Regierungsversagen in der Krise

Interview mit Dr. Rebecka Carpenter

„Der Fisch stinkt vom Kopf.“ 

True Economics: Rebecka, wird es in unserem Gespräch heute schon wieder Bundesrats-Bashing geben?

Rebecka Carpenter: Ja. Leider. So lange wohl, bis die Spitze der Regierung – und das ist nun mal der Bundesrat – konsequent durch die Krise führt und lernt. 

TE: Andere Staaten haben es jedoch auch nicht besser gemacht.

RC: Da muss ich allerdings widersprechen. Deutschland oder Dänemark haben die Fallzahlen ziemlich gut im Griff, ohne das ganze Leben runterzufahren. Über die Beispiele Südkorea oder Taiwan haben wir früher schon gesprochen – die haben das ohne Lockdown hingekriegt. Als eines der reichsten und hochentwickeltsten Länder der Welt könnte man von unserem Bundesrat schon erwarten, dass er zumindest in den letzten Monaten und Wochen gelernt hat. Wir alle haben ja inzwischen ebenso dazugelernt, auch epidemiologisch. Wir wissen heute, dass wir die Krisenherde erfassen müssen – diese sind nämlich ziemlich gut zu orten. Weder komplette Lockdowns sind dazu notwendig, noch Laisser-faire.

TE: In der Tat steht heute die Schweiz weltweit an vierter oder fünfter Stelle mit den Corona-Fallzahlen, seit gestern vielleicht noch weiter oben. Auf Deutschland hochgerechnet, würden das bald 100‘000 Fallzahlen pro Tag bedeuten. Deutschland würde sich wohl in einem kompletten Lockdown befinden in einer solchen Situation.

RC: Unsere Situation ist mehr als peinlich. Wir stehen international ziemlich angezählt da. Proportional zur Bevölkerung haben wir mit unseren Infektionen sämtliche grossen europäischen Länder überholt, die täglichen Infektionen liegen sogar viermal höher als in den USA. Der Bundesrat hat vor allem zugewartet und nichts getan – und das Momentum verpasst. Nun bezahlen wir die Rechnung, indem es wieder zu Lockdown-ähnlichen Massnahmen kommt und wir, unter anderem, als Schweizer unsere Reisefreiheit verlieren. Und die touristische Erholung können wir ebenso vergessen. Im Vordergrund steht nicht einmal ein akutes medizinisches Problem, sondern ein volkswirtschaftliches. Denn die neuen und künftig vielleicht noch härteren Einschränkungen sind teuer. Letztlich beruht die heutige Situation auf einem klaren Regierungsversagen.

TE: Einen Schlussrang unter den entwickelten Ländern belegt die Schweiz gleichzeitig in Sachen Testing. 

RC: Davor haben nicht nur Epidemiologen schon lange gewarnt, die Regierung hat aber bis heute nicht reagiert. Nur hohe Testraten führen zu Übersicht. Auch Random-Testing (also in repräsentativen Stichproben) hätte schon früher helfen können, Hotspots zu erkennen. Risikogebiete und Infizierte werden mit unseren mageren Testmethoden nur mit grosser Verzögerung entdeckt. Seit Monaten hätten wir in genügenden Mengen Testmaterial einkaufen und die Test-Organisation bereitstellen können. Noch heute jedoch gibt es jedoch keine Drive-Throughs, das Testen ist mühsam und teuer, die Labors sind überlastet. Kommt hinzu, dass die Behörden mit dem Tracing an vielen Orten bereits heillos überfordert sind. Es funktioniert eben nicht, wenn man sich als Regierung feige hinter föderalen Systemen versteckt und nichts tut. In einer Krise müsste der Bundesrat die Führung übernehmen – oder, falls er überfordert ist – einen professionellen Krisenstab mit Kompetenzen  einberufen.

TE: Unser Regierungssystem ist also schuld an der Misere?

RC: Nein. Wir haben wohl immer noch eines der besten Regierungssysteme der Welt. Ein starker Staat (wie in Spanien oder in Frankreich) mit ebenso starkem Durchgriffsrecht verhindert offenbar nicht, dass auch ein solches Land die Krise à priori nur mangelhaft managt. Ein schlanker Staatsapparat – wie in der Schweiz – ist organisationsmässig in der Tat etwas schlechter aufgestellt für Krisen. Wir haben eben eine Schönwetter-Regierung, welche uns zwar gute Rahmenbedingungen für das wirtschaftliche und soziale Leben garantiert. Aber diese Regierung eignet sich offenbar nicht für die Schlechtwetterperiode. Letztlich wäre es allerdings nur eine Managementaufgabe, in einer plötzlichen Krise zumindest zu führen. Oder mangels Fähigkeiten wenigsten die demütige Erkenntnis zu haben, einen Führungsstab einzusetzen. Diese Entscheide lassen sich auch in einem schlanken Staat treffen. Offenbar haben wir nicht die richtigen Leute an der Spitze – der Fisch stinkt eben vom Kopf. 

