Waldmeyer und überall ist China drin

Seit Jahren dominiert China die Massenproduktion von technologisch relevanten Gütern. Der Westen versucht dies auszubremsen, zumal gleichzeitig Spionageverdacht besteht. Waldmeyer überlegt: Vielleicht wird auch er ausspioniert?

Die USA wollen eindämmen

Insbesondere die USA versuchen die Importflut aus China einzudämmen und die Produktion wichtiger Industrien zurückzuholen. Es gelingt ihnen aber nicht, einen vergleichbaren Aufbau an breiter technologischer Entwicklung hinzukriegen. Es geht um die Chip-Produktion, um intelligente Industriegüter, Elektroautos, Batterien, Solarpanels und vieles mehr. Aber letztlich auch um digitalbasierte Konsumgüter.

Rund 40 neue Fahrzeughersteller zählt China inzwischen. Das Land gibt sich «technologieoffen» – das heisst, dass verschiedene Antriebsarten forciert werden. Dabei verfügt China heute insbesondere bei den elektrischen Fahrzeugen über einen respektablen Vorsprung. Die USA belegen nun Elektrofahrzeuge aus China mit einem Strafzoll von sage und schreibe 100 Prozent. Der Vorwurf des „Dumpings“ wird erhoben, dieser gilt indessen als umstritten. Vielleicht ist China einfach besser?

Auch gegen TikTok versuchen die Staaten vorzugehen, ebenso gegen Onlineanbieter, welche immer erfolgreicher werden.

Auch die EU blockt ab

Unsere EU-Kinderärztin, Frau von der Leyen, implementiert für China ebenso Strafzölle, da China Europa mit «Dumpingpreisen schade». Bei den Elektrofahrzeugen hat die EU bereits nachgezogen und rund 30% Strafzoll verfügt – alles nur zum Schutz der heimischen Industrie. Dieser Industrie wurde schon vor einigen Jahren, von deutschen Staatsgnaden und zwangsweise, eine Technologiewende verabreicht: nur noch elektrisch war angesagt. Kein Wunder, hat die deutsche Industrie so die konventionelle Technologieentwicklung verpasst. Kommt hinzu, dass Elektroautos nun mal keine Seele mehr haben: Die unterscheidenden emotionalen Merkmale von Motor und Getriebe entfallen. Elektrofahrzeuge haben nur noch eine neutrale, mehr oder weniger gemeinsame DNA, weshalb man künftig irgendeine Karre kaufen könnte. Ein wichtiger Teil der Marke ist weg. Ja, so schafft man sich schleichend ab. Kein Wunder, sind nun in der Not protektionistische Lösungen angesagt.

Soll Waldmeyer einen chinesischen BYD kaufen?

Waldmeyer schaute sich die chinesischen Autoprospekte an, so von BYD, der zurzeit wohl erfolgreichsten chinesischen Automarke. Die Emil Frey-Gruppe hat sich bereits den Import für die Schweiz gesichert. BYD ist die Abkürzung für «Build Your Dream». Schon in den 60er Jahren hatte Emil Frey die Nase vorn, als es um den Import von Toyota ging. Damals hatten noch alle die Nase gerümpft. Einen Japaner fahren…? Nur wenige Jahre zuvor schlichen sich Waldmeyers Eltern noch verstohlen in die Migros – das war, zu jener Zeit, ebenso wenig opportun, wie eine «Reisschüssel» zu fahren. Und jetzt also die chinesischen Autos? Das passt gar nicht ins Bild des SVP-Parteigängers Walter Frey, wehrt sich die SVP doch gegen alles «Ausländische». Aber Walter Frey hat recht: Die Chinesen werden den Markt eh erobern, also sollte man lieber dabei sein. If you can’t beat them, join them.

Man kann die Importe nicht aufhalten

Tatsache ist: Wir werden die Importe nicht aufhalten können. China ist in vielen Belangen einfach wettbewerbsfähiger. Ein Blick in freie Märkte (so z.B. in die Golfstaaten) spricht Bände: Das Strassenbild dort ist heute nicht wiederzuerkennen. Eine Unzahl an neuen, unbekannten Gefährten säumt die Strasse, mit gutem Design, oft elektrisch betrieben. Sie stammen alle aus China. Und sie sind unglaublich günstig, weshalb sie erst recht gekauft werden.

Protektionismus ist die schlimmste Reaktion auf eine erfolgreiche Konkurrenz. Die Geschichte zeigt, dass man damit in der Regel technologisch nur noch stärker zurückgeworfen wird. Es sei an die Episode erinnert, als am Ende des 19. Jahrhunderts Grossbritannien die erfolgreichen deutschen Produkte abzustrafen versuchte, indem sie per Gesetz mit einem Label «Made in Germany» versehen werden mussten. Leider erwies sich diese Strafbezeichnung als ein hervorragendes Marketinginstrument, denn alsbald begriffen die Briten, dass die solchermassen bezeichneten Produkte einfach besser waren – und kauften „Made in Germany“ umso mehr.

Und überall ist China drin

«Die Chinesen sind eh schon hier», meinte Charlotte zu Waldmeyer. «Dein Handy wurde in China produziert, die Musikanlage auch, die Überwachungskameras ebenso. Auch der Toaster, der Föhn, der Kühlschrank. Und wohl die Hälfte deines Porsches.»

Stimmt. Auf dem Foodcenter in Waldmeyers Küche steht zwar «Bosch», auf dem Backofen «Siemens». Deutsche Wertarbeit? Ein Blick auf die Rückseite der Geräte deckt sofort die Wahrheit auf: In der Regel kommen diese Geräte aus China.

Damit kann sich Waldmeyer allenfalls abfinden. Was ihn indessen immer wieder beunruhigt, ist der Verdacht, dass China mittels dieser Technologien Spionage betreibt. Deshalb verbieten die USA und andere westliche Länder beispielsweise Huawei, ein Leader in der Kommunikationstechnologie.

Wird Waldmeyer ausspioniert?

Waldmeyer lag im Bett und gönnte sich etwas anspruchsvolle Literatur vor dem Einschlafen. So studierte er nochmals diese BYD-Prospekte. Wie wird das wohl mit diesen Autos sein? Wird der grosse gelbe Mann, Xi Jinping, künftig wissen, wann und wie schnell Waldmeyer seinen BYD in Meisterschwanden in den Coop runterfährt? Beunruhigend. Er legte den Prospekt auf die Seite und versuchte, einzuschlafen.

Plötzlich tönte ein Signal aus der Küche. Waldmeyer erhob sich von seinem Lager und stand vor dem Bosch-Kühlschrank. Dieser begann plötzlich zu sprechen, auf Englisch, aber mit einem unverkennbaren chinesischen Akzent: «Waldmeyel, tomollow you have to buy milk!» Waldmeyer erschrak. Also hatte Charlotte doch recht: Sie sind schon hier!!! Waldmeyer zog kurzerhand den Stecker dieses Spionagegerätes und schlief alsbald den Schlaf des Gerechten.

Dass sich am nächsten Morgen Charlotte beklagte, dass der Kühlschrank mitsamt dem Gefrierteil in einer Pfütze stand, war nachvollziehbar. «Ich kann dir alles erklären, Charlotte», gestand Waldmeyer, «aber das Gerät hat in der Nacht plötzlich mit mir gesprochen!»

Charlotte antwortete, nun doch etwas besorgt: «Klar, Max, und mich hat gestern Nacht der Papst angerufen».

Waldmeyer und das Ende der Wokeness

Waldmeyer hat überhaupt kein Problem mit Gleichstellungen. Oder Toleranz gegenüber Andersdenkenden. Ausser, beispielsweise, mit militanten Feminist:innen. Aber vielleicht ist der Trend schon wieder am Abklingen?

 

Hatte vielleicht Ex-Bundesrat Berset an der Street Parade letzten Jahres tatsächlich geholfen, das Ende der Bewegung einzuläuten? Könnte diese spätestens schon dann den Marketingtod gestorben sein? Alain Bersets Auftritt war dermassen inklusiv, dass es schon peinlich war. Wenn ein Chefminister da mitmacht, so könnte man meinen, sind eigentlich schon alle Ziele einer Bewegung erreicht. Kein Wunder, war auch die Teilnehmerzahl an der diesjährigen Zurich Pride deutlich geringer.

Der Wokeness-Bewegung ergeht es wie den Gewerkschaften

Es ist wie bei den Gewerkschaften: Wofür kämpfen die eigentlich noch in der Schweiz? Alle wichtigen Ziele der «Arbeiterschaft», falls es eine solche heute überhaupt noch gibt, sind in unserem Land erreicht worden. Natürlich kann man noch für eine 35-Stunden-Woche kämpfen, für 100% Homeoffice für alle oder für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Aber die wichtigen Meilensteine der «Arbeitenden» sind wohl erreicht. Also konzentriert man sich auf neue Themen, so auf den Ausbau der AHV, die Verbilligung von Krankenkassenprämien und anderes. Kostenpunkt: jeweils Milliarden.

Jetzt geht es weiter mit Finetuning

So muss beispielsweise sichergestellt werden, dass ein Angestellter einer deutschen Firma, welcher in Basel ein Fenster einsetzt, am selben Arbeitstag auch den Schweizer Tagesspesen-Ansatz erhält – und nicht den deutschen. Andernfalls wird, so in den Augen der Gewerkschaft Unia beispielsweise, «der Markt verzerrt». Also wird man notfalls unseren neuen Vertrag mit der EU bodigen.

Waldmeyer hat in seinem Berufsleben erkannt, dass der Markt meistens dann verzerrt wird, wenn er nicht spielen darf. Wenn der Staat mittels Mikromanagement an den Stellschrauben dreht. Solche Minithemen werden von unseren Gewerkschaften als letzte Strohhalme bewirtschaftet. Und sie sind eben dermassen wichtig, dass sie damit sogar ein Schweizer EU-Abkommen opfern würden.

Das Ablaufdatum ist gesetzt

Die Gewerkschaften haben also ein Ablaufdatum. Und so ist es auch bei der Wokeness: Das «Aufwachen» und die «Awareness», dass es noch andere Ansichten, Gesellschaftsformen und Genderformen gibt, sind ja bei uns angekommen. Sogar bei Waldmeyer. Und wenn es bei Waldmeyer angekommen ist, letztlich zwar ein aufmerksamer, aber doch eher bürgerlicher Beobachter des Geschehens, dann sollte der Fall eigentlich erledigt sein.

Aber es geht natürlich um mehr: Wokeness ist Opposition. Es hat ein Eigenleben, welches in der Aussenwirkung als cool wahrgenommen werden soll. Allerdings verselbständigt es sich nun, insbesondere bei Behörden, fundamentalistischen Parteien, Politikern etc.

 

Waldmeyer pflegt seine eigene Opposition

Waldmeyer hat inzwischen seine eigene Opposition entwickelt: Er wird sich beispielsweise kein Lastenrad zulegen. Er wird sein Geschlecht nicht ändern. Er hängt an seiner Villa in Meisterschwanden keine Regenbogen-Fahne auf. Er wird seinen künftigen Enkeln aus einem Winnetou-Band vorlesen. Alles wichtige Einzelentscheide.

Und Waldmeyer geht weiter: Er liest zum Beispiel Zeitungsartikel nicht zu Ende, sobald eine dieser dämlich inklusiven Schrift:formen auftritt. Und er bricht die Lektüre eines Artikels blitzartig ab, wenn anstelle der allgemeinen Form nur die feminine Form verwendet wird. Wenn eine fundamental-feministische Journalistin nur die weibliche Form (z.B. «Pilotinnen») stellvertretend für alle Piloten (gemeint sind offenbar PilotInnen) verwendet, ist das Mass für ihn jeweils voll. In solchen Fällen liest Waldmeyer den Satz nochmals durch, ob er vielleicht etwas falsch verstanden hat. Anschliessend überprüft er den Kontext nochmals. Dann kontrolliert er, wer den Artikel verbrochen hat. Ist der Name des Journalisten (der Journalistin) feminin, ist der Fall klar. Ein kurzer Wikipedia-Besuch oder eine kleine Google-Recherche betreffend die Person (Person_in?) bringt es i.d.R. an den Tag: Diese Person (wieso eigentlich nicht der oder dasPerson?) steht oft vermurkst in der gesellschaftspolitischen Landschaft. Nein, Waldmeyer macht da nicht mit, bei dieser Geschlechtsumwandlung der deutschen Sprache.

