Waldmeyer und die Menstruation

In Europa herrscht Krieg, die Inflation klopft an die Türe, es drohen Energieengpässe, das Klima muss gerettet werden, und unsere Behörden versenken den Schweizer Finanzplatz. Inmitten dieses Sturms gibt es glücklicherweise besonnene Politiker, welche sich um Menstruationsprobleme kümmern.

Die Stadtparlamente in den grösseren Schweizer Städten nehmen sich immer wieder den ganz grossen Problemen an. So auch in Zürich. Es behandelte jüngst die Menstruationskosten. Hintergrund der Debatte war einmal mehr die Gleichstellung der Geschlechter. SP und Grüne forderten nichts weniger als Gratis-Tampons und Binden für Frauen. Gendergerecht wurde allerdings nicht von „Frauen“ gesprochen, sondern von „menstruierenden Personen“. Diese erfahren eine wirklich ungerechte Benachteiligung, da sie während ihres gesamten menstruierenden Lebens offenbar rund 2‘200 Franken für Hygieneartikel ausgeben müssen. Diese sollten in Zürich künftig nun gratis abgegeben werden.

Waldmeyer dachte sofort an einen alternativen Vorstoss für eine Gratisabgabe von Rasierklingen an Männer. Allerdings müsste der Kreis der Begünstigten korrekter definiert werden. Transpersonen zumindest müssten ebenso profitieren können. Oder allgemein einfach Personen, welche eine Haarentfernung wünschen – wobei wir hier wieder bei einer schwierigen, geschlechterübergreifenden Definition landen würden. „Haarentfernungsträchtige Personen“? 

Waldmeyer verwarf die Idee und überlegte weiter, was mit Zürich jetzt passieren wird: Ob nun wohl ein reger Menstruations-Tourismus in die Stadt einsetzen wird …?

Die Menstruationsdebatte kommt nicht von ungefähr. Kürzlich gab ein Vorstoss zu reden, welcher die Sprechdauer von Männern und Frauen kontrollieren sollte. Es bestand die verstörende Vorstellung, dass Männer im Gemeinderat länger sprechen könnten als Frauen. Nur schon aufgrund des Frauenanteils von 39% lag das zwar auf der Hand – aber offenbar strebte man eine gerechtere Verteilung der Voten mit 50/50 an. Dabei ging offenbar ganz vergessen, wie der Sprechanteil der LGBTQ-Fraktion garantiert werden sollte. Auch könnten Gemeinderäte mit Migrationshintergrund benachteiligt sein – man müsste dieser Gruppe konsequenterweise ebenso die ihnen zustehende Sprechquote sichern. Oder gewissen Berufsgruppen. Oder eben auch menstruierenden Personen. Waldmeyer stellte fest: Es wird noch ein langer Weg sein, bis alle Gesellschaftsgruppen gerecht berücksichtigt werden.

Und noch etwas verwirrte Waldmeyer: Die Eingabe im Gemeinderat, dass für Zürcher Hallenbäder künftig eine genderneutrale Badebekleidungsordnung gelten soll. Übersetzt bedeutet dies, dass Frauen auch oben ohne schwimmen dürfen. Allerdings nicht nur Frauen, sondern, wie es gendergerecht formuliert wurde, „Menschen mit einer weiblich gelesenen Brust“.

Aber zurück zur Menstruation. Wie so oft, lohnt sich ein Blick ins Ausland. Nach Schottland beispielsweise. Hier müssen per Gesetz seit 2021 Hygieneartikel für Frauen kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Das Gesetz wurde als „Leuchtfeuer zum Wohle der Menschheit“ bezeichnet. Allerdings: Das mit der genauen Definition der „Frauen“ ging etwas verloren. Das war aber auch erst 2021. Im Jahr 2023 ist man da weiter, zumindest bereits in Zürich, denn die richtige Bezeichnung für die Verwender*innen von solchen Hygieneartikeln ist nicht „Frauen“, sondern „menstruierende Personen“. In Neuseeland und Kenia werden die inkriminierten Hygieneartikel an Schulen gratis verteilt. Waldmeyer nahm sich vor, der Sache nicht weiter nachzugehen.

Das delikate Thema darf indessen nicht auf diese Gratisabgaben reduziert werden. Es geht selbstredend auch um freie Menstruationstage. In Spanien dürfen Frauen deshalb einfach zuhause bleiben. Sie bestimmen mehr oder weniger selbst, wie lange eine Menstruation dauert. Das neue Gesetz war ein willkommenes Zückerchen der sozialistischen Regierung für die Frauen – damit sie die künftigen Stimmzettel auch „richtig“ auszufüllen wissen.