TE: Unser föderales System eignet sich wohl nicht für Krisen.

RC: Richtig – es ist überfordert. Wie soll Appenzell Innerhoden mit einer Bevölkerungszahl von 16‘000 ein kantonales Corona-Krisenmanagement übernehmen? Schwamendingen hat fast doppelt so viele Einwohner. Sie als Journalist verstehen vielleicht ebenso viel von Covid-19 und Krisenführung wie die Appenzeller Regierung. Das Versagen liegt jedoch nicht in Appenzell, sondern beim Bundesrat, welcher dieses Tun zugelassen hat. Immer unter dem Deckmantel des unabdingbaren Föderalismus. Das Versagen liegt gerade darin, dass nicht erkannt wird, dass eine Pandemie unmöglich auf kantonaler Ebene bekämpft werden kann. Der Bundesrat wird oft entschuldigt, dass er „das nicht darf“. Das ist nicht richtig: Führen darf man immer. Man muss es einfach gut und überzeugt tun.

TE: Sie erwähnten vorhin, dass wir nun vielleicht „das Momentum verpasst haben“.

RC: Wir werden nicht untergehen. Aber wir haben wertvolle Zeit verloren. Die Spitaleintritte nehmen exponentiell zu, die Intensivbetten füllen sich. Letztlich geht es einzig darum, das Gesundheitssystem nicht zu überfordern. Hätten wir früher geeignete Methoden ergriffen, hätten wir heute eine weniger brenzlige Lage. Mit geringsten Einschränkungen hätten wir schon vor Wochen eine maximale Wirkung erzielen können: nämlich mit einer Ausweitung der Maskentragpflicht, mit starken Versammlungsbeschränkungen, Verzicht auf Sportanlässe und andere Events, Schliessung von Clubs, Bars und ähnlichen Etablissements – ganz klar auch mit einer Beschränkung von privaten Feiern. Also mit ähnlichen Vorschriften, die gerade jetzt erlassen werden, wenn auch nicht konsequent. Das wären schon früher Massnahmen mit akzeptablen Verzichten und hinnehmbaren Kosten gewesen. Die heutige Situation erfordert nun härtere Massnahmen. Insofern haben wir das Momentum verpasst und müssen dafür büssen.

TE: Die Regierung wird offenbar jedoch kaum kritisiert, auch in den Medien nicht.

RC: Das wird noch kommen. Die Medien halten sich in der Tat sehr zurück. Wichtige Sprachrohre (z.B. SRF oder die NZZ) erfüllen damit aber ihre neutrale Informationspflicht nicht. Sie sollten kritischer sein. Letztlich wird die Glaubwürdigkeit der Regierung jedoch schwinden: Wie soll dem Bürger erklärt werden, warum Masken im März nichts genützt haben, diese jetzt aber sogar im Freien getragen werden sollen? Wieso in Museen Maskentragpflicht herrschte, bis vor kurzem aber die Clubs offen waren und man dort nicht einmal Masken tragen musste – man musste sich nur hinsetzen! Jodlerfeste, grosse Hochzeitsfeiern und selbst geriatrische Clubausfahrten waren in einem Kanton erlaubt, im anderen herrschte eine relativ strenge Versammlungsbeschränkung. Dies bei vergleichbaren Fallzahlen – als ob das Virus kantonale Mutationen aufweisen würde. Und heute braucht es plötzlich vorverlegte Polizeistunden, um nicht eine unkontrollierte Lage zu riskieren. Dies aber erst mal nicht sehr streng – im Sinne eines austarierten Kompromisses, der zwischen dem Bundesrat und den Kantonen in tagelangen Sitzungen getroffen wurde.

TE: Rebecka, früher waren Sie gegen den Lockdown, heute für stärkere Einschränkungen. Haben Sie ihre Meinung geändert?