Die inklusive Schreibweise ist total verkrampft

Die inklusive Schreibweise ist natürlich nur der Ausdruck eines verkrampften inklusiven Verhaltens – welches in der Regel vollkommen inkonsequent ist. Wieso spricht denn niemand von «Mörderinnen», wenn es allgemein um Mörder geht? Oder zumindest von «Mörder:innen» oder ähnlich. Oder – das wäre das Minimum – von «Mörderinnen und Mördern». Waldmeyer findet es schon auffällig und ungerecht, dass gerade negativ besetzte Berufe, so eben jener des Mörders, auch jener des Einbrechers oder des Terroristen, vorab nur in der männlichen Form erscheinen. Waldmeyer findet es zudem schade, dass bei der Form des Binnen-I (so bei PilotInnen) mitten im Wort bei dessen Aussprache nicht nur kurz innegehalten wird, sondern dass auf den Knacklaut, welcher ursprünglich angedacht war, verzichtet wird. (Ja, die feministisch maximal durchtränkte Sprachwissenschaftlerin Louise Pusch hatte 1985 einen solchen Knacklaut, just bei der Artikulierung des Binnen-Is, tatsächlich vorgeschlagen.)

Wokeness mangels echter Probleme?

Die Bewegung der Wokeness konnte sich wohl nur etablieren, weil die ganz grossen Probleme der Gesellschaft offenbar gelöst sind? Oder liegen diese nur zu weit weg? Oder können sie gar nicht gelöst werden? Oder werden sie nicht verstanden? Waldmeyer denkt an die Fragen der Entwicklung des weltweiten Klimas, an die geopolitischen Veränderungen, an die ungelösten Energiefragen. Es geht dabei nicht einmal um die Dürre in der Sahelzone – denn davon sind wir nicht unmittelbar betroffen. Aber selbst, wenn wir uns nur auf nahe Probleme in unserer Gesellschaft konzentrieren, stellen wir fest, dass diese alles andere als gelöst sind. Zum Beispiel das Damoklesschwert der Demografie-Entwicklung: Wir werden immer älter, die Altersversorgung kann nicht mehr finanziert werden, die Gesundheitskosten laufen aus dem Ruder etc.

Die Wölfe sind wichtiger

Diese echten Probleme sind offenbar viel zu kompliziert. Die Wohlstandsfalle gebietet es nämlich, dass wir, möglichst von der sozialen Hängematte aus, uns um nahe Probleme kümmern. Es geht also um die Diskussion um Wolfsabschüsse (doch, doch, auch dies ist Wokeness, denn die Biodiversität, das Recht auf Leben für alle usw. müssen in die woke Denke einbezogen werden). Es geht auch darum, dass in gewissen Schweizer Städten die Behörden den Bau von drei Toiletten für die Kindergartenstufe vorschreiben (männlich, weiblich, divers). Natürlich ist es den Fünf- und Sechsjährigen sch…egal, auf welchen Topf sie gehen. Aber den verqueren Behördenvertretern, zumeist noch nie gestählt in der normalen Welt draussen und seit je am Tropf des Staates hängend, ist es wichtig, den Kleinen schon frühzeitig zu suggerieren, dass sie vielleicht ein Problem mit dem eigenen Geschlecht haben könnten.

Hafermilch ist auch woke

Tempo 30-Zonen müssen errichtet werden, um die Luftsäule über der entsprechenden Strasse zu retten (und damit das Weltklima), Verkehr und Energie müssen auf Teufel komm raus auf elektrisch umgestellt werden, obwohl die saubere Energie dazu gar nicht vorhanden ist, Themen der «kulturellen Aneignung» bewegen uns enorm (Winnetou geht nicht mehr, auch Dreadlocks sollten wir nicht tragen usw.). Zum Wokesein gehört auch die bedingungslose Unterstützung der palästinensischen Bewegung. Vegansein (oder zumindest ein vegetarisches Leben) sind ebenso hilfreich für die positive Aussenwirkung eines generell woken Images. Hafermilch zum Beispiel weist einen besseren CO2-Abdruck auf als herkömmliche Milch. Deshalb ist Hafermilch heute woke.

Oder ist Wokeness doch noch nicht am Abklingen?

Aber nun scheint sich der Wind etwas zu drehen: Wir haben genug von Klimaklebern, für die offenbar bis vor kurzem andere Demokratieregeln galten. Grüne Politiker_innen werden abgewählt, und strenge pazifistische Ansichten erscheinen heute als Schimäre – angesichts weltweiter Annexions- und Terrorbedrohungen.

Aber vielleicht greift Waldmeyer da etwas vor? Ist das mit dem Abklingen der Wokeness nur ein erstes Signal und noch kein Trend? Waldmeyer blickte auf sein blinkendes iPhone mit der Textnachricht von Charlotte: «Bringst du dann noch Hafermilch mit aus dem Bioladen, Schatz?»

Waldmeyer und die Kraft des Montags

Waldmeyer mag den Montag. Das hat allerdings einen speziellen Grund, welcher sich klar abhebt von demjenigen der Gewerkschaften oder Linksparteien. Dort hat die Woche fünf Montage.

Waldmeyer steuerte seinen Porsche Cayenne (schwarz, innen auch) Richtung Office. Die Strasse war an diesem Montag nahezu leer. Ob wohl alle im Homeoffice sassen? Draussen, also rund um seinen schweren Achtzylinder herum, war wunderbar Frühling, die Sonne schien. Waldmeyer blinzelte und setzte seine alte Ray-Ban auf. Sein Fahrzeug verfügt noch über eine CD-Anlage, also legte er „Monday, Monday“ ein (1966). Herrlich, so ein Montag. Charlotte hatte ihn frühmorgens noch daran erinnert, dass heute eigentlich Pfingstmontag sei, aber er wollte gar nicht erst hinhören.

Warum sollte ein Montag schlecht sein?

Waldmeyer begriff nicht, was an einem Montag denn schlecht sein sollte. In den Augen der Gewerkschaften, beispielsweise, ist ein Montag ein grottenschlechter Tag, weil der Montag Arbeit bedeutet, und Arbeit bedeutet Ausbeutung. Vor allem im Übergang vom wohlverdienten Sonntag zum Montag entsteht so ein besonders schlechtes Gefühl. In der kognitiven Wahrnehmung der Gewerkschaften hat eine Arbeitswoche, gefühlt, nur Montage, also deren fünf – und ungerechterweise nur zwei schöne richtig freie Tage. Montage sind einfach unbeliebt. Es gibt deren zu viele und jeder einzelne Montag dauert zu lange. Noch besser sind Ferienwochen. Aber auch davon gibt es zu wenig. Wir arbeiten einfach zu viel.

Amerikaner arbeiten gut 1800 Stunden im Jahr, Schweizer etwa 1500, die Deutschen nochmals rund 200 weniger. Letztere mühen sich an mindestens zwei, bzw. fünf (echten) Montagen weniger ab als Schweizer, bzw. Amerikaner. Sie sind deshalb aber nicht glücklicher.

Der schale Montagsgeschmack

So oder so hat sich die Montagszählung verwischt, seit die westliche Welt das Homeoffice erfunden hat. Auch der Freitag hatte bisher diesen schalen Montagsgeschmack, nicht nur der echte Montag: An beiden Tagen geht man nicht gerne zur Arbeit und versucht heute deshalb, diese als Homeoffice rauszuschlagen. Homeoffice ist ja, gefühlt, wie ein halber freier Tag. Die Deutschen kennen übrigens den Freitag schon lange als ein Fake-Arbeitstag, denn um 12:00 ist i. d. R. Schluss. Somit, de facto, eigentlich am Donnerstagabend. Waldmeyer weiss von seinen Geschäftsfreunden in der Bundesrepublik, dass sich die Chefs dort besonders unbeliebt machen, wenn sie auf Freitagmorgen noch eine Teams-Sitzung anberaumen, um die überall im Homeoffice herumlungernden Mitarbeiter zusammenzutrommeln. Das stört natürlich enorm.

Deutsche sind Weltmeister im Montagverdrängen

Die Deutschen sind in der Arbeitsverdrängung also fast am weitesten. Die Reduktion der Arbeitsstunden hat dazu geführt, dass das Land immer weniger wettbewerbsfähig wurde und der Fachkräftemangel sich noch akzentuierte. Empfindungsmässig wurden so ungeliebte Montage vernichtet, eine Woche hat nun, in der teutonischen Wahrnehmung, einfach mehr Donnerstage, ein paar Mittwoche vielleicht noch, und schon ist wieder Wochenende.

Wir in der Schweiz sind noch nicht auf diesem Level. Jedoch fordern unsere Gewerkschaften mantramässig eine Reduktion der Arbeitsstunden, mehr Ferientage, mehr Mutterschafts- und Vaterschaftstage. Städtische und kantonale Verwaltungen sind als Arbeitgeber:innen deshalb besonders fortschrittlich und beliebt, deren Grosszügigkeit wird einfach auf dem Buckel der Steuerzahler abgeladen, und die Privatwirtschaft verliert als Arbeitgeberin so an Wettbewerb.

Die hohe Schule: neun Montags-freie Tage

Die jungen Grünen haben erst kürzlich, neben einem Komplettumbau von Wirtschaft und Gesellschaft, eine 24-Stunden-Woche angedacht, und echte Feministinnen fordern freie Menstruationstage. Behörden haben diese teilweise bereits eingeführt, so sind in gewissen Kantonen drei freie Mens-Tage eigentlich fix eingeplant (in der Stadt Zürich sind es gar fünf). In den Genuss kommen bekanntlich nicht nur Frauen, sondern, gendergerecht, alle «menstruierenden Personen».

Eine in der Mens zu liegen kommende optimale Arbeitswoche einer städtischen Angestellten in Fribourg beispielsweise sieht so aus: Montag und Freitag Homeoffice, Dienstag bis Donnerstag Menstruation. Die gefühlte Arbeitswoche ist also an einem Donnerstagabend zu Ende und beginnt erst wieder am Dienstag in der übernächsten Woche! Das sind neun Tage hintereinander ohne Montagsgefühl.

Wir sind auf dem besten Weg, künftig weniger Präsenz zeigen zu müssen und letztlich auch weniger zu arbeiten. Und wir schaffen den Montag ab.

Weniger arbeiten kann teuer werden

Leider verteuert sich damit unsere Wertschöpfung. Natürlich könnte man gewissen Kreisen folgen, welche darzulegen versuchen, dass ein Mensch viel produktiver ist, wenn er eine Viertagewoche hat. Numerisch geht das leider nicht auf, vor allem, wenn er dann für die vier Tage noch den vollen Lohn erhält. Wenn das mit der Steigerung der Produktivität so einfach wäre, hätten clevere Arbeitgeber schon lange auf eine Reduktion der Arbeitszeiten gedrängt. Haben sie aber nicht, denn sie wissen, dass sich die Produktivität (abgesehen von der Motivation oder dem Umfeld) nun mal darin misst, zu welchen Kosten und mit welchem Zeiteinsatz eine Leistung erbracht wird – welche sich dann zum entsprechenden Gestehungspreis auf dem Markt absetzen lässt.

Montage sind auch ein Generationenproblem

Immerhin arbeiten die Schweizer, laut Umfragen, einigermassen gerne. Bei der Generation Z ist sich Waldmeyer diesbezüglich nicht so sicher, diese Generation steht ja unter grossem Druck, offenbar leiden auch viele der Jungen an Depressionen. Also wird um schonendes Anhalten gebeten. Die noch jüngere Generation Alpha macht Waldmeyer zusätzlich Sorgen: Sie sei nur noch mit sich selbst beschäftigt, noch fragiler und kommuniziere nur noch spärlich. Oder nur noch mit dem Handy oder via soziale Medien. Da kommen also schwierige Zeiten auf uns zu. Waldmeyer hofft deshalb auf die Generation Beta, welche ab 2025 das Licht der Welt erblicken wird. Wenn sie einmal da ist, wird diese bestimmt grosse Freude an der Arbeit entwickeln, sich kaum mehr für die sozialen Medien interessieren und laufend Extra Miles erbringen. Vielleicht.

