Waldmeyer verbessert seine persönliche Ökobilanz

Angesichts der vielen hehren politischen Ziele, Klima und Umwelt weniger zu belasten, nahm sich auch Waldmeyer vor, diesbezüglich ein paar wichtige persönliche Entscheide zu fällen. Dabei berücksichtigte er, dass die helvetischen Umweltziele sich vor allem auf das eigene Land beziehen.

Auch Waldmeyer spürt die Klimaerwärmung: In Meisterschwanden war es diesen Sommer wirklich schön warm. Der Klimawandel, das ist offensichtlich, ist heute Tatsache. Man mag sich da und dort noch über die Ursachen streiten. Sicher ist jedoch, dass der weltweite CO2-Ausstoss nicht förderlich ist. 

So oder so: Energiefragen sind etwas sehr Komplexes. So lassen sich beispielsweise Kühe nicht mit Solarstrom betreiben. Aber dazu später.

Waldmeyer versuchte erst einmal, sich einen globalen Überblick zu erschaffen. China ist weltweit die führende Dreckschleuder, 30% des CO2-Ausstosses gehen auf seine Rechnung. Das Land treibt unter anderem den Ausbau seiner Kohlekraftwerke massiv voran. Dass gleichzeitig die Produktion von Elektroautos beschleunigt wird, hat andere Gründe: Die sollen nämlich exportiert werden. Denn insbesondere Europa stellt sein ganzes Leben auf elektrische Energie um. Die Chinesen klopfen sich dabei auf die Schenkel. Sehenden Auges deindustrialisiert und schwächt sich so beispielsweise Deutschland, und gleichzeitig wird es in ganz Europa künftig an elektrischer Energie fehlen.

China, die USA und Indien produzieren über die Hälfte des globalen CO2-Ausstosses. Der grösste Schmutzfink allerdings ist Russland. Obwohl das Land nur über eine Bevölkerung von einem Zehntel derjenigen Chinas oder Indiens verfügt und heute ein lächerliches BIP von lediglich dem Doppelten der Schweiz produziert, landet es auf Platz vier der weltgrössten Verursacher von Treibhausgasen. Dass Putin seine Erdgasproduktion zuweilen auch einfach abfackeln lässt (da gerade kein Abnehmer), macht die Sache nicht besser.

Waldmeyer fragte sich also, warum er mit Tempo 30 durch die Schweizer Städte schleichen muss. Ja, vermutlich geht es um die Luftsäule, die gerade über seinen Aufenthaltsorten sauber gehalten werden muss. Oder, positiv gedacht: Die Passatwinde werden dann unsere saubere Luft schon in dreckige Gebiete tragen und dort zu einer Verbesserung beitragen. Dass wir die 30 km/h künftig nur noch elektrisch zurücklegen sollen, trägt weiter zu diesem Effekt bei. Dass unsere Gefährte dann u.a. auch mit schmutzigem Kohlestrom aus dem Ausland aufgeladen werden, ist ein kleiner Nebeneffekt, den unsere Politik elegant ignoriert.

Sollte Waldmeyer nun tatsächlich seinen Porsche Cayenne (schwarz, innen auch) gegen ein Elektrofahrzeug eintauschen – vielleicht sogar gegen ein chinesisches? Wenn, dann würde er dieses indessen nur mit seinem eigenen Solarstrom aufladen. Alles andere wäre Augenwischerei. Waldmeyer hat sich noch nicht entschieden.

Überhaupt, die Solarpanels: Damit lässt sich gutes Geld verdienen – aber alles der Reihe nach. Waldmeyer studierte nämlich ein Projekt für sein Haus in Meisterschwanden. Es sollte jedoch nicht ein kleines «Balkonkraftwerk» werden, sondern ein richtig grosser Solarpark auf dem Dach seines bescheidenen Anwesens. Die Ertragsrechnung brachte indessen vernichtende Ergebnisse zutage: Von November bis Februar liegt die monatliche Solarproduktion bei nur 10% des Monates Juni. Das ist ärgerlich, denn die energiefressende Wärmepumpe braucht den Strom hauptsächlich im Winter. Was sich der Habeck wohl ausgedacht hatte, wie es im Winter künftig aussehen wird in Deutschland, wenn für die Elektrofahrzeuge und die Heizungen nicht genügend Strom produziert werden kann? Natürlich gibt es da noch die Windräder. Aber was ist, wenn kein Wind weht? Dann herrscht eben diese berühmte «Dunkelflaute».