RC: Nein, ganz und gar nicht! Im Frühling war ich gegen einen flächendeckenden Lockdown des ganzen Detailhandels. Weil es nichts bringt, wenn insbesondere niederfrequentierte Läden geschlossen bleiben, hochfrequentierte (wie Supermärkte) jedoch offen sind. Die Erfahrung zeigt uns heute auch, dass man sich in der Boutique oder im Baumarkt kaum ansteckt – nicht einmal im Supermarkt. Maskenschutz, Distanz und Hygiene reichen. Heute vertrete ich alle Einschränkungen, um die Nahkontakte zu reduzieren. Das ist am wirksamsten – und hätte eben schon früher dringend erfolgen sollen. Aber auch heute sieht der getroffene Massnahmen-Kompromiss ziemlich lendenlahm aus – so sind grössere Veranstaltungen immer noch möglich, private Feiern ebenso, wenn auch mit maximal 10 Personen. Das sind alles eben unnötige und wenig mutige Kompromisse, mit reduzierter Effektivität.

TE: Wovor haben Sie Angst, Rebecka?

RC: Einerseits habe ich grossen Respekt vor den wirtschaftlichen Folgen dieses Regierungsversagens – weniger vor den medizinischen Folgen. Diese werden wir wohl einigermassen in den Griff bekommen. Angst habe ich allerdings vor einer richtigen Krise. So zum Beispiel vor einer Strommangel-Lage – bekanntlich das Krisenszenario (laut unserer Regierung) mit der höchsten Eintretens-Wahrscheinlichkeit. Abgesehen davon, dass wir auf eine solche Krise ebenso wenig vorbereitet sind wie wir es auf die Pandemie waren: Man stelle sich vor, unsere Regierung müsste eine solche Krise managen! Unser Bundesrat hat den Beweis erbracht, dass er in einer Krise nicht führen kann. Im Falle einer echten Krise hätte das fatale Folgen. 

TE: Was heisst das für Sie?

RC: Sollten wir es nicht schaffen, künftig fähigere und krisenerprobte Führungspersönlichkeiten im Bundesrat zu haben, müssten wir ihm im Falle einer Krise das Heft sofort aus der Hand nehmen! Natürlich denke ich hier nicht an einen Armeeputsch (RC lacht). Aber die Stäbe der Armee z.B. würden unser Land mit Bestimmtheit besser durch die Krise führen. Wir müssten jedoch schon heute, demokratisch abgesichert, eine solches Führungs-Szenario im Hinblick auf Krisen vorbereiten.

10 Kapitalfehler unserer Regierung im Umgang mit Corona

Die anfängliche Zustimmung von Politik und Bevölkerung zur Regierung in Sachen Corona Krisen-Management ist heute grosser Skepsis gewichen. Berechtigt, denn die Regierung zeigt sich zusehends überfordert. Die Corona Fallzahlen liegen in der Schweiz heute auf dem Level der USA, von Frankreich oder Spanien – proportional auf 100‘000 Einwohner gerechnet. Unsere Zahlen in der Schweiz werden, nebst allfälligen medizinischen Risiken, zu weiteren Beschränkungen in unserem sozialen Leben führen, vor allem auch zu Reisebeschränkungen. Im Rückblick sind 10 Kapitalfehler auszumachen, welche unsere Regierung zum Teil sehenden Auges begangen hat – oder immer noch begeht.

Die steigenden Fallzahlen in der Schweiz bringen unser Land in eine neue Misere: Die zweite Welle wird neue hohe volkswirtschaftliche Kosten auslösen und zu Einschränkungen in unserem täglichen Leben führen. Unser Land wird zurzeit von vielen Staaten als neuer „Krisenherd“ definiert, was unsere Reisefreiheit einschränkt. Dabei geht es selbstredend nicht nur um die Einschränkung von touristischen Reisen – ökonomisch schädlicher sind die ausfallenden Geschäftsreisen. Zoom alleine vermag das nicht zu kompensieren.

Dass viele andere Länder ihr Krisen-Management auch nicht im Griff haben, mag ein Trost sein. Aber von einem der reichsten und höchst-entwickelten Staaten der Welt dürften wir nun mal weniger Fehler bei einer Krisenbewältigung erwarten. Die Bilanz fällt leider ernüchternd aus:  Unsere Regierung hat einige Kapitalfehler begangen.

Kapitalfehler Nummer 1: Die Maskenlüge

Der Fauxpas ist bekannt: Mangels Masken wurden diese zu Beginn der Krise kurzerhand als unwirksam bezeichnet. Die Erfahrung vieler asiatischer Länder zum Beispiel zählte nicht. Viel schlimmer jedoch wiegt, dass der Fehler erst jetzt (nach bald acht Monaten!) durch den Bundesrat halbwegs korrigiert. Die weltweite Erkenntnis, dass Masken die Virusverbreitung eindämmen, ist offenbar erst heute bei der Regierung angekommen. Niemand trägt gerne Masken – klar. Aber wenn sich mit dieser Komforteinbusse grössere volkswirtschaftliche Schäden verhindern lassen, sind sie nützlich. 