Waldmeyers Kraft des Montags

Aber zurück zu Waldmeyers Montage. Eine Woche später, nach Pfingsten und dem wunderbar ruhigen Montag im Office, hatte Waldmeyer Charlotte versprochen, am Sonntag endlich die Garage aufzuräumen. Aber er wird sein Versprechen leider nicht einhalten können, es sind ein paar wichtige Calls mit der Firma dazwischengekommen – trotz Sonntag. Und Waldmeyer freut sich schon jetzt, sich am Montag dann wieder ins Büro absetzen zu können. Da wird er den ganzen Tag kaum gestört und kann in Ruhe wichtigen Dingen nachgehen. Man würde ihn zwar nicht vermissen im Office, aber er würde das Office vermissen.

Auch Waldmeyers Woche hat manchmal fünf Montage. Aber er hat die Montage eben ganz gern.

Waldmeyer verarbeitet den European Song Contest

Waldmeyer nahm sich vor, den ESC anzuschauen. Einfach so, aus Neugierde. Auch, weil er diesen Nemo nicht verstand. Aber es lohnte sich, denn nun kam er in den Genuss einer wichtigen Erkenntnis!

Um es gleich vorwegzunehmen: Mit Singen hatte der Event, in den Augen Waldmeyers, ziemlich wenig zu tun. Schon nach wenigen dieser obskuren Darbietungen schlief er deshalb ein.

Charlotte meinte: „Du hast die Finnen verpasst!“

Verblüffend schlechte Songs

Also schaute Waldmeyer die Finnen nach. Sein Fazit: Waldmeyer rät allen, die Finnen unbedingt anzuschauen! Der Leadsänger, der zudem gar nicht singen kann, ist nur mit einem dünnen T-Shirt bekleidet, ansonsten nackt – ja, füdliblutt. Am Ende der verwirrenden Show kommen an einem Seil die rettenden Shorts von der Bühnendecke runter. Halleluja.

Lettland verblüffte dagegen mit einem merkwürdigen Barden, Typ Yul Brynner, er trug einen glänzenden, königsblauen Neopren-Anzug mit Sixpack-Einlage. Und Irland präsentierte ein nicht-binäres Geisterwesen, Bambie, welches leider wirklich auch nicht singen konnte.

Israel kann singen

Der beste Beitrag, so Waldmeyers wie immer objektive Wahrnehmung, kam von dieser bezaubernden israelischen Sängerin. Sie konnte tatsächlich singen. Aber Israel wurde von allen Seiten boykottiert und drangsaliert. Unsere Greta Thunberg stand offenbar hinter verschiedenen Aktionen gegen Israel, auch einer gut organisierten Demo in Malmö. Dabei war es doch in den letzten Monaten wieder so angenehm ruhig geworden um Greta. Und nun dies… Ob die Palästinenser vielleicht die besseren Klimaschützer sind? Waldmeyer ist verwirrt.

Wir sehnen uns die Seventies zurück

Ziemlich peinlich präsentierte sich Grossbritannien: Eine offensichtlich gleichgeschlechtlich orientierte Männergang quälte sich, gutturale Urlaute ausstossend, in so was wie einer Gefängniszelle rum. Mit Bedauern erinnerte sich Waldmeyer an die grossartigen englischen Rock- und Popgrössen aus den Siebziger Jahren. Und nun dies – ein Jammer. Aber offenbar war diese Darbietung jetzt, 2024, das Beste, was UK liefern konnte?

Armenien überraschte mit einem hübschen Girl in einem (armenischen) Dirndl. Das lenkte zumindest von der Tatsache ab, dass auch dieser Song grottenschlecht war.

Kein einziger „Car Song“

Überhaupt, eigentlich waren fast alle Songs grottenschlecht. Waldmeyer würde keinen einzigen in seinem Auto hören. Zum Teil wäre dies sogar gefährlich, ja kaum zu verantworten: Der französische Beitrag beispielsweise war dermassen einschläfernd, dass man unweigerlich einen Unfall verursachen würde.

Nemo kann tatsächlich singen

In der Tat musste Waldmeyer anerkennen, dass dieser Nemo singen kann. Seine Gesangseinlagen mit den virtuosen Oktavenwechseln erinnerten Waldmeyer etwas an Rocky Horror Picture Show. Eigentlich war Waldmeyer ganz stolz auf die Schweiz. Number One! Und ja, dieser Kerl hat, zumindest gesangsmässig, eigentlich mitgeholfen, den ganzen Contest zu retten. Mit Schaudern erinnerte sich Waldmeyer an die unsägliche Gunvor Guggisberg – es war 1998: «Switzerland, zero points!»

Aber Nemo wird heute ja kaum wegen seinem Song gehypt. Das Nonbinäre kommt wohl stärker rüber. Ohne die rosa Strumpfhosen, ohne nonbinär zu sein und ohne diesen lustigen schwenkbaren Tanztisch mit den einigermassen gelungenen akrobatischen Einlagen wäre Nemo vielleicht bedeutungslos geblieben. Auch wenn er tatsächlich singen kann.

Es geht gar nicht ums Singen

Waldmeyer erkannte: Es geht also gar nicht ums Singen. Sondern um den Gesamteffekt. Und je heterosexueller, desto weniger erfolgreich. Nemo hat sogar einen besonderen Wettbewerbsvorteil, weil er sich nicht nur als nonbinär bezeichnet, sondern auch als „pansexuell“. Waldmeyer war neugierig und googelte. Pansexuelle sind nicht einfach kommune Bisexuelle, sondern öffnen ihr Spektrum und schliessen sämtliche sexuellen Ausprägungsformen ein – also auch alle feinen Zwischenformen, die man sich ausdenken darf.

Vielleicht gilt das nun generell in unserer Gesellschaft? Zumindest, dass Nonbinärsein in der Aussenwahrnehmung als etwas durchaus Erstrebenswertes gilt?

Waldmeyer startet eine Umfrage

Waldmeyer fragte seine Kinder, beide Anfang zwanzig, ob sie den ESC verfolgt hätten. „Spinnst du, Dad?“, meinten Noa und Lara wie aus der Pistole geschossen. Aber beide kennen Nemo, klar, und sie finden ihn ganz cool.

Waldmeyer fragte nun in seinem Bekanntenkreis nach. Aber niemand hatte den ESC richtig verfolgt. Bis auf die Mitschnitte in der Tagesschau, die hatte man mitbekommen. Waldmeyer empfahl allen, die er fragte, den Finnenbeitrag noch nachzuschauen.

Wo steckt die Zielgruppe?

Was nun unklar blieb: Wo versteckt sich denn die Zielgruppe für alle diese zum Teil seltsamen „Songs“? Waldmeyer fragte in seiner Nachbarschaft nach, so bei Freddy Honegger. Ohne Erfolg. Reto Sonderegger, sein Schwager, hatte beim ESC gleich weggezappt, sein Cousin Bruno Spirig (untergetaucht, wie wir wissen, auf der kanarischen Mini-Insel El Hierro) hatte, mangels TV-Programmen auf dem Eiland, nur die Spanier gesehen, offenbar mit einer ziemlich peinlichen Performance. Nemo hatte er verpasst („Nemo der Fisch?“).

Nonbinär kommt einfach gut an

Waldmeyer war ratlos. Jemand hatte offenbar die ganze Zielgruppe gestohlen. Versteckte sie sich vielleicht hinter der Kassiererin im Volg oder dem Filialleiter des Baumarktes in Villmergen? Waldmeyer hatte auch die Poststellenleiterin in Wohlen (die mit dem Nasenring) in Verdacht. Auch Gaberthuler, Waldmeyers nerviger Steuerkommissär in Meisterschwanden, könnte ebenso gut ins ESC-Publikum passen. Ja, es muss sie eben doch geben, diese Zielgruppe. Vielleicht unbemerkt – oder gar heimlich!

Wie dem auch sei, nonbinär kommt zumindest gut an, soweit Waldmeyers ESC-Konklusion. Waldmeyer hat überhaupt nichts dagegen, wenn einer einen Rock tragen möchte. Und wenn sich jemand nonbinär fühlt, geht das selbstredend auch in Ordnung. Jeder soll eben machen und denken, was ihm beliebt – solange unser Gesellschaftssystem nicht wirklich gestört wird.

Waldmeyer versteht den Hype nicht

Aber Waldmeyer versteht diesen Hype einfach nicht, der um das ganze Thema gemacht wird. Zudem erscheint es seltsam, dass einem zusehends Skepsis entgegenschwappt, wenn man keine Regebogenflagge schwenkt. Merkwürdig ist auch, dass Nonbinärsein in der neuen Welt offenbar einen höheren Anerkennungswert hat als profanes Binärsein.

Vielleicht wäre es also einen Test wert, etwas nonbinär zu spielen und damit in der sozialen Wahrnehmung aufzusteigen?

Waldmeyer könnte, nur beispielsweise, einen Tanz- und Gesangskurs belegen. Nur schon die Absicht allein würde ihm vielleicht viele Credits einbringen.

Waldmeyer zieht es durch

Wie so oft, beliess es Waldmeyer allerdings nicht beim Konjunktiv. Er fuhr kurz entschlossen nach Zürich, zu diesem Kurs. Und als er, zurück von dem Lehrgang, seinen Porsche Cayenne (schwarz, innen auch), wieder vor seiner Garage parkte und mit einem eleganten Hüpfer das Cockpit verlassen wollte, verfing sich sein Rüschenrock an der Türschwelle. Leider schaute gerade Freddy Honegger über den Zaun. „Ich kann dir alles erklären, Freddy“, kam Waldmeyer dem entgeistert blickenden Honegger zuvor und verschwand mit seinen pinkfarbenen Strumpfhosen blitzartig im Haus.

Dort blickte ihm Noa bereits anerkennend entgegen: „Der Glitter im Gesicht steht dir super, Dad!“

Waldmeyer atmete erleichtert auf. Es schien zu funktionieren: Zumindest bei der jungen Generation schien sein neuer Look gut anzukommen!

Waldmeyer und die neuen Gebietsansprüche

In den Augen einiger Staatsführer wird die Geschichte manchmal «falsch» geschrieben. So gehörte Alaska einst zu Russland. Parlamentarier in Russland forderten deshalb kürzlich die Annexion Alaskas. Waldmeyer denkt nun an eine „Gross-Schweiz“.

Waldmeyer fand es vordergründig ganz amüsant: Da forderten doch russische Parlamentarier kürzlich die Annexion Alaskas. Der US-Staat liegt nur 90 Kilometer von Russland entfernt, getrennt durch die Beringsee. Eine Annexion könnte also geografisch Sinn machen, zumal sich in Alaska allerlei interessante Rohstoffe befinden. Ein Blick Waldmeyers auf die Karte untermauerte die Idee zusätzlich: Alaska liegt näher an Russland als an den USA. Denn zwischen den USA und ihrem nördlichsten Staat liegt noch Kanada, Alaska ist also nur eine lächerliche Exklave, und sie zählt nicht einmal eine Million Einwohner. Allerdings hätte die Schweiz glatt 40-mal Platz in deren Landfläche. Die 1867 von den USA an Russland bezahlten 7.2 Millionen US-Dollar für den kargen Landstrich waren nicht viel. Kein Wunder, ärgert sich Russland heute.

Die Ansprüche werden immer dreister

Hintergründig allerdings stimmen solche auf den ersten Blick ganz amüsante Forderungen nachdenklich. Die Hegemonie-Ansprüche der Ex-Sowjetunion werden immer dreister. Die Alaska-Note kommt dem Kremlherrn indessen wohl gar nicht gelegen. Das rechtskonservative republikanische Alaska könnte so vielleicht aufwachen. Wir erinnern uns an die unsägliche Sarah Palin (Ex-Gouverneurin von Alaska), sie kandidierte auch schon mal als US-Vizepräsidentin, eine stramme Trump-Followerin. Solche Leute, welche die geopolitische Lage gerne verharmlosen, Verschwörungstheorien nachhängen und die Ukraine-Unterstützung nur als unnütze Geldverschwendung betrachten, könnten nun aufgeschreckt werden. Denn die Gebietsansprüche Russlands rücken offenbar immer näher!