Waldmeyer müsste den Strom nachts und im Winter also von Erwin Ramsauer beziehen, seinem Bekannten im EW in Meisterschwanden. Diese Elektroenergie kommt dann von irgendwo her. Vielleicht von einem Atomkraftwerk aus Frankreich, von einem Kohle- oder Gaskraftwerk aus Deutschland (falls der Habeck dann noch liefern kann), bestenfalls von unserer Wasserkraft, vielleicht auch von den letzten helvetischen Atomkraftwerken, bevor diese abgeschaltet werden.

Tatsache ist, dass die Solarpanels lächerlich wenig Strom liefern im Winter, und leider scheint nachts die Sonne nicht. Waldmeyer könnte sein Fahrzeug also nur am Tag aufladen, vielleicht gerade dann, wenn er mit der Elektrokarre unterwegs ist. Und im Januar reichts überhaupt nicht zum Aufladen mit dem eigenen Solarstrom. 

Die Speicherung der Sonnenenergie ist kaum gelöst. Eine immens dimensionierte Hausbatterie könnte allenfalls noch den Tag-/Nachtausgleich schaffen. Aber bestimmt nicht einen saisonalen Ausgleich. Im Januar wäre sogar der Tag-/Nachtausgleich nicht gewährleistet – auch nicht mit einer wirklich grosszügigen Solaranlage und einer ebenso grosszügigen Batterie. 

Die Schweiz importiert im Winter 40% ihres Strombedarfs. Also würde Waldmeyer dann eben auch Importstrom beziehen – woher auch immer. Rein energetisch erwies sich sein Solarprojekt damit als sehr unbefriedigend. Aber es gab einen ökonomisch positiven Lichtblick: Waldmeyer erhält grosszügige Förderbeiträge für die Installation der Anlage, auch kann er den Überschussstrom, so insbesondere tagsüber und im Sommerhalbjahr, dem Ramsauer verkaufen. Ramsauer weiss dann zwar nicht, was er mit dem Zuviel an Strom anfangen soll. Aber so sind nun mal die Gesetze und Bestimmungen in der Schweiz. 

Abgesehen von solaren Massnahmen gibt es noch viele andere Möglichkeiten, um den CO2-Abdruck zu reduzieren. Zum Beispiel mit weniger Fliegen. Zwar verursacht der weltweite Flugverkehr nur 2% der Treibhausproduktion. Ein Businessflug produziert allerdings den doppelten Ausstoss. Die weltweite Digitalisierung aber noch mehr. Trotzdem: Sollte Waldmeyer nicht doch weniger fliegen?

Charlotte schlug zudem vor, weniger Fleisch zu essen. Der Vorschlag war berechtigt, denn Waldmeyer schätzte, dass unsere Schweizer Viehwirtschaft ebenso viel Treibhausgase verursacht wie der ganze Verkehr, insbesondere, wenn noch die Produktion der importierten Dünge- und Futtermittel aufgerechnet wird. Kühe furzen und rülpsen nun mal den ganzen Tag und stossen so immense Mengen an Methangas aus. Hmm, also tatsächlich weniger Fleisch essen? Sollte Waldmeyer jetzt Tofu-Rezepte studieren?

Waldmeyer könnte auch auf die im Winter aus Südafrika importierten Erdbeeren verzichten. 

Oder er könnte darauf achten, nicht übergewichtig zu werden. Mehr Gewicht belastet die Umwelt in mehrfacher Sicht: Man isst mehr, muss grössere Kleidergrössen tragen, verbraucht mehr Transportenergie, man fährt vielleicht auch mehr zum Arzt.

Ja, man sollte auch keine Kinder mehr kriegen. Jedes zusätzliche Kind auf der Erde produziert wieder mehr CO2. Ein schwieriges Thema. Die Zeit unter der heissen Dusche zu verkürzen, ist da schon einfacher.