Kapitalfehler Nummer 2: Ungenügende Vorbereitung der Infrastruktur

Die Eintretens-Wahrscheinlichkeiten für grosse Krisen sind dem Bundesrat seit Jahren bekannt: Die Gefahr heute geht nicht vom Russen aus, welcher den Rhein überschreitet. Krise Nummer 1 stellt eine Strom-Mangellage dar, Nummer 2 eine Pandemie. Trotzdem traf uns die Corona-Pandemie ziemlich unvorbereitet – dies sowohl in Sachen medizinischer Ausrüstung und Infrastruktur als auch führungsmässig. Ein professioneller nationaler Krisenstab glänzt bis heute durch Abwesenheit. 10 Milliarden CHF flossen bisher jährlich in die Armee – für ein Krisenszenario, welches in klassischer Form gar nicht mehr existiert. Ein paar spärliche Millionen nur wurden für andere Krisenvorbereitungen ausgegeben. Ein virtuelles Durchspielen eine Pandemiekrise, Training in Führungsstäben und richtige materielle Vorbereitung hätten nicht alle Welt gekostet. Die verpasste Umsetzung eines ziemlich wahrscheinlichen Krisen-Szenarios stellt  ein Versagen der Regierung dar, und zwar sowohl in politischer, als auch in managementmässiger Hinsicht. 

Lockdowns und andere Massnahmen sind Killer für die Wirtschaft. Eine bessere Pandemie-Vorbereitung hätte wohl zu zielführenderen Entscheidungen geführt.

Kapitalfehler Nummer 3: Unnötiger weitgehender Lockdown

Mit Social Distancing, Maske, Hygiene erreicht man mehr, als mit einem flächenweiten Zusperren von Läden. Das hätte man schon im Frühjahr erkennen können, hätte man beispielsweise nach Taiwan oder Korea geschaut. Und bei der Wiedereröffnung erfolgten gleich die nächsten Fehler: Erst gingen mal die kleinräumigen Tattoo-Studios mit hohem Risiko von direktem Körperkontakt auf, grosse Verkaufsflächen wie die von Ikea z.B. blieben indes geschlossen. Die ganze Lockdown-Übung kostete letztlich Milliarden und verursachte wesentliche soziale Einschränkungen und Verwerfungen.

Kapitalfehler Nummer 4: Kein Krisen-Management

Bis heute besteht kein nationales professionelles Krisen-Management. Keine Taskforce, welche wirklich führt. Dass Juristen, ein Arzt, ein Winzer, ein Buchhalter, eine Dolmetscherin oder eine Konzertpianistin vielleicht ganz leidliche Bundesräte abgeben können, muss zumindest diskussionswürdig bleiben. Was jedoch evident ist: In krisenerprobte Führungs-Cracks können sie sich unsere sieben Protagonisten nicht verwandeln.

Kapitalfehler Nummer 5: Mangelhafte Kommunikation

Wir erinnern uns: Da sprach mal, in ganz jovialer Art, Bundesrat Berset. Oder Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit BAG, mit leicht morbidem Habitus zwar, aber immerhin bedächtig und Ruhe einflössend. Simonetta Sommaruga spricht bis heute immer noch von „Solidarität“ – ganz im Stil einer Neujahrsansprache. Andere Exponenten, so Vertreter des BAG oder einer ziemlich hilf- und bedeutungslosen „Taskforce“, sprechen parallel und heben – ein bisschen warnend – den Finger. Ein Blick nach Holland oder Österreich zeigt, wie richtig kommuniziert wird: Die Herren Rutte oder Kurz sprechen dort einheitlich, eindringlich und klar. Und vor allem nur sie, und nicht ein halbes Dutzend (zum Teil offensichtlich unbegabte) Politiker. 

Kapitalfehler Nummer 6: Kein Eingreifen beim überforderten BAG

Dass das BAG schon zu Beginn der Krise überfordert war, zeigte sich sehr bald. Dass die kantonalen Fallzahlen per Fax täglich eingereicht werden mussten, ist nur ein Beispiel, wie es um die Management-Fähigkeiten dieses Bundesamtes steht. Noch heute ist bei der Einreise in die Schweiz keine verbreitete Infrastruktur für Covid-19-Tests vorhanden (