die Gefahr, dass die Russen den Rhein überschreiten. Waldmeyer amüsierte sich, dass wir in der Schweiz jährlich sechs Milliarden für die Armee ausgeben – für ein Szenario also, dass der Bundesrat selbst gar nicht mehr als solches aufführt. Und das Peinliche nun: Für ein echtes Krisenszenario mit einer selbst deklarierten hohen Wahrscheinlichkeit – so einer Pandemie – waren wir nicht vorbereitet.

Waldmeyer ist überzeugt, dass wir auch auf eine Strommangellage nicht vorbereitet wären. Der Bundesrat würde dann wieder vor die Presse treten und wahrscheinlich erneut lügen. So wie bei den Masken. Er würde erklären, dass es Strom gar nicht braucht. Strom würde generell überschätzt, und der Bundesrat würde die Lage ausserdem studieren. Vermutlich würde man auf Bundesrat Bersets bewährte Formulierungen zurückgreifen: „Wir müssen jetzt einfach schauen, dass wir gut studieren können, wie wir dann entscheiden sollen…“ Oder ähnlich. Leider würde es im Falle eines Blackouts beispielsweise, einfach departementbedingt, insbesondere Simonetta Sommaruga treffen; sie wird als ausgebildete Pianistin vielleicht keine Traumbesetzung für die oberste Infrastruktur-Krisenchefin sein, aber sie wird bestimmt wieder dazu beitragen, dass ein Ruck durch die Bevölkerung geht. Nur wird damit das Licht nicht wieder angehen.

Genau deshalb meint Waldmeyer: „Selbst ist der Mann“ und hat dafür die 13 Waldmeyer’schen Theoreme entworfen (die sog. WM-Theoreme 1 bis 13). Im Wissen darum im Übrigen, dass die meisten künftigen Krisen wohl strombedingt sein werden.  

WM-Theorem Nummer 1: Der Mensch muss immer genügend Wasserreserven halten. (Wasser kann verseucht sein, die Versorgung gekappt oder lokal aufgrund von Stromunterbrüchen nicht hochgepumpt werden.)

WM-Theorem Nummer 2: Der Mensch darf die Reserven an haltbaren Lebensmitteln nie ganz ausgehen lassen (ebenso wenig die Reserven an Hygienemitteln, wir erinnern uns an die Geschichte mit dem Toilettenpapier).

WM-Theorem Nummer 3: Fahrzeuge sollten nie ohne mindestens eine halbe Tankfüllung stehen gelassen werden (Fahrzeuge müssen auch als Fluchtmittel betrachtet werden).

WM-Theorem Nummer 4: Der Mensch soll vom Netz unabhängige Leuchtmittel immer an den strategisch richtigen Orten bereithalten.

WM-Theorem Nummer 5: Der Mensch sollte immer genügend Bargeld in passender Währung im Safe und in der Brieftasche halten – in nicht zu grossen Noten.

WM-Theorem Nummer 6: Insbesondere der Digitale Mensch sollte unterschiedliche Provider für Mobiltelefone, Laptops und/oder Tablets wählen (nicht alle Anschlüsse über den gleichen Netzanbieter!).

WM-Theorem Nummer 7: Der kluge Mensch notiert alle Notfallnummern nicht nur in seinem Smartphone, sondern steckt zusätzlich einen ganz analogen „Notfallzettel“ mit den lebensrettenden und wichtigen Nummern in die Brieftasche (Aufführen der Blutgruppe nicht vergessen).

WM-Theorem Nummer 8: Der moderne Mensch soll die örtliche Bankverbindung auf zwei unabhängige Banken ausweiten (gilt auch für das Ferienhaus, wo immer sich dieses befindet).

WM-Theorem Nummer 9: Der Mensch muss die Notapotheke immer ausreichend bestückt halten (diese muss auch Schmerz- und Desinfektionsmittel sowie neu auch Masken, Schutzüberzüge und Handschuhe enthalten). 

WM-Theorem Nummer 10: Der umsichtige Mensch muss seine Versicherungsleistungen so anpassen, dass er sich von jedem Ort aus weltweit und jederzeit ins richtige Krankenhaus begeben oder ausgeflogen werden kann.

WM-Theorem Nummer 11: Der kluge Mensch unterhält im Haushalt so wenig wie möglich digitale Systeme: Schliesssysteme und Klospülungen beispielsweise dürfen nur analog vorgesehen werden („smart home“ Lösungen sind i.d.R. alle nicht krisentauglich).

WM Theorem Nummer 12: Der clevere Mensch deponiert Wertsachen, Schlüssel, Pass und wichtige Dokumente (Impfpass, in Papierform, nicht vergessen) zusammen an einem definierten Ort, damit diese jederzeit rasch und komplett greifbar bleiben.

WM-Theorem Nummer 13: Der moderne Mensch hält sich einen Generator. Bei jeder unabhängigen und/oder grösseren Immobilie gehört ein solches Gerät zur zwingenden Grundausstattung. Diese Regel gilt für fast alle Länder, von Florida über alle mediterranen Länder bis Bali. Und seit dem 8. Januar 2021 auch für die Schweiz. Ein Stromunterbruch über mehrere Stunden oder Tage zerstört nicht nur den kostbaren Inhalt des Kühlschrankes oder des Weinkellers, er kappt den Menschen ganz einfach von seiner Aussenwelt. Sogar die Klospülung könnte so lahmgelegt werden, da die Wasserpumpe nicht mehr funktioniert. Und Mobiltelefone und Laptops müssen selbstverständlich immer aufgeladen werden können. Ein paar Kanister Treibstoff gehören ebenso zur Grundausrüstung. Bei der Wahl des Generators gelten zwei Regeln: erstens eher etwas stärker und zweitens das Modell so auswählen, dass der Treibstoff kompatibel mit dem Fluchtfahrzeug ist (also entweder Benzin oder Diesel). 

Das 13. Theorem betrachtet Waldmeyer übrigens als fast das wichtigste, auch wenn er damit in der Nachbarschaft in Meisterschwanden nur Spott erntet. Waldmeyer lächelte und dachte dabei an seine Nachbarin Bettina Honegger (die mit den Verschwörungstheorien), wie sie im Dunkeln angekrochen käme und um zehn Minuten Aufladezeit für ihr Handy betteln würde. Waldmeyer würde die Hilfe vielleicht verweigern und sie daran erinnern, dass so eine Auszeit doch auch der Gesundheit zuträglich sein könnte. Waldmeyer würde Bettina auch daran erinnern, dass es doch 5G-Antennen waren, die (mithilfe Bill Gates) die Pandemie ausgelöst hatten!

Zu seinen 13 Theoremen meint Waldmeyer generell: kleine Vorsichtsmassnahme, grosse Wirkung. Er orientierte Charlotte mittels einer abschliessenden Konklusion: „Und diese Denke gilt auch als Vorbeugung für die nächste Pandemie, so zum Beispiel Covid-27.“

Wieder einmal unterbrach Charlotte dieses singuläre Brainstorming Waldmeyers und erinnerte ihn an die Ferienplanung: „Was ist jetzt mit Italien im September, Schatz?“ Waldmeyer blickte entgeistert zurück: „Aber nicht bis Neapel runter, ja!“