Wenn die «Alasker» zu Russen werden

Aber vielleicht wäre alles gar nicht so tragisch, wenn Alaska nun russisch würde? Die Menschen in dem dünnbesiedelten Gebiet würden es vielleicht gar nicht bemerken. Sie würden einfach weiter mit ihren Pickups durch die Wälder cruisen, die Eskimos würden sich immer noch Lebertran zuführen, und die Mosquitos würden im Sommer immer noch gleich stechen. Vielleicht würde die Bevölkerung von Whisky auf Wodka umstellen – allenfalls der grösste Kulturwandel – bzw. eine unbemerkt verlaufende kulturelle Aneigung? Und die Einwohner würden eventuell gar nicht bemerken, dass nun eine neue Flagge auf den Behördengebäuden weht.

Aber es geht natürlich ums Prinzip: Es kann einfach nicht angehen, dass man sich fremde Länder krallt. Oder nur schon daran denkt. Oder es artikuliert.

Retteten die Schweizer die USA vor einer russischen Kolonialisierung?

1812 wurde mit Fort Ross in Kalifornien eine russische Kolonie aufgebaut. Es war wohl ein visionärer Entscheid des Zaren, nicht nur in Alaska Stützpunkte zu errichten, sondern auch weiter südlich. Waldmeyer forschte weiter in den Annalen: Der Schweizer Johann Sutter gründete 1839 in Kalifornien Neu-Helvetien. 1841 kaufte Sutter den Russen dieses merkwürdige Fort Ross ab. Vielleicht verhinderte er so die weitere russische Expansion im Land? Hätte er es nicht getan, hätten sich die Russen vielleicht rasant ausgebreitet – so wie sie heute die Ukraine «befreien». Man sollte sich vergegenwärtigen, dass ohne Sutter heute vielleicht Präsident Putin von Amerika seinen Kollegen Biden (welcher eine bescheidene Rumpf-USA führt) auf Camp David empfangen würde!

Früher annektierten auch die USA

Als 1845 Mexiko das Kaufangebot der USA für Niederkalifornien ablehnte, annektierten die USA kurzerhand den Rest Kaliforniens, und das ehemalige „Neuspanien“ wurde in den amerikanischen Staatenbund integriert. Das alles wäre bedeutend schwieriger geworden, wenn Sutter mit seinem Aufkauf des russischen Fort Ross nicht so umsichtig gehandelt hätte. Ja, die Geschichte der USA hätte vielleicht einen ganz anderen Verlauf genommen. Waldmeyer ist stolz auf Sutter. Wenn Kalifornien heute auch nicht helvetisch ist, so doch immerhin amerikanisch. Besser als russisch.

Grönland kaufen, Puerto Rico verkaufen

Wir kennen die ganz lustige Geschichte von Präsident Trump. Er fragte seine Leute allen Ernstes, ob man denn Grönland nicht kaufen könnte. Als ehemaliger, wenn auch ziemlich windiger Immobilienmogul sah er das zu Dänemark gehörende Gebiet wohl einfach als lohnenswertes Objekt in seinem Länder-Portfolio. Mit den 60’000 Einwohnern würde man schon klarkommen, und dann könnte man endlich die fetten Bodenschätze richtig abbauen. Grönland gehört rein geografisch zur amerikanischen Kontinentalplatte – wäre also ein Kauf gar nicht so abwegig gewesen?

Der Mann mit den einst orangen Haaren wollte zur gleichen Zeit Puerto Rico verkaufen. Die karibische Insel ist ein Aussengebiet der USA, de facto eine «Kolonie». Aber leider äusserst defizitär. Kein Wunder, denkt man da an einen Verkauf! Natürlich kam es nicht dazu.

Venezuela möchte einen Teil Guyanas annektieren

Präsident Maduro (Ex-Busfahrer) möchte nun den Grossteil seines Nachbarstaates annektieren. In Guyana liegen ungemein grosse Erdöl-Reserven. Grund genug also, solche Pläne zu schmieden. Er liess die Leute dazu fairerweise abstimmen. Allerdings nur die Bürger in Venezuela. Was Waldmeyer auffällt: Geplante Annexionen dürfen heute offenbar global kommuniziert werden.

China möchte auch expandieren

China schielt bekanntlich nach Taiwan – aus einer subjektiven historischen Ableitung. Allerdings gehörte Taiwan seit weit über 100 Jahren gar nicht mehr zu China, und bis 1945 war es eine japanische Kolonie. Aber wenn man die Historie genügend lange zurechtbiegt, kann sich plötzlich ein gewisses Verständnis für sie ergeben. Zusätzlich reklamiert China noch ein paar Inseln für sich, vor allem im südchinesischen Meer. Die gehören zwar den Philippinen und anderen Staaten in der Region – aber was soll’s. Im Notfall baut man Inseln: So schüttet China laufend mehr oder weniger herrenlose Atolle zu richtigen Inseln auf. Dort werden dann Landebahnen errichtet – vielleicht für touristische Zwecke…?

China hatte vor 50 Jahren die Mongolei annektiert; es denkt gar nicht daran, diese wieder in die Freiheit zu entlassen. Man muss die Dinge manchmal eben aussitzen. Die Zeit und die Geschichte arbeiten kostenlos für die, die sie gepachtet haben.

Wird Annexion zum Gentlemen’s Delikt?

Waldmeyer überlegte weiter: Wenn Annexionen ganz «normal» werden, könnte das eventuell einreissen und weitere Staaten auf den Plan rufen, sich ein bisschen auszubreiten. Werden Annexionen ganz einfach zum Gentlemen’s Delikt?

«Wir sollten vielleicht auch etwas expandieren, Charlotte. Wenn das so einfach ist, könnte sich auch die Schweiz ein bisschen ausbreiten!» Tatsächlich wird es ja langsam eng bei uns. Unsere neue Bundesrätin, die ausgebildete Sozialhelferin und Schwarznasen-Halterin Elisabeth Baume-Schneider sprach kürzlich von der «12-Millionen-Schweiz». Ja, wir sollten uns Gedanken machen, wie wir künftig alle unterbringen können.

Doch zurück zur Geopolitik: Die Ukraine-Annexion verlief bekanntlich nicht so geschmeidig. Zuvor, 2014, als die Krim annektiert wurde, mithin ein Gebiet von der Grösse der halben Schweiz, passierte nicht viel. Man liess das Russland mehr oder weniger durchgehen, ein paar Sanktionen folgten – aber nicht mehr. Heute bereitet Putin das Ukraine-Abenteuer seit 2022 natürlich Kopfzerbrechen.

Annexion gab es schon immer

Annexionen sind ja nicht neu. Sie beherrschen die Geschichte jedes Zeitalters, das wir rückblickend kennen. Besonders aktiv war die Menschheit während der Kolonialzeit. Briten, Franzosen, Spanier und Portugiesen waren besonders erfolgreich in der Einverleibung weltweiter Gebiete. Auch die Holländer oder die Belgier holten sich ein paar ferne Inseln oder Länder. Die Deutschen waren da weniger produktiv, was sie bekanntlich in zwei späteren Weltkriegen wettzumachen versuchten – mit einem desaströsen Ausgang, wie wir wissen.

Auch die Schweiz könnte expandieren

Doch man müsste ja nicht immer die Kavallerie ausreiten lassen, überlegte Waldmeyer. Man könnte auch durch Überzeugung kolonialisieren – oder eben annektieren. Oder «eingemeinden», was sich besser anhört. Das Elsass beispielweise könnte zur Schweiz gehören, die Leute sind uns ziemlich ähnlich. Und dort gibt es noch weite, leere Gegenden – genügend Platz für die Ansiedelung neuer Fachkräfte oder den Bau von Asylantenheimen. Auch die Baden-Württemberger und die Bayern könnten sich uns anschliessen. Die Südtiroler und die Vorarlberger eh. Bei Savoyen ist sich Waldmeyer nicht ganz sicher, der französische Sozialstaat hat sie über die letzten Dezennien ziemlich verdorben. Auch betreffend Norditalien müssten wir vorsichtig sein, aber zumindest bis nach Turin und Mailand runter unterscheidet sich der Volksschlag kaum von den Tessinern.

Die neue Alpenrepublik hat 40 Millionen Einwohner

In der Summe käme so, mit der Aufnahme der aufgezählten Gebiete, eine tolle neue Alpenrepublik zusammen, mit rund 40 Millionen Einwohnern. Es wäre ein wirtschaftliches Powerhouse. Nennen wir es «Gross-Schweiz». Unsere Bundesräte würden mit Ehrerbietung in Brüssel empfangen werden. Oder nein: Wir würden den EU-Leuten in Bern Audienzen anbieten, und sie würden bei uns hofieren.

Wir sollten die Leute in diesen Gebieten einfach abstimmen lassen. So könnte eine friedliche Annexion vonstattengehen. Die neue Alpenrepublik würde dann selbstredend von Bern aus regiert. Allerdings sollten wir diese Landstriche vorher nochmals einer genaueren Prüfung unterziehen, überlegte Waldmeyer.

«Charlotte, wolltest du nicht wieder mal in Colmar Fois gras essen?» Charlotte antwortetet sofort: «Du weisst, ich esse keine Stopfleber. Mich gelüstet eher nach Trüffeln!»

«Du hast recht, lass uns ein Wochenende im Piemont verbringen. Ich muss da eh nächstens hin!»

Waldmeyer und das «bedingungslose Vermögen»

Waldmeyer hatte sich schon öfter über die in seinen Augen abstruse Idee eines «bedingungslosen Grundeinkommens» geärgert – eine Idee, die aus linken Kreisen mit grosser Regelmässigkeit auftaucht. Aber nicht genug: Jetzt wird auch noch der Ansatz eines «bedingungslosen Vermögens» nachgereicht!

Bei deutschen Exponenten aus Politik und Wissenschaft köchelt eine neue Idee. Waldmeyer befürchtet, dass diese verqueren Gedanken auch bald in die Schweiz überschwappen könnten: die Idee betreffend ein bedingungsloses Vermögen. Es wird zwar nicht so formuliert, läuft aber auf ein solches Vorhaben hinaus, denn allen jungen Leuten soll ein tüchtiger staatlicher Startbatzen zur Verfügung gestellt werden.

Die junge Generation kann kaum Vermögen anhäufen

Eine Grundüberlegung dabei mag richtig sein, denn den jungen Leuten ist es heute fast unmöglich, Kapital aufzubauen – beispielsweise für ein Eigenheim. Selbst wenn – nach Steuern – 10’000 oder 20’000 Franken pro Jahr gespart werden, so reicht es auch nach Jahren nicht für die Eigenkapitaldecke zur Finanzierung einer Wohnung oder eines Hauses.

Und nun kommt eine zweite Malaise hinzu, insbesondere bei uns in der Schweiz: Der Mittelstand wird künftig vermutlich weniger vererben, weil er das Geld einfach aufbraucht. Ein Pflegeheim verschlingt durchschnittlich 10’000 Franken pro Monat, bei zwei Elternteilen läppern sich Unsummen zusammen. Innert Kürze können sich so ganz anständige Vermögen in Luft auflösen. «Glück» hat, wer nur wenig Einkommen bezieht und kein Vermögen besitzt, denn dann springt der Staat in die Bresche.

Symptom- und nicht Ursachenbekämpfung

Die deutsche Idee nun: Jeder Bürger soll in jungen Jahren ein anständiges Startkapital vom Staat erhalten. Angedacht sind 80’000 Euro. Damit lässt sich das Leben während eines Studiums finanzieren, man kann in eine kleine Wohnung investieren oder man könnte mit einem Bausparvertrag beginnen. Eine ganz verfängliche Idee. Wenn da nur gleichzeitig ein intelligentes Konzept zur Finanzierung dieser Staatsausgaben mitgeliefert würde. Eine durchaus sozialistische Lösungsidee dabei ist, die Erbschaftssteuern von Vermögenden noch mehr zu erhöhen. Notfalls müsste eben die allgemeine Staatskasse geplündert werden.

Einmal mehr sollen also Probleme gelöst werden, indem Symptome und nicht Ursachen bekämpft werden. Wie konnte es überhaupt zu diesen Missständen kommen?