Der aktuelle politische Menstruations-Vorstoss in der Schweiz liegt also durchaus nicht quer in der Landschaft. In den grossen Schweizer Städten – mit der Speerspitze Zürich – sehen weitere Vorstösse künftig freie Periodentage vor.  Ein bis fünf Tage sollen künftig pro Monat als Freitage bei Periodenschmerzen gelten. In Zürich soll dies zumindest für städtische Angestellte gelten, finden zwei grüne Protagonistinnen im Gemeinderat. Das leuchtete Waldmeyer ein: Städtische Angestellt_innen leiden offenbar überdurchschnittlich stark während ihren Tagen.

Waldmeyer machte sich nun Sorgen: Bei all diesen Vorstössen könnten nicht-binäre Personen vergessen gehen. Doch auch daran hatten die Zürcher Grünen gedacht, denn laut ihrem Vorstoss kommen die freien Tage auch „binären und Trans-Personen“ zugute. Waldmeyer atmete auf: Ja, so sieht Gerechtigkeit aus!

Max Waldmeyer, Meisterschwanden, überlegte also, was wäre, wenn er sich jetzt plötzlich als nicht-binär erklären würde. Er könnte damit alle Vorteile von Mann und Frau vereinen. 

Charlotte unterbrach jäh Waldmeyers singuläres Brainstorming: „Max, wolltest du dieses Wochenende nicht die Garage aufräumen…?“

„Das geht nicht, Schatz, ich habe meine Tage“, antwortete Waldmeyer. „Es sind nur Phantomschmerzen, aber ich muss nun mal etwas aussetzen.“

Waldmeyer und das Pensionsalter 75

Wir werden immer älter, und die Kasse der staatlichen Altersversicherung wird immer leerer. Seit Dezennien wird nach Lösungen gerungen, aber keine passt. Waldmeyer beschloss, eine offene Auslegeordnung mit allen Optionen zu erstellen. Er machte insgesamt sieben Lösungen aus.

Um es gleich vorwegzunehmen: Fast alle Lösungen sind gar nicht sozialverträglich. Zum Beispiel die Option Nummer eins, die AHV-Einzahlungen substanziell zu erhöhen. Wer möchte das schon? Der Bürger? Die Firmen?

Aber alles der Reihe nach.

Seit 1948 liegt das AHV-Alter bei 65 Jahren. Damals betrug die Lebenserwartung der Männer 66 Jahre, das der Frauen 71, im Schnitt knapp 69. Heute liegen die entsprechenden Werte bei 82, bzw. 86 Jahren, im Schnitt bei 84.

Insbesondere die Männer waren 1948 also, AHV-technisch gesehen, sehr günstig, denn durchschnittlich traten sie bereits nach einem guten Jahr Pension ab. Heute erst nach 17 teuren AHV-Jahren (Frauen nach 21, im Schnitt sind es 19 Jahre). Die Restlebenserwartung hat sich also fast verfünffacht!

Wenn Waldmeyer nun todesfrei die 65er-Hürde schafft, beträgt seine statistische Lebenserwartung sogar fast 20 Jahre. Waldmeyer nahm sich vor, diesen Wert zu übertreffen, schliesslich hatte er noch einiges vor. Charlotte meinte nur, dass er damit das ganze Problem noch zusätzlich verschärfe. Man solle vielleicht mal einen Blick ins Ausland werfen, wie die denn das Problem so lösen.

Stimmt. Beispielsweise Russland. Die Russen sind nämlich sehr vernünftig: Die Frauen werden 76, die Männer nur 65. In Sibirien gar nur 58. Kriminalität und Suff raffen sie einfach früher dahin. Der Blutzoll in der Ukraine wird das Durchschnittsalter der russischen Männer nun noch weiter senken – mit dem Vorteil eben, dass sie später dann nicht mehr durchgefüttert werden müssen.

Diese zweite Option allerdings, nämlich die Lebenserwartung generell zu senken, entfiel selbstredend ebenso.

Damit müsste die nächste Option geprüft werden, die Senkung der Renten. Waldmeyer war indessen sofort klar: Ein politisch unmögliches Unterfangen.

Nun also zur vierten Option: mehr Kinder kriegen. Mehr Kinder verbessern das Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Beitragsnehmern. Eine patente Lösung. Aber, aus staatlicher Sicht, schwierig durchzusetzen. Der Prozess wäre auch zu langsam. Lösung müssen jetzt her.