Weniger Abfall zu produzieren, ist auch hilfreich. Dieser wird zum Teil in unseren Kehrichtverbrennungsanlagen verbrannt. Diese gelten gar als «klimaneutral», das hat der Bund so definiert. Allerdings wissen wir, dass viel Haushalt- und Industrieabfall aus Mitteleuropa in osteuropäischen Ländern landet, welche auch tüchtig Geld dafür erhalten. Der Müll wird dann in Bulgarien einfach abgefackelt oder in Albanien in einen Bergsee gekippt. Waldmeyer meinte gar, anlässlich einer ausgedehnten Balkanreise, einmal eine leere Flasche Terre Brune auf einer Abfalldeponie ausserhalb Tiranas entdeckt zu haben. Diese Flasche könnte tatsächlich aus seinem Weinkeller in Meisterschwanden stammen.

Zusammenfassend, aus Sicht der nationalen Politik, sollte offenbar möglichst viel für das eigene Land getan werden. Waldmeyer versuchte alles einzureihen und rang nach einer Lösung. Einer individuellen Lösung:

Also überlegte er, wie er nun seinen CO2-Fussabdruck vorab in unserem schönen Land reduzieren könnte.

Erstens wird Waldmeyer – trotz der zweifelhaften Ökobilanz – seine Solarpanels installieren lassen. Die Förderbeiträge sind zu attraktiv, neu auch die Vergütungen für die Einspeisung. Es ist ein interessantes Businessmodell. In der Nacht wird er dann den Dreckstrom aus deutschen Kohlekraftwerken beziehen. Das ist indessen nicht tragisch, weil die Luftsäule über der Schweiz so sauber bleibt. 

Von November bis Februar wird er den Strom ebenso aus dem Netz beziehen, der kommt dann immer aus französischen Atomkraftwerken oder wiederum von ausländischen Dreckschleudern. Aber auch hier: Immerhin bleibt die Schweiz sauber.

Die Überproduktion an Strom im Hochsommer stört ihn nicht, denn die Elektrizitätswerke werden ihn für gutes Geld abnehmen. Erwin Ramsauer wird ihn dann zum Teil zu Negativpreisen verkaufen müssen. Notfalls werden mit dem Überstrom auch die Weichen der SBB geheizt, denn dieser blöde Strom muss auf Teufel komm raus vernichtet werden. Waldmeyer würde im Juli also die SBB-Weichen beheizen…? Es scheint danach auszusehen. Waldmeyer kann jedoch gut damit leben, denn der Negativeffekt ist zu vernachlässigen.

Waldmeyer wird zweitens kein Elektrofahrzeug anschaffen. Solange die Speicherung der Solarenergie nicht besser gelöst ist, macht es keinen Sinn. Er darf also weiter seinen Porsche Cayenne bewegen.

Ein weiterer Entscheid: Waldmeyer wird ab sofort die Businessflüge zwischen Zürich und Genf streichen. Er würde diese Strecke zwar gar nicht mit dem Flugzeug zurücklegen. Aber irgendwie muss man sich eben einschränken.

Ausserdem wird er seinen BMI bei genau 25 stabilisieren. Das hatte Waldmeyer sich zwar eh schon vorgenommen. Aber es ist immerhin ein Beitrag zur Reduktion der Treibhausgase.

Auch das mit dem Abfall ist gelöst: Wenn sein persönlicher Abfall in der Schweiz verbrannt wird, ist er sauber. Und wenn er exportiert wird, betrifft es nicht die Schweiz.

Aber da wäre noch das mit dem Fleischkonsum: Waldmeyer beschloss, ab sofort nur noch importiertes Fleisch zu essen. Die feinen Stücke aus Uruguay, beispielsweise, sind nämlich nicht zu verachten, und deren Produktion fällt nicht in der Schweiz an. Ja, man muss sich halt ein bisschen einschränken. 

Und noch was: Charlotte hatte Waldmeyer überredet, im Garten einen Baum zu pflanzen. Es sollte ein Kirschbaum sein, dieser blüht wunderbar im Frühjahr, der Früchteertrag reduziert die Importe und der Baum vernichtet CO2. Das wäre ein sehr schönes Projekt. Vielleicht sollte es ein ganzer Hain werden? Zudem schlug Waldmeyer vor, den Rasen nicht mehr zu mähen. Das dann wachsende Moos würde längerfristig CO2 speichern, und die Energie für den Rasenmäher könnte eingespart werden. Waldmeyer würde auch weniger Kohlenhydrate verbrauchen, wenn der mühsame Mähvorgang entfällt. Ja, man muss eben das Big Picture sehen. 