Waldmeyer kennt die Gründe der Vermögensschwäche

Waldmeyer hat gleich mehrere Antworten zur Hand: Wohnraum ist zu teuer, weil es an diesem fehlt – weil zu wenig, zu kompliziert und zu langsam gebaut und umgebaut wird. Zweitens leben die Eltern zu lange, sodass sehr spät vererbt wird. Drittens (siehe Schweizer Pflegekosten) kann im Alter gar nicht gespart oder vererbt werden, denn man braucht die Mittel selbst. Viertens fehlen seit Jahren die attraktiven Zinsen und Zinseszinsen für einen Vermögensaufbau. Und fünftens muss ein sau-teurer Staatshaushalt unterhalten werden, für dessen Alimentierung immer höhere Steuern eingezogen werden, welche einen Vermögensaufbau der jungen Generation zusätzlich beeinträchtigt.

Dass der Staat oft ineffizient, ja geradezu verschwenderisch mit dem Geld umgeht, ist ein immer weiter verbreitetes Phänomen. Die Staatsquote in Deutschland liegt heute bei rund 50% – das heisst, dass das Sozialprodukt der Volkswirtschaft tatsächlich zur Hälfte aus staatlichen Ausgaben besteht. Der Staat nimmt, der Staat gibt. Nur Frankreich wirtschaftet da noch schlimmer (Staatsquote 60%). Die Schweiz macht es besser (35%), allerdings steigt die Quote kontinuierlich, von Jahr zu Jahr.

Wenn das staatliche Geld «verschwindet»

Insbesondere in Deutschland beobachtet Waldmeyer zudem das Phänomen, dass von all der staatlich eingesammelten Kohle beim Bürger gar nicht viel ankommt. Die sozialen Unterstützungskosten für Bedürftige liegen bei einer Fraktion der schweizerischen, die ausbezahlten Renten auch nur bei der Hälfte, die Bahn kommt verspätet, man lebt in einer digitalen Wüste. Und so weiter.

Also Missmanagement? Jein. Denn die staatlichen Angestellten und die politischen Amtsträger, und von denen gibt es ganze Armadas, erhalten schon Geld. So müssen beispielsweise Hunderte von fetten schwarzen Limousinen für all die vielen Volksvertreter (auch aus der ganz linken oder der ganz rechten Ecke) finanziert werden. Alle Parteien, auch die mit staatszersetzender Ideologie, müssen grosszügig alimentiert werden. Der Bundestag zählt eine schwindelerregende Anzahl an Mitgliedern, es sind deutlich über 700, alle mit einem Stab von Mitarbeitern, Büros, grosszügigen Vergütungen und Spesen. Verdiente Amtsträger in Rente werden weiter verschwenderisch unterstützt; für Mutti Merkel beispielsweise arbeitet ein Sekretariat mit neun ganz wichtigen Mitarbeitern, dazu kommen Chauffeure und Bodyguards. Was die wohl alle so tun…?

Warum interessiert uns denn Deutschland überhaupt?

Die Schweiz hinkt bei beim staatlichen Missmanagement etwa zeitlich 20 Jahre hinter Deutschland und Italien hinterher. Manchmal gelingt es uns, aus den Fehlern der Nachbarn zu lernen. Meistens begehen wir sie indessen trotzdem, einfach mit einer zeitlichen Verzögerung. Deshalb gilt es bei uns darauf zu achten, dass bei der Verteilung der Staatsgelder behutsam vorgegangen wird. In Deutschland geht es aber vielleicht gar nicht um Missmanagement (deshalb das Jein vorhin), sondern nur um eine geschickte Umleitung von Steuergeldern in ein aufgeblähtes System für eine staatliche Nomenklatur. Fakt ist, dass der tüchtige Bürger sehr stark gerupft wird (mit hohen Konsum-, Einkommens- und Erbschaftssteuern), dass bei ihm aber letztlich wenig ankommt. Die Mittel sublimieren sich quasi, auf mirakulöse Weise, zwischen Einnahme und Verteilung.

Karl Marx wäre hell begeistert

Die Ursache ist also ausgemacht: Der Bürger wird nicht ermuntert zu arbeiten, zu sparen und zu investieren – nein, er wird bei diesen Vorhaben geradezu gebremst. Gleichzeitig wird ihm dauernd eine soziale Hängematte angeboten. Kein Wunder, kann und wird da kein Geld auf die Seite geschafft, so für einen Vermögensaufbau. Ein neuer staatlicher Zustupf soll es also richten?

De facto handelt es sich bei dieser deutschen Gratis-Vermögensspritze um eine reine Umverteilungsaktion: Geld wird den Vermögenden abgeknöpft, anschliessend staatlich «gewaschen», um es dann wieder grosszügig zu verteilen. Karl Marx wäre entzückt, könnte er die Idee mitverfolgen, denn die staatliche Wäsche ist sehr raffiniert, sie vertuscht die direkt sichtbare Umverteilung! Wahrscheinlich würde er gleich sein berühmtes Buch («Das Kapital») umschreiben – und zwar alle drei Bände.

Was würden die Jungen denn so anstellen mit dem Geld?

Waldmeyer wäre neugierig zu wissen, was die Jungen, bei uns in der Schweiz, denn so anstellen würden mit einem staatlichen Vermögensbatzen. Auf Schweizer Einkommens- und Preisverhältnisse umgerechnet, würden die 80’000 Euro fast 150’000 Franken entsprechen. Waldmeyer nahm sich vor, anlässlich der Geburtstagsparty seiner Tochter Lara (studiert nun schon länger Ethnologie), ihre Freunde zu fragen, was sie denn mit einem grosszügigen staatlichen Zustupf machen würden.

Das Resultat der Umfrage war ziemlich ernüchternd. Leon z.B. würde gleich mal eine Kreuzfahrt buchen, Mia ein Sabbatical-Jahr einlegen, Andrey würde es sofort im Kosovo in ein Haus investieren, Valid den neuen 3er-BMW kaufen. Anastasia würde es in die Ukraine schicken, Noa (notabene Waldmeyers Sohn) an der Börse platzieren. Milas würde nur grinsen und daran denken, sich ein bisschen mehr Drogen zu kaufen – oder gar in eine Hanfplantage zu investieren? Lori würde durch die Boutiquen ziehen und so einen Gutteil verjubeln, Fatima würde alles spenden, Luca jeden Abend in den teuren Zürcher Clubs rumhängen.

Waldmeyer brach seine Umfrage ab, denn es wurde langsam unappetitlich, was mit Staatsgeld so alles angestellt werden könnte. Also fragte er seine Tochter direkt. Laras Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: «Als erstes würde ich gleich mal von hier ausziehen! Und mir eine eigene schöne Wohnung mieten, vielleicht im Zürcher Seefeld – ganz klar!»

Damit war für Waldmeyer klar: Nicht nur ein bedingungsloses Grundeinkommen ist nicht zielführend – auch mit einem bedingungslosen Vermögen ginge der Schuss wohl nach hinten los. Hoffentlich verbreitet Lara diese abstruse Idee nicht in ihrem politisch etwas anfälligen Umfeld.

Waldmeyer und wann wir die Österreicher überholen

Österreich hat nur unwesentlich mehr Einwohner als wir. Aber wir holen jährlich auf, und in ein paar Jahren werden wir das Land, bevölkerungsmässig, elegant hinter uns gelassen haben. Triumph wäre allerdings fehl am Platz, denn eigentlich bräuchten wir dringend viel mehr Österreicher!

Täglich sterben in der Schweiz etwas mehr, als neu geboren werden. Dieses Negativwachstum wird ökonomisch zum Fiasko, wenn die nichtarbeitende Bevölkerung immer älter wird. Also importieren wir Einwohner. Importe allein reichen indessen auch nicht, denn die Importe sollten sich selbstredend auch vermehren. Insbesondere Familien aus Exjugoslawien sind dabei wesentlich fertiler als andere, vor allem als ursprüngliche Schweizer. Die gebärfaulen Eidgenossen stellen nämlich bedeutend weniger Kinder auf die Welt; ohne die tüchtigen Immigranten würden wir vermutlich aussterben.

So werden wir immer mehr. Und immer wieder wird das Damoklesschwert einer 10-Millionen-Schweiz geschwungen, derweil gewisse populistische Kreise am liebsten die Grenzen schliessen würden. Dabei wird vergessen, dass die bevölkerungstreibenden Samenspender bereits unter uns sitzen, denn ein Grossteil der immigrierten Bevölkerung schätzt es, Grossfamilien zu begründen.

Kürzlich meinte unsere Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, dass sie auch nichts gegen eine 12-Millionen-Schweiz hätte. Das war natürlich eine sehr unbedachte Äusserung. Allerdings zog sie kaum Protest nach sich. Offenbar, leider, weil unsere ehemalige Sozialarbeiterin und Marxistin aus dem Jura einfach nicht ernst genommen wird?

Wann aber überholen wir Österreich?

In der Disziplin Skifahren ist uns das jetzt gelungen. Wenn sich in der Nacht beim Blick ins nahe Vorarlberg das Firmament rötet über unserem Nachbarland, so wissen wir, dass die Österreicher nun, aus Verzweiflung wohl, ihre Skier verbrennen.

In Sachen Bevölkerungszuwachs verlieren die Österreicher ebenso jedes Jahr: Die Schweiz legte letztes Jahr mit rekordverdächtigen 145’000 zu, im langjährigen Mittel sind es rund 80’000 Einheiten pro Jahr. Unsere Nachbarn bringen es langjährig nur auf rund 60’000. Wir stehen nun, anfangs 2024, bei knapp 9 Millionen Einwohnern, das einstige k. & k. Reich bei knapp 9.2 Millionen. Wir holen auf, jedes Jahr.

Waldmeyer hat es durchgerechnet: Genau am 11. September 2035 wird es so weit sein, dann haben wir die Österreicher überholt. Das Datum 9/11 hat sich aus purem Zufall ergeben, und es mag für unsere Nachbarn ein schlechtes Omen sein. Nicht aber für uns – was allerdings zu kurz gedacht ist. Doch alles der Reihe nach.

Die 10 Millionen kommen so oder so

2037 wird unser Land die 10-Millionen-Grenze knacken (die Österreicher schaffen es dann vermutlich 2039).

10 Millionen Einwohner: ob das schlimm sein wird? Zumindest Altbundesrat Blocher, ein grosser Warner vor diesem Bevölkerungsgau, wird es dann wohl kaum mehr stören. 10 Millionen müssen indessen gar nicht schlimm sein. Wenn es 2037 nämlich nicht 10 Millionen wären, sondern nur die heutigen 9 Millionen, dann hätten wir ein echtes Problem. Die Überalterung der Bevölkerung sähe dann nämlich noch dramatischer aus, denn der fehlende Nachwuchs und die fehlende Immigration mit relativ jungen Leuten würde unsere Demografie vollends in Schieflage bringen. Die jüngeren Konsumenten und Steuerzahler würden fehlen und könnten die älteste Generation nicht mehr finanzieren: mittels AHV-Beiträge, Steuern und Mehrwertsteuern. Firmen würden mangels Nachwuchses ausbluten und weniger zum Staatshaushalt beitragen. Ja, wir würden vielleicht verarmen. Oder wir müssten im zarten Alter von 90 vielleicht wieder einen Job suchen?

Absurde 10-Millionen-Grenze

Die sogenannte «Nachhaltigkeits-Initiative» der SVP kommt da gerade richtig. Wie stellt sich denn die Partei das vor, um Himmels Willen, wie man eine Bevölkerung von 10 Millionen einfach verhindern soll? Die Grenzen einfach dichtmachen? Kastrationen der zeugungsfähigen Bevölkerung? Deportationen? Remigration? Euthanasie?

Das allzu populistische Begehren ist schlichtweg nicht umsetzbar. Die Lage spitzt sich natürlich zu, denn die SVP sieht Handlungsbedarf, wenn die 10 Millionen vor 2050 erreicht werden. Waldmeyer rechnet aber bereits bei moderatem Wachstum mit 2037. Vielleicht kommt noch ein intelligenter Lösungsvorschlag aus einer SVP-Stammrunde. So zum Beispiel die Sperrung des Gotthards, eine allseits beliebte Idee.