Damit zur fünften Option: Mehr Einwanderung zulassen. Als Alternative einfach zur Option vier. Aber: Wer möchte sich heute noch die Finger verbrennen an diesem Thema?

Waldmeyer steuerte also die Option sechs an, die mehr oder weniger logischste: Erhöhung des Rentenalters.Sicher sollte man zuallererst mit diesen schädlichen Frühpensionierungen aufhören. Und die freiwillige Weiterarbeit nach 65 sollte attraktiver gestaltet werden. Diese Leute weisen nämlich den Vorteil auf, dass man sie gar nicht erst teuer ausbilden muss. Ein frühzeitiger Rückzug aus dem Erwerbsleben kommt einer grossen Verschwendung gleich. Wieso erhalten diese älteren Semester, gerade die Fachkräfte, nicht die doppelte AHV für die geleisteten Überjahre? Sie bezahlen ja auch noch weiter ein, ohne je davon zu profitieren. Die AHV wird so zur Steuer. Waldmeyer ist überzeugt, dass mit einem Systemwechsel der Return on Investment (mit zusätzlichen Steuererträgen beispielsweise und einer Verminderung des Fachkräftemangels) ganz interessant wäre. Der Staat sollte das mal durchrechnen. Oder die „Manager“ des Staates. In diesem Fall wäre Herr Berset betroffen – aber unser Bundesrat ist wohl immer noch mit dem Ausmisten im Bundesamt für Gesundheit beschäftigt, mit dem Entfernen der letzten Faxgeräte, beispielsweise.

Ja, wir müssen künftig wohl einfach ein paar Jahre länger arbeiten. So viele Ukrainer können wir nämlich gar nicht ins Land lassen, um die Pensionen der Alten zu finanzieren.

Wie meinte doch Charlotte: Man sollte einfach ins Ausland schauen und dort allfällige intelligente Lösungen abkupfern. Oder abschreckende Beispiele anschauen, um es dann gerade nicht so zu machen. Zum Beispiel wie die Franzosen, wo nicht einmal eine Erhöhung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre mehrheitsfähig ist. Die Misere begann allerdings schon viel früher, so etwa als Präsident Mitterand 1982 das Rentenalter von 65 auf 60 Jahre senkte, eine Uraltforderung der Arbeiterschaft. Im Jahre 2000 folgte dann die 35-Stunden-Woche. Beide Massnahmen strapazieren die Staatskasse noch heute. Ein Lokomotivführer darf mit 52 in Rente, ein Zugbegleiter immerhin mit 57. Bei der französischen Bahn gibt es dann eine satte Rente, welche fast dem doppelten der Durchschnittsrente entspricht. Und weil bei der Berechnung der Rentenhöhe die letzten sechs Monate zählen, werden aus lauter Gefälligkeit für diese Periode noch allerlei Lohnerhöhungen und Beförderungen ausgesprochen. Frankreich ist also ein abschreckendes Beispiel, wie man es genau nicht machen sollte. 

Also zu den positiven Beispielen: Die Neuseeländer etwa kennen schon länger ein Renteneintrittsalter von 67 Jahren, die Japaner gar von 67.5 Jahren. Die Dänen beschlossen, klugerweise bereits 1956, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu knüpfen. Heute liegt das Pensionsalter in Dänemark bei 67 Jahren, 2040 vermutlich bei 70. Waldmeyer extrapolierte kurz: Im Jahre 2051 könnte es, bei weiter steigernder Lebenserwartung, gar bei 75 Jahren liegen. Vielleicht doch nicht eine so gute Aussicht?

Es bliebe nun noch die Option Nummer sieben, die ganz persönliche Option, nämlich das Auswandern. Es wäre sozusagen die Nuklearoption – allerdings hätte sie Waldmeyer schon viel früher wahrnehmen sollen. Einfach ein Land wählen mit einer sehr attraktiven Pensionsform. Saudi-Arabien könnte einer genaueren Prüfung unterzogen werden, hier wird man bereits mit 47 pensioniert. Allerdings ohne Alkohol.

Waldmeyer hätte auch Kampfpilot in der deutschen Bundeswehr werden können. Pension mit 40! Zusätzlich finanziert der Staat anschliessend noch ein Studium. Aber Waldmeyer legte den Plan wieder auf die Seite, er ist nicht ganz schwindelfrei.

Also warf er nochmals einen Blick nach Frankreich. Heureka! Waldmeyer hätte Tänzer werden sollen an der Pariser Oper. Pension mit 42!

„Charlotte, wärst du mit mir, damals, nach Paris gezogen …?“