Waldmeyer und die Blackbox

Oder: Der Staat als Copilot? Nein danke!

Kommt jetzt der gläserne Autofahrer? Es scheint einen Plan des Bundesamtes für Strassen (ASTRA) zu geben, künftig alle Fahrzeugbewegungen überwachen zu wollen. So soll es künftig eine Blackbox in jedem Auto geben. Aber es kommt noch schlimmer. Waldmeyer überlegt nun verzweifelt, wie er reagieren soll.

Das Bundesamt für Strassen plant jetzt, durch die Hintertüre einer einfachen Verordnung, ganz klandestin, ab 2024 eine Blackbox für jedes neue Fahrzeug vorzuschreiben. Hintergründe für diesen Plan gibt es verschiedene.

Erstens einmal zerbricht sich der Bundesrat den Kopf, wie Elektroautos künftig besteuert werden sollen. Es soll ja auch für elektrisches Fahren künftig eine ordentliche Verkehrsabgabe geben. Dieses Ansinnen mag einer gewissen Logik gehorchen, denn dem Staat schwimmen die Felle davon: Die Steuern auf fossilen Treibstoffen werden bald versiegen, wenn nur noch Elektrofahrzeuge verkehren. Der Bund wünscht sich am liebsten eine Abgabe pro Kilometer, die Ansätze sollen gestaffelt nach Fahrzeuggrösse definiert werden. Die Krux nur: Diese Kilometer müssen erfasst werden. Und damit landen wir genau bei einem ziemlich hässlichen Überwachungsproblem. Denn wenn Autos schon mal alle über eine Blackbox verfügen, liesse sich dies künftig viel besser einrichten. Die Blackbox wäre dann so gescheit, dass sie nicht nur die Kilometer aufzeichnet, sondern auch zwischen verschiedenen Strassenarten (und somit unterschiedlichen Tarifen) unterscheiden könnte, und die Verrechnung der Verkehrsabgaben könnte auch gestaffelt nach Zeitfenstern erfolgen. Der Tarif während der Rush Hour könnte beispielsweise höher angesetzt werden oder mitten in der Nacht gäbe es einen Discount. Auch so lässt sich, gut versteckt, das bisher von den Bürgern immer abgeschmetterte Roadpricing einführen.

Und was ist, wenn wir ins Ausland fahren? Dies könnte die Blackbox, allenfalls mit geometrischer Ausrüstung auf den Meter genau, spielend erheben. 

Aber auch dies möchte Waldmeyer nicht. „Den Staat soll es einen Dreck angehen, wo ich wann bin und wieviel ich fahre!“, meldete Waldmeyer zu Charlotte rüber.

 „Vielleicht solltest du dir doch ein Lastenrad zulegen, Max“, meinte Charlotte lakonisch, „damit kannst du vielleicht auch ins Ausland, ohne dass es jemand merkt“.

So einfach mit der totalen Überwachung wird die Sache allerdings nicht sein. Schon für die Einführung einer elektronischen Vignette (in anderen Staaten seit einem Dezennium in Betrieb), musste der Bund Kompromisse eingehen. So wird es neben unserer elektronischen Vignette parallel auch weiter eine Klebeetikette geben. Zwei Systeme, zweimal die Kosten. Die Verkehrsminister in Singapur oder Dubai werden sich totlachen. Doch: was kostet die Welt… 

Die elektronische Vignette zumindest könnte man relativ einfach mit allen Sicherheiten zur Wahrung der Privatsphäre ausstatten. Aber mit der Blackbox, welche alle Daten aufzeichnen kann, wird das schwierig.  

2035 kommt das „Verbrennerverbot“ in der EU. Ab dann sollen nur noch Fahrzeuge produziert, importiert und neu in Verkehr gesetzt werden, welche ohne fossile Treibstoffe betrieben werden. Also nur noch Elektroautos. Gemessen, ob fossil oder nicht, wird bekanntlich nur am Auspuff: Dass die elektrische Energie vermutlich auch dannzumal noch aus einem dreckigen Kohlekraftwerk kommt, ist einerlei. Die Schweiz, als Ministaat mitten in Europa, wird sich diesem Verbrennerverbot nicht entziehen können. Mit anderen Worten: Auch Waldmeyer wird dann kaum mehr ein Fahrzeug kaufen können, welches konventionell angetrieben wird.

Für Deutsche mag die Vorstellung von einer Blackbox im Auto nicht so schlimm sein. Sie haben sich bereits daran gewöhnt, dass ihnen der Staat jederzeit ins Bankkonto reinschauen kann. Der gläserne Bürger ist für sie bereits Realität und die ganz klare Durchsicht wird nur dadurch gebremst, dass das Land immer noch eine digitale Wüste ist.

In der Schweiz kennen wir diese inkriminierte Blockbox bereits: Freiwillig lassen wir sie teilweise von den Versicherungen in unserem Fahrzeug installieren, mit dem Zückerchen einer Prämienvergünstigung. Im Falle eines Unfalles weiss die Versicherung dann ganz genau, was im Auto stattgefunden hat: Geschwindigkeit, Beschleunigung, Lenkradeinschlag, Bremsbetätigung – alles.

Schon heute speichern viele Fahrzeughersteller viele Fahrdaten. In Deutschland kürzlich musste ein Tesla-Fahrer nach einem Unfall per Gerichtsbeschluss alle Fahrdaten outen. Tesla lieferte bereitwillig. Solche gespeicherte Informationen können für einen Fahrer selbstredend positiv oder negativ sein. Aber mit dem Kauf eines Fahrzeuges würde Waldmeyer immer auch sein Einverständnis für die Speicherung sämtlicher Daten geben – allenfalls auch für deren Verwendung.

Künftig jedoch würde die Auswertung einer Blackbox durch die Behörden also genau aufzeigen können, wo, wann und in welchem Fahrmodus man sich genau aufgehalten bzw. bewegt hat. Unser Banker Pierin Vincenz müsste also nicht einmal seine Kreditkartenabrechnung offenlegen, der Staat wüsste bereits zeitnah, vor welchem Nachtclub er parkiert hätte.

Natürlich müsste eine Blackbox künftig dazu nicht umständlich ausgebaut und untersucht werden – wie die Blackboxes nach einem Flugzeugabsturz. Denn alle Daten wären in Echtzeit bereits in einer Cloud gelandet. Waldmeyer stellte sich vor, dass er morgens um sieben Uhr einen Anruf erhielte: „Herr Waldmeyer, sie haben gestern in Zürich vor dem Tre Fratelli parkiert und die Parkzeit um mehr als zwei Stunden überzogen, nachher sind sie mit 43 anstatt mit 30 km/h durch die Stadt gerast, und an der Ecke Europabrücke/Winzerstrasse haben sie den Blinker nicht betätigt. Dürfen wir jetzt noch ihren Restalkohol überprüfen bitte? Ein Patrouillenfahrzeug ist zu Ihnen nach Meisterschwanden unterwegs.“

Noch ist nicht klar, wieviel Daten gesichert werden und wieviel davon die Behörden künftig auslesen dürfen. Es wird davon abhängen, in welchem Masse wir uns als Bürger dagegen sträuben werden. Der Staat müsste vielleicht etwas mehr in die Unfallstatistiken blicken, denn eigentlich müsste er nur genau dort eingreifen, wo die Bürger am meisten geschützt werden müssen. Dann würde er erkennen, dass ein Grossteil der Unfälle heute mit Bikes, E-Bikes und Motorrädern erfolgt. Waldmeyer nahm den Gesprächsfaden mit Charlotte wieder auf und schlug vor, dass zuerst einmal alle Lastenräder eine Blackbox erhalten sollten. Charlotte erwiderte nichts.

Dieses Eigenleben des ASTRAs ist schon merkwürdig, ja bedenklich. Der Trick mit den Überwachungsprojekten wurde noch zu Zeiten unserer Konzertpianistin (Simonetta Sommaruga) iniziiert. Aber vielleicht wusste sie gar nicht, was da hintenherum auf der Klaviatur gespielt wurde?

Waldmeyer kann nur hoffen, dass alle diese neuen Vorschriften nicht gleich zeitnah greifen. Aber Waldmeyer hofft vergeblich, denn ab Anfang 2024 wird Big Brother definitiv auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Denn ab diesem Zeitpunkt muss jedes neu immatrikulierte Fahrzeug über einen „Ereignisdatenspeicher“ verfügen. Zu Beginn, als raffinierter Trick eben, wird es sich um ein Aufzeichnungssystem handeln, welches nur alle Fahrzeugdaten kurz vor und nach einem Unfall speichert.  

Doch das scheint nur der Beginn der Überwachung zu sein. Denn dass die ganze künftige Verkehrsüberwachung durch den Bund nicht nur eine Vision ist, zeigt sich darin, dass bereits ein gigantisches Projekt für eine „Mobilitätsdateninfrastruktur“ angestossen wurde. Dafür will der Bund sogar eine eigene Bundesanstalt schaffen. Dutzende von Vollzeitstellen werden nun geschaffen, ein monströses IT-Millionenprojekt wird aufgegleist. Ob das wohl gut ausgehen wird…? Wir hatten ja schon einige Probleme mit unseren staatlichen IT-Ausflügen – meist endeten sie in einem teuren Fiasko. Ein solches Fiasko könnte vielleicht einen Hoffnungsschimmer darstellen, dass dieser toxische Kelch mit der Überwachung an uns vorübergeht?

Natürlich soll mit der Erfassung der Mobilitätsdaten der Verkehr später aktiv gesteuert werden. Spannend ist deshalb das übergeordnete Ziel dieses dunkelrot und dunkelgrün eingefärbten Projektes: Das Endziel soll sein, so wörtlich, „auf ein eigenes Fahrzeug zu verzichten“. Hallelujah, schöne neue Welt.

Waldmeyer wird sich künftig also den ihm zugewiesenen Parkplatz vom Netz holen, er wird für unterschiedliche Streckenabschnitte unterschiedlich zur Kasse gebeten, oder er wird seine Karre eben zuhause lassen, weil ihm kein Slot zugeordnet wird. So könnte, so um das Jahr 2036, nach dem Verbrenner-Aus, Waldmeyers Smart Watch (11. Generation), plötzlich melden: “Max, in 15 Minuten beginnt dein Slot WM836-5-YZ. Du darfst von 07:30 bis 08:15 dein Fahrzeug verwenden. Alternativ morgen 03:15 bis 04:00 mit Slot WM837-5-ZZ. Wähle 1 für Slot 1, wähle 2 für Slot 2.»

Aber vielleicht wird es zu all diesen garstigen Szenarien gar nie kommen? Vermutlich wird es nämlich gar nicht genügend Strom geben, um alle Fahrzeuge elektrisch zu bewegen. Und alle Heizungen, künftig auf Wärmepumpenbasis mit viel Input an elektrischer Energie. Strom aus Deutschland wird dann auch keiner mehr erhältlich sein, denn der Habeck braucht ihn selbst im Land. Wenn dann keine Sonne scheint, die Windräder nicht drehen – also eine „Dunkelflaute“ herrscht und die Energie nicht gespeichert werden kann, werden die Elektrofahrzeuge stillstehen und das mit der Blackbox wird sich erübrigt haben.

Waldmeyer fragte sich: Wieso gibt es keinen Aufschrei aufgrund all dieser offensichtlich geplanten staatlichen Überwachungspläne? Das ASTRA macht natürlich nicht viel Aufhebens um seine Schlachtpläne, möchte man doch nicht schlafende Hunde wecken. Deshalb auch diese heimtückische Einführung der Mobilitätsüberwachung, ganz gemein in eine einfache Verordnung eines Bundesamtes verpackt. Doch wieso haben die bürgerlichen Parteien das Thema noch nicht aufgegriffen? Sind sie wirklich so naiv und wollen das Thema etwa den Freiheitstrychlern überlassen? Diesmal geht es nämlich um echte Kontrolle durch den Staat!

Waldmeyer ist der dezidierten Meinung, dass er sich vom Staat weder ins Portemonnaie noch ins Schlafzimmer gucken lässt. Und vor allem: schon gar nicht ins Auto!

Waldmeyer beschloss, seinen Porsche Cayenne (schwarz, innen auch), nicht zu ersetzen. Auf ein neues Fahrzeug – mit einem troyanischen Pferd, geritten von staatlichen Überwachungsbehörden – wird er verzichten. Der Staat als Copilot…? Nein, danke. Er wird sein schon in die Jahre gekommenes Fahrzeug einfach behalten, for ever.