Andere machen es nicht besser

Beruhigend ist, dass andere Länder ähnliche Probleme haben: Entweder wächst die Bevölkerung zu schnell oder zu langsam. Beginnt eine Regierung zu steuern, geht der Schuss meistens nach hinten los. So in China beispielsweise, wo die Ein-Kind-Politik, welche zu spät korrigiert wurde, nun zu einem Bevölkerungsrückgang führt. Die Chinesen sitzen dabei viel mehr in der Bredouille als andere Länder, denn sie bräuchten Millionen und Abermillionen von Immigranten jährlich. Die gibt’s gar nicht.

Frankreich wird in 20 oder 30 Jahren Deutschland als bevölkerungsreichste Nation Europas überholt haben. Während sich die Deutschen abschaffen, fördern die Franzosen das Bevölkerungswachstum mit Immigration und hohen Geburtenraten ihrer neuen Gäste (insbesondere aus dem Maghreb). Frankreichs Familienpolitik allerdings ist nicht ungeschickt, denn dank breit verankerter Kinderbetreuung produziert Frankreich immer noch anständige Geburtenraten, und la maman française pflegt in der Regel weiterzuarbeiten – weshalb Frankreich ein viel weniger gravierendes Problem in Sachen Facharbeitermangel hat.

Brüssel wird muslimisch

Apropos Immigration: Die Stadt Brüssel wird schätzungsweise irgendwann in den 2030er-Jahren zu über 50% muslimisch sein. Die jahrelange starke Immigration aus muslimischen Ländern trägt Früchte, denn muslimische Familien, wie wir auch in der Schweiz schon bemerkt haben, scheinen sich einer besonders hohen Fertilität zu erfreuen. Dies nicht aufgrund der staatlichen Kinderförderung, sondern offenbar der DNA-bedingten ethnischen Gebärfreudigkeit wegen.

Wen sollten wir denn bitte importieren…?

Aber zurück zu unseren eidgenössischen Problemen: Noch mehr Deutsche könnten wir kaum ins Land bitten – die Bevölkerung unseres nördlichen Nachbarn wird künftig wohl stark rückläufig sein. Ausserdem wird sich der Rest der germanischen Population um die Probleme ihres politischen und wirtschaftlichen Niedergangs kümmern müssen, der ziemlich zeitgleich mit der wirren Ampelregierung 2021 seinen Lauf nahm. Notfalls müssten wir also noch mehr Österreicher abwerben und sie in die Schweiz bitten. Sie würden dann noch ein bisschen mehr für uns arbeiten und gut Steuern bezahlen. Aber wir würden sie anständig bezahlen.

Dem Fluch des Bevölkerungswachstums ausgeliefert

Waldmeyer merkt: Wir sind dem Fluch des Bevölkerungswachstums ausgeliefert. Unsere fortschreitende Überalterung schreit geradezu nach einem Ausweg. Insgesamt vier Lösungen bieten sich an:

  1. Wir könnten weniger alt werden. Die Umsetzung dieses Ansatzes wird allerdings zu schwierig sein.
  2. Wir arbeiten länger, so bis 70 beispielsweise. Ein, zwei Jahre könnten wir vielleicht politisch noch rausholen, mehr aber wohl kaum. Die Gewerkschaften und andere linke Kreise würden eine weitergehende Erhöhung des Rentenalters zu verhindern wissen. Und die Generation Z würde das auch nicht lustig finden.
  3. Wir könnten unsere Immigranten bitten, noch etwas mehr Kinder zu gebären. Aber das würde vielleicht unseren helvetischen Groove im Land zu stark verändern. Waldmeyer möchte kein zweites Brüssel.
  4. Also müssten wir doch mehr Menschen ins Land reinlassen. Am liebsten Leute, die uns etwas ähnlich sind. Die nördlichen Nachbarn fallen, wie wir gesehen haben, künftig wohl weg, angesichts ihrer teutonischen Kernschmelze. Also verbleiben nur noch die Österreicher.

Wir kommen um die Österreicher nicht herum

Waldmeyers Konklusion nun: Die Bevölkerung anzuhalten, mehr Kinder zu kriegen, reicht nicht. Erstens hält sie sich kaum an solche Vorgaben, zweitens dauert es viel zu lange, bis diese neuen Bürger auch ordentlich Steuersubstrat abwerfen und AHV-Beiträge abdrücken können. Wir brauchen also junge, gescheite und gut ausgebildete Leute, die zu uns kommen und sofort rentieren.

Und wir sollten uns nicht länger lustig machen über die Österreicher, denn wir kommen um sie nicht herum. Vielleicht sollten wir sie im Skifahren auch wieder einmal gewinnen lassen. Und wir müssen zur Erkenntnis gelangen, dass wir sie, bevölkerungsmässig, gar nicht überholen sollten. Im Gegenteil. Wir können nur hoffen, dass sie sich künftig etwas stärker vermehren, so entsteht, aus österreichischer Sicht, wertvolles Exportgut. Oder eben wertvolles Importgut – aus unserer Sicht.

Waldmeyer und die politische Bevormundung

Oder: Warum Waldmeyer vielleicht seinen Namen ändern wird

Wer nicht in der Stadt Zürich wohnt, tut gut daran, einmal ein Auge auf die dortigen Staatseingriffe zu werfen. So weiss man, was einem in ein paar Jahren noch blühen wird: fundamentalistisches Dreinfunken der Behörden bis in die letzte Faser deines Lebens!

Die meisten grossen Städte in der Schweiz sind heute durchtränkt mit viel Ökodenken, Umverteilungsgedanken und Pazifismus. Ob Genf, Lausanne, Bern, Luzern oder Zürich: Die grünen und linksorientierten Stadtparlamente und Behörden denken sich fast täglich neue Massnahmen und Vorschriften aus, welche unser Leben einschränken.

Schön, gibt es diese Weltverbesserer

Die zum Teil invasive Politik richtet sich indessen nicht gegen die bekannten Weltverbesserer. Das heisst gegen Kreise, die unbewilligte Demonstrationen organisieren, sich am Boden festkleben oder den Verkehr mit einer langsamfahrenden Veloarmada vorsätzlich lahmlegen. Das verstösst zwar alles gegen das Gesetz, wird indessen geduldet.

Wir könnten vielleicht auch noch ein bisschen weiter wegblicken, so nach Berlin: In der letzten Sylvesterkrawallnacht wurden über 500 Personen verhaftet. Nicht etwa, weil sie einfach ein wenig demonstriert oder Lärm gemacht hatten – nein, sondern weil sie Polizisten und Feuerwehrleute tätlich angegriffen hatten. Inmitten von Personenansammlungen hatten sie Feuerwerkskörper gezündet und fremdes oder öffentliches Gut abgefackelt. Am nächsten Tag waren alle wieder auf freiem Fuss.

George Orwell würde sich im Grabe umdrehen

«Some are more equal», meinte doch schon George Orwell mit seinem berühmten Roman «1984». Der alte George würde sich allerdings im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, dass seine Vision der totalen Staatskontrolle in Teilen der Welt ziemlich gut umgesetzt wurde, so in China, Nordkorea oder dem heutigen Russland. Aber er hätte sich wohl nie vorstellen können, dass westliche Staaten randalierenden Bürgern ziemlich alles durchgehen lassen, der Normalbürger indessen maximal bevormundet und kontrolliert wird.

Landet Waldmeyer im Gefängnis?

Wenn Waldmeyer seine Parkzeit überzieht, wird er binnen Minuten mit einer saftigen Busse bestraft. Ja, falls er überhaupt einen Parkplatz ergattert. Denn letzteres ist gar nicht mehr vorgesehen, er sollte nämlich zu Fuss gehen. Oder mit dem Fahrrad. Oder eben mit dem Lastenrad, wenn es darum geht, schwere Sachen zu transportieren – also Möbel, einen Flatscreen, einen Teppich. Oder etwas vom Baumarkt, einen Zementsack, beispielsweise. Parkplätze für Autos werden überall aufgehoben, und in Lausanne dürfen ab 2030 nur noch Elektrofahrzeuge verkehren. Wenn Waldmeyer ein Dachfenster in seinem Haus in Meisterschwanden ohne langwierige Bewilligung und ohne Einhaltung einer ellenlangen Liste von Normen einbauen würde, käme er in Teufels Küche.

Die Bevormundung hat selbstredend einen Zweck: nämlich die Rettung der Welt. Wenn Waldmeyer während der Fahrt mit seinem Auto bei freiem Verkehr einmal verstohlen auf sein Handy blickt, wird er fast verhaftet. So will es das Gesetz.

Fatale Eigendynamik in Sachen Bevormundung

Die fundamentalistische Bevormundung ist schon bemerkenswert. Politiker und Behörden verfolgen dabei unverdrossen die Umkrempelung unseres Gesellschaftssystems. Es mag sein, dass dahinter gar kein Masterplan liegt. Es scheint, dass sich einfach eine fatale Eigendynamik entwickelt hat.

  1. Wir müssen das Klima retten. Eigentlich die ganze Welt. Entsprechend werden wir, als einfache Leute, die das Big Picture nicht erkennen, bevormundet.
  2. Im Mittelpunkt steht das Genderthema. Wokeness first. Auch hier soll der Bürger entsprechend erzogen werden.
  3. Wir arbeiten zu viel. Falls das jemand noch nicht erkannt hat, soll er/sie/es bitte unseren Politikern genau zuhören.
  4. Wir müssen Einkommen und Vermögen besser verteilen. Ein alter, nun post-marxistischer Ansatz, von dem ein Grossteil der Parlamente und Behörden beseelt ist – mit dem vordergründig hehren Ansatz nach mehr Gerechtigkeit.

Dabei sind Politiker und Behördenmitglieder eigentlich Transferempfänger. Sie erhalten fette Entgelte, ohne im Hamsterrad der Wirtschaft stecken zu müssen. Sie dominieren die Politik und die Entscheidungsgremien der Gesellschaft – und dies mit einer eklatanten Überrepräsentierung. «Normale» Leute aus der Wirtschaft scheinen leider weder über Zeit noch Interesse zu verfügen, hier mitzumachen. Letztlich erfolgt so eine Umverteilung durch Vertreter der Gesellschaft, die sie gar nicht vertreten. Diese Nomenklatur der Behörden- und Regierungsvertreter kann sich dabei allerlei Vorteile zuschanzen. Finanziert wird das Spiel durch erhöhte Abgaben und Steuern.

  1. Nun zum 5. Aspekt. Dieser scheint indessen kein Thema zu sein: nämlich die Frage nach der Finanzierung all dieser Spässchen.

Der 5. Punkt reicht auch bis in den Bundesrat: Er gönnte sich kürzlich die Saisonkarte für alle Seilbahnen. Macht über CHF 4’000 pro Kopf für die Bundesregierung. Gleichzeitig werden fleissig Sparprogramme geschnürt. Das eine hat mit dem anderen, rein finanziell, tatsächlich nichts zu tun, denn die Grössenverhältnisse der beiden Vorhaben sind irrelevant. Aber offenbar fehlt es hier am Verständnis und Einfühlungsvermögen unserer Regierungsvertreter. Ob Bundespräsidentin Viola Amherd ihr Jahresticket auf der Piste wohl rausholt? Wie wir wissen, ist der Bundesrat nun zurückgekrebst: Nächstes Jahr muss Viola wieder normale Tageskarten lösen. Jetzt muss sich die Regierung um die Finanzierung von neuen Spässchen wie der 13. AHV-Rente kümmern, welche sie, danke ihres Abseitsstehens, nicht verhindern konnte.

Bleibt Waldmeyer nur Beobachter?

Waldmeyer hat erkannt: Er muss sich vermutlich auf seine Beobachterrolle beschränken. Wenn man intensiv beobachtet, so reflektierte er, wird es vielleicht doch etwas bewirken?

Realistischerweise wird es indessen nicht ausreichen. «Vielleicht sollte ich doch in die Politik gehen», meldete er, nicht zum ersten Mal, gegenüber Charlotte.

«Du wirst nicht gewählt, werden, Max! Du passt nicht rein. Dein Profil ist völlig falsch.»

Stimmt. Charlotte hatte recht.

Waldmeyer erkennt das Problem durchaus. Nur, wie sollte er reagieren? Mit den Füssen abstimmen? Nun gut, man könnte die grossen Städte meiden. Oder auswandern. Aber wohin? Im nahen Ausland sieht es noch schlimmer aus.

Waldmeyers Einstieg in die Politik steht

Am Sonntagmorgen beim Frühstück war wieder einmal die gesamte Familie zugegen: Charlotte, Tochter Lara, Sohn Noa. Aber diesmal war alles ein bisschen anders: Der Frühstückstisch, den Waldmeyer ab 08:00 vorbereitet hatte und an dem sie jetzt, um 11:30, vereint sassen, präsentierte sich anders: Keine Eier, kein Lachs, kein Trockenfleisch, keine Gipfeli. Nur Vollkornbrot, Honig vom Nachbardorf und Müesli. Und Hafermilch. Und Waldmeyer stellte seine Lösung in Sachen Politik vor:

«Ich habe mich entschieden, jetzt doch in die Politik einzusteigen. Ich werde mich allerdings etwas anpassen müssen – dazu möchte ich euer Einverständnis einholen. Dass wir ab sofort vegan leben (bis auf den Honig), habt ihr soeben festgestellt. Es ist wichtig, dass nicht nur ich das vorlebe, sondern mein ganzes Umfeld. Wir werden nämlich sofort alle unter Beobachtung stehen. Ich trage jetzt auch indoor eine Fleecejacke, weil wir weniger heizen. Den Porsche Cayenne werde ich verkaufen, das Lastenrad ist bestellt. Zu Auftritten in der Politik werde ich ein schwarzes Hemd tragen. Und diese Fleecejacke. Wenn es für meine Wahl nicht reicht, werde ich mir ein anderes Genderprofil zulegen. Notfalls ändere ich meinen Vornamen von Max auf Maximilia. Plan B wäre auch eine Änderung des Familiennamens von Waldmeyer in Waldwitsch. Das wäre wesentlich inklusiver. Und dann mische ich den Laden mal von innen auf. Seid ihr damit einverstanden?»

Noa blinzelte, noch von Restalkohol des Vorabends gekennzeichnet, zu Waldmeyer rüber: «Ja Dad, mach doch. Maximilia Waldwitsch, cool.»

Waldmeyer und der Kollaps der UBS

 Es reichte ja schon, dass die CS den Bach runterging. Aber nun auch noch die UBS? Waldmeyers Tagtraum wirkt ziemlich beklemmend, aber er ist doch eindrücklich. Wir zählen das Jahr 2026.

Waldmeyer hatte sich bei seinem letzten runden Geburtstag vorgenommen, möglichst jeden Tag eine Siesta einzulegen. Siestas sind nicht nur die wohl bemerkenswerteste Erfindung einiger südlicher Länder in Europa, sie haben auch den Vorteil, dass man sich, im Halbschlaf de facto, Tagträumen hingeben kann. Tagträume gehen über Selbstgespräche hinaus, welche Waldmeyer zuweilen auch gerne pflegt (er meint, damit ab und zu eine wertvolle Expertenmeinung einzuholen). Tagträume gehen weiter. Man kann deren Inhalte, kurz vor dem Einnicken, zum Beispiel bei der Lektüre der Rezension einer Theatervorstellung, etwas beeinflussen. Zumindest die Richtung vorgeben.

Eine Warnung vorab

Das folgende düstere Szenario kann vielleicht verstörend wirken. Bitte nur weiterlesen, wer glaubt, über starke Nerven zu verfügen. Und noch was: Waldmeyer denkt überhaupt nicht, dass sich die UBS-Zukunft tatsächlich so entwickeln wird. Es ist wirklich nur ein Traum.

Waldmeyer blendet zurück

Waldmeyer wählte für seinen Tagtraum den Monat März im Jahr 2026 nicht zufällig. Die UBS-Geschichte begann im März 2023 ja blendend. Wie wir wissen, verscherbelte Karin Keller-Sutter damals übers Wochenende, mit stummem Sukkurs des Gesamtbundesrates und des Notenbankchefs, die serbelnde Credit Suisse für peinliche drei Milliarden Franken an die UBS. Alle anderen Optionen wurden in den Wind geschlagen. Vor allem durfte keine ausländische Bank zum Zug kommen, nicht mal für Teile der CS. Der Verwaltungsratspräsident der UBS, Colm Kelleher, ein ausgebuffter Verhandlungsprofi, rieb sich die Hände, und sein Buddy Sergio Ermotti klopfte sich an jenem Sonntagabend auf die Schenkel – sollte er doch nur Wochen später als künftiger CEO vordergründig überraschend aus dem Hut gezogen werden. Grosse Finanzinstitute (wie J.P. Morgan oder Goldman Sachs) hatten den tatsächlichen Wert der CS auf 40 bis 80 Milliarden geschätzt. Wir kennen den traurigen zweiten Teil der Geschichte: Die CS-Aktionäre erlitten fast einen Totalverlust, und Tausende von Arbeitsplätzen der CS sollten im Rahmen der Fusion mit der UBS verloren gehen. Die einzige Gewinnerin bei diesem traurigen Schwank war die UBS – und deren Topmanagement, natürlich.

 

Die Schweiz unter grossem Druck

Aber zurück zu Waldmeyers Tagtraum betreffend März 2026: Die Schweiz geriet zu jenem Zeitpunkt unter massiven politischen Druck. Die vorgespielte «Neutralität» der Schweiz in Sachen Ukraine löste in der ganzen westlichen Welt immer mehr Unverständnis aus. Die Hamas wurde von der Schweiz immer noch nicht als Terrororganisation bezeichnet, die Schweiz schickte immer noch Geld nach Palästina, mit welchem unter anderem Schulbücher finanziert wurden, welche die Vernichtung Israels propagierten. Und es gab gleich drei neue Bankenskandale in den USA, in welche die UBS seit Jahren verwickelt war. Als dann noch ein grosser internationaler Schmuggel mit von Russland gestohlenem Getreide aufflog, der seit Jahren über die Schweiz abgewickelt wurde, geriet das Fass zum Überlaufen.

Präsident Trump kümmerte sich inzwischen nicht nur um den autokratischen Umbau des Politsystems in den USA – er hatte sich nun auch auf die Schweiz eingeschossen: Er verbot unter Sanktionsandrohungen allen Firmen die Zusammenarbeit mit der Schweizer Wirtschaft. Worauf unser Onkologe aus dem Tessin (Aussenminister Cassis) in jenem März mit dem kleinen Bundesratsjet sehr viel in der Welt herumreiste und das Feuer zu löschen versuchte. Vergeblich.

Zu allem noch die Vogelgrippe

Zu allem grassierte ja ab Herbst 2025 die Vogelgrippe. Impfgegner skandierten auf dem Bundesplatz. Diesmal gab es Masken, aber die SVP stellte deren Wirkung in Frage, und die Leute hatten einfach keine Lust, die Covid-Spiele von früher nochmals durchzuspielen. Das sind natürlich, sozial gesehen, schwierige Situationen, zumal Elisabeth Baume-Schneider diesmal im BAG am Drücker war. Sie hatte sich allerdings schon frühzeitig ins Homeoffice in den Jura zu ihren Schwarznasenschafen abgesetzt und korrespondierte mit ihren MitarbeiterInnen im BAG per Fax. Ansonsten war sie nicht erreichbar.

Die SNB hatte sich verspekuliert

Zu allem Übel hatte sich nun auch noch die SNB, die Schweizerische Nationalbank, inzwischen gendergerecht geführt, verspekuliert, und plötzlich verlor der Schweizerfranken massiv an Wert. Das bescherte der SNB zwar fette Buchgewinne, hatte sie doch über die letzten Jahre weiter wild USD, Euro und Pfund gekauft, auch Yen, Renminbi und einen besonders grossen Stock an Indischen Rupien.

Die Implosion des CHF führte nun zu einer galoppierenden Inflation in der Schweiz. Wir müssen ja eigentlich alle Güter importieren – ausser Uhren und etwas Chemie, welche vor allem in den Export gelangen. Zur Erntezeit können wir zwar die Aprikosen aus dem Wallis kaufen (dann werden Importe verhindert), auch den Féchy, nur beispielsweise, können wir direkt aus der Waadt ordern – mithin alles kein Import. Aber in der Regel führen wir die meisten lebenswichtigen Güter ein. Mit einem Schweizerfranken, dessen Wert nun plötzlich gegen den Erdmittelpunkt raste, explodierten natürlich die Preise der Importe. So erklärte sich dann diese missliche galoppierende Inflationslage in der Schweiz. Martin Schlegel, der neue Chef der Nationalbank, musste Gegensteuer geben und erhöhte den Referenzzinsatz auf 15.5%.

Himalyamässige Verluste bei der UBS

Niemand hatte mit all dem gerechnet. Vor allem auch die UBS nicht. Ihre Hedgefund-Manager und auch die Analysten hatten haargenau auf das Gegenteil gesetzt. Die Buchverluste türmten sich plötzlich himalayamässig auf. Der Verlust in das Vertrauen der Bank erfolgte über Nacht, und der Bankrun setzte ein.

Waldmeyer wusste – ja, auch im Tagtraum -, dass ein Bankrun heute nicht mehr analog in den Schalterhallen stattfindet. Er findet digital via PCs und Smartphones statt. Tausende, ja Millionen von Kunden ziehen plötzlich die Gelder ab. Binnen Stunden. Das ist gemein, findet aber statt.

Karin Keller-Suter versuchte noch übers Wochenende, für die Refinanzierung der UBS mit der Migros-Bank eine Lösung zu finden. Der Notenbankchef war diesmal gar nicht erst zu erreichen, er war in Zermatt auf der Skipiste. Die Optimierung der Work-Life-Balance hatte auch ihn eingeholt.

Karin allein zu Hause

Wie wir wissen, ist die UBS einfach too big to fail. Ihre Bilanzsumme betrug schon 2023 deutlich mehr als das BIP der Schweiz. 2026 war sie auf das 1.6-Fache angestiegen; ein ähnlicher Wert wies jetzt auch die Bilanzsumme der Nationalbank auf – also fast das Doppelte der gesamten Schweizer Wirtschaftsleistung. Das alles war nicht hilfreich.

Wenn so eine aufgeblähte Bank (wie die UBS) die Segel streicht, ist ein Land in «deep shit». Es darf einfach nicht passieren. Aber Martin Schlegel war in Zermatt. Und Karin allein zu Hause – bzw. im Bundeshaus. Sie hatte ihr dunkelstes Akris-Kostüm angezogen und wartete. Es war nicht wie im März 2023, als alle Bundesräte antrabten an jenem Wochenende und das Fait accompli von Karin abnickten. Sie kamen diesmal gar nicht. Ignazio Cassis war noch an einem Hearing vor dem Kongress in den USA und wurde dort gegrillt, Guy Parmelin kontrollierte seine Reben in der Waadt, Viola Amherd war im Ausverkauf in Brig-Glis (der neue Frühlings-Outfit stand an). Beat Jans war immer noch am Akteneinlesen, zu Hause in Basel, zusammen mit diesen vertrackten Dokumenten aus dem Justizdepartement. Albert Rösti war auf einer Wanderung (er wollte Locations für Windräder spotten, die niemand wollte). Und Baume-Schneider, wie wir wissen, war bei ihren Schwarznasenschafen.

Die SVP sprach inzwischen von einer Verschwörung des Auslandes gegen die Schweiz und verlangte die Sperrung des Gotthardtunnels. Jetzt herrschte echte Krise.

Hildebrand rettet die Schweiz

Karin also allein. In diesen schwierigen Momenten muss man auch mal einsame Entscheide fällen. Dafür wurde man gewählt. Die Schweiz entscheidet in der Regel nie, ausser mit Notrecht. Dann aber relativ willkürlich und sofort.

Da kam Karin Keller-Sutter der Anruf aus den USA, von Hildebrand, Ex-Notenbankchef, heute Vice-President von Blackrock, des grössten Vermögensverwalters der Welt, gerade recht: «Karin, wir (Anm. der Redaktion: Blackrock)machen das schon. Wir übernehmen alle Assets dieser Bank. Das ist im internationalen Interesse. Allerdings können wir das ganze Aktienkapital nur für einen Franken übernehmen. Den Hauptsitz müssten wir zudem in die Staaten verlegen, du verstehst schon. Und bilanzieren werden wir künftig in USD.»

Karin fiel ein Stein vom Herzen. Sie schlug ein. Der Deal hätte nicht besser sein können. Gleichentags noch schloss die UBS alle ihre online Portale. Die Schalter auch. Endlich herrschte Ruhe.

Waldmeyer wachte schweissgebadet auf. So eine Siesta kann tatsächlich anstrengend sein.

Waldmeyer plant die Osterweiterung

1992 versenkte die Schweiz ihren EWR-Beitritt. Das war ziemlich dumm. Liechtenstein beispielsweise ist seit 30 Jahren ohne Probleme im EWR und muss sich nicht mit lästigen Verhandlungen in Brüssel herumschlagen. Waldmeyer möchte nun den EWR wiederbeleben. Aber er plant noch Grösseres.

Heute sind Norwegen, Island und Liechtenstein im EWR. Diese drei EFTA-Staaten gehören zur grossen wirtschaftlichen Freihandelszone mit der EU. Die Schweiz (das vierte EFTA-Mitglied) fehlt. Die anderen drei Länder profitieren von einem fast uneingeschränkten Warenverkehr und weiteren Vorteilen – und dies, ohne dass sie bei den EU-Zwängereien mitmachen müssen. Aus heutiger Sicht wäre ein EWR-Beitritt, welcher 1992 abgelehnt wurde, ideal gewesen.

 Kein norwegischer Christoph Blocher

Es gab in diesen drei Staaten weder einen isländischen noch einen norwegischen, geschweige denn einen liechtensteinischen Christoph Blocher, der den EWR-Beitritt aus rein populistischen Gründen bodigen konnte.

Waldmeyer fragte sich, was sich denn, beispielsweise in Liechtenstein, negativ verändert hat seit dem EWR-Beitritt 1995. Nun, nichts. Oder haben wir jemals Klagen aus dem EWR-Land Norwegen gehört, mithin ein äusserst erfolgreiches und unabhängiges Land? Nein. Die Schweiz indessen muss nun seit 30 Jahren mühsam um allerlei Details mit der EU streiten.

Grossmannssucht der EU

Die EU möchte lieber «richtig» expandieren, mit neuen Staaten. So mit Montenegro, Serbien oder Kosovo. Oder mit der Ukraine und Moldawien (das Armenhaus Europas). Und zwar nicht in EWR-Manier, sondern richtig, also EU-mässig. Da spielen geostrategische Überlegungen mit, denn ein solches Vorhaben macht weder wirtschaftlich noch gesellschaftlich Sinn. Dieser Plan scheint einerseits brisante taktische Gründe zu haben, so um eine Front gegen die invasiven Spiele Russlands aufzubauen. Andererseits ist es nichts anderes als Grossmannssucht von europäischen Politikern.

Dabei sollte doch in erster Linie nur eines zählen: die Schaffung eines prosperierenden Wirtschaftsraums, wo möglichst hindernisfrei Waren und Dienstleistungen ausgetauscht werden können und – mit gewissen Auflagen – Personen und Kapital sich einigermassen frei bewegen können. Also EWR, eben ein «Europäischer Wirtschaftraum». Diese vertiefte Freihandelszone des EWR schliesst eine Vielzahl von praktischen wirtschaftlichen Harmonisierungen ein. Waldmeyer meint: Eine weitere gesellschaftliche und politische Vereinheitlichung, die über einen EWR-Modus hinausgeht (also ein EU-Beitritt von diesen zum Teil merkwürdigen Trabantenländern), ist nicht zielführend.

Waldmeyer plant die EWR-Osterweiterung

Ja, der EWR wäre die Lösung gewesen! Aber sie scheint nun vom Tisch zu sein, denn die EU möchte die EWR-Option für die Schweiz nicht weiterverfolgen.

Waldmeyer durchtrennt nun diesen gordischen Knoten: Falls die Schweiz nicht allein wäre als EWR-Beitrittsland, sondern eines unter vielen, sähe es wohl anders aus. Waldmeyer schlägt deshalb vor, eine ganze Anzahl von EU-nominierten (oder noch nicht nominierten) Länder im Osten in einem EWR-Gürtel zusammenzufassen. Damit könnte verhindert werden, dass diese der EU beitreten müssten oder dürften. Also back to the roots: Es könnte ein noch grösserer Wirtschaftsraum geschaffen werden, ein ökonomisches Bollwerk gegen Osten, welches sich prosperierend entwickeln könnte, ohne politische und gesellschaftliche Vereinheitlichung. Es war so oder so immer illusorisch, für einen Sizilianer die gleichen Regeln wie für einen Dänen aufzustellen. Einen Albaner oder Kosovaren so zu kalibrieren, dass er in eine EU-Denke passt, würde noch aussichtsloser sein. Aber warum nicht wirtschaftlich enger zusammenarbeiten, Waren auszutauschen, zu investieren in den Ländern? Und das andere sein lassen. Das würde in der Tat Sinn machen.

Der neue EWR-Gürtel Waldmeyers

Waldmeyers EWR-Gürtel würde dann nicht nur alle Ex-Jugoslawienländer umfassen, die heute noch nicht in der EU sind. Auch Albanien, Moldawien, die Ukraine oder Georgien könnten dazukommen. Die Türkei könnte ebenso aufgenommen werden. Normen würden vereinheitlicht, gemeinsame Vorschriften würden die Qualität der Waren verbessern, Zölle gesenkt, das Warenangebot vergrössert, der Zahlungs- und Kapitalverkehr verbessert werden und vieles mehr. Grossbritannien würden wir formell auch reinnehmen, es gehört nach dem EU-Austritt de facto eh zum europäischen Wirtschaftsraum.

 Die EU hat Grosses vor

Was spricht gegen Waldmeyers Befreiungsschlag? Nun, z.B. die Pläne der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, ehemalige Kinderärztin, sehen Grösseres vor. Die EU-Kommission schliesst beispielsweise nicht aus, Bosnien und Herzegowina oder Serbien dereinst einen EU-Beitrittskandidatenstatus zu verleihen. Aber warum diese absurden Pläne? Unsere Kinderärztin befindet sich in einem Erklärungsnotstand – gibt aber keine Antworten diesbezüglich.

Waldmeyer und die «Shithole-Countries»

Waldmeyer hatte das Vergnügen, im Sommer 2023 eine längere Balkanreise zu unternehmen. Mit einem ausgedehnten Roadtrip bereiste er, vielleicht ein wenig voyeurhaft, alle diese merkwürdigen Länder Ex-Jugoslawiens, auch Albanien und alle weiteren Länder der Region. Ja, alle. Der bescheidene Level dieser Länder und die Kulturfremde waren mit Händen zu greifen. Der Ausdruck «Shithole-Country» mag nicht sehr flattierend sein, aber für gewisse Länder scheint er, so in Waldmeyers durchaus objektiver Wahrnehmung, tatsächlich zuzutreffen: So für Nordmazedonien, Bosnien und Herzegowina oder Albanien etwa. Insbesondere die muslimisch geprägten Staaten Osteuropas scheinen, so seine vorsichtige Empfindung vor Ort, zum Teil wenig mit Europa zu tun haben. Entweder handelt es sich um Drogendrehscheiben (Albanien und Kosovo), um stark männerdominierte Macho-Länder (Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien), um Länder mit seltsamen politischen Ausrichtungen und komischem Rechtsverständnis (Türkei, Serbien) oder um sehr korrupte Staaten (eigentlich alle). Dass solche Länder zu unserer Wertegemeinschaft gehören könnten, ist mehr als fragwürdig.

Der Schweiz ist das alles nicht egal

Für die oben gennannten Länder eine Mitgliedschaft in der EU anzudenken, kommt einem sehr abenteuerlichen Plan gleich. Aber vielleicht könnte das der Schweiz egal sein? Nein, ist es nicht. Denn wir schliessen Verträge mit der gesamten EU ab, wer immer auch dazugehört. Und wir müssen Kohäsions-Milliarden abdrücken, die künftig gerade diesen zurückgebliebenen und störrischen Ländern zugutekommen werden.

Dass die Schweiz an den Aktivitäten in diesem europäischen Club nur als Trittbrettfahrerin teilnimmt, ist tatsächlich eine Sonderkonstellation. Aber trotzdem gehört Helvetien zu Europa. Das Ländchen assoziiert sich mit den verschiedensten Europa-Institutionen. Und dann kommt eben diese «Werteteilung» dazu. Viele Länder in Osteuropa verfolgen indessen ein davon abweichendes Programm. Aber das schliesst nicht aus, dass wir uns, in einem EWR, wirtschaftlich besser mit ihnen austauschen könnten!

Wer definiert, was zu Europa gehört?

Bis wo reicht denn Europa? Geografisch, wie wir wissen, bis zum Ural. Weiter südlich indessen wird die Sache unklar. Die Türkei liegt bekanntlich sowohl in Europa als auch in Asien, denn der Bosporus teilt Istanbul auf zwei Kontinente auf. Und wohin gehört Georgien? Hier wird es kniffelig, man spricht mitunter vom «Balkon Europas», welcher dummerweise eher in Asien liegt.

Je nach Zählweise gehören ca. 47 Länder zu Europa. Da sind auch Russland und Weissrussland dabei. Für unser Vorhaben müssten wir deshalb Europa etwas einengen – wir sollten nicht einem geografischen Kadavergehorsam unterliegen, denn mit den beiden russischen Kriegsgurgel-Ländern möchten wir nichts zu tun haben.

«Europa» kann grosszügig definiert werden

Deshalb dürften wir auch, mit unserer etwas grosszügigen Auslegung der politischen, sozialen und geografischen Europagrenzen, immerhin auch Georgien, Armenien oder Aserbeidschan zu unserem wirtschaftlichen Europa zählen. Letzteres Land hat sehr schöne Erdölreserven, das wäre also gar nicht dumm. Die Länder gehören geografisch eh schon zu «Eurasien». Sie betrachten sich ausserdem (so die Armenier etwa) eher als Europäer.

Zudem ist sogar die streng europäisch auftretende EU heute geografisch bereits in anderen Kontinenten präsent: Die Azoren gehören zu Portugal, liegen aber teilweise auf der nordamerikanischen Kontinentalplatte. Das merkwürdigerweise zur EU zählende Französisch-Guyana liegt sogar in Südamerika, und die spanischen Kanaren gehören zu Afrika. Die europäische Ostgrenze ein bisschen Richtung Asien zu verschieben liesse sich also durchaus rechtfertigen.

Waldmeyers Plan

Doch was machen wir nun mit der Schweiz? Waldmeyer hat eine klare Vorstellung: Die Schweiz sollte alle diese europäischen Restländer zusammentrommeln und sie in einem neuen Club der «EWR-Freunde» vereinen. Und dann der Kinderärztin die Idee mit der neuen EWR-Osterweiterung schmackhaft machen. Der Europäischen Union würden wir damit nur helfen, denn so müssten, beispielsweise, diese renitenten Serben gar nie EU-Beitrittskandidaten werden, auch Bosnien, Georgien oder die Moldau nicht. Die Schweiz, als Sahnehäubchen, wäre bei den EWR-Freunden selbstredend vorne mit dabei. Und unser grosser Vorteil: Wir müssten nicht weiter mit der EU über komische Sonderabkommen verhandeln, die in unserem Land eh nur populistisch von allen Seiten torpediert werden.

Leider fehlt der Gruppenchef

Natürlich müsste jemand diese neue EWR-Gruppe anführen. Waldmeyer kann sich aus Zeitgründen leider nicht zur Verfügung stellen, zudem müsste es schon ein Bundesrat sein. Eigentlich würde dieser Plan ins Departement unseres ehemaligen Winzers fallen, Guy Parmelin. Waldmeyer ist sich nicht sicher, ob dieser als polyglotter Chairman in Frage kommen könnte. Vielleicht sollten wir unseren Aussenminister schicken? Nur: Unser Arzt aus dem Tessin, Ignazio Cassis, würde vielleicht ebenso wenig über das nötige Rüstzeug verfügen. Haben wir denn tatsächlich niemanden, der dieser Aufgabe gewachsen wäre und staatsmännisch auftreten und verhandeln könnte? Waldmeyer stellte fest: Nein, es gibt niemanden. Wir tun uns ja schon schwer, mit der Kinderärztin ein neues helvetisches Verträglein auszuhandeln. Schade, das Projekt hätte Waldmeyer gefallen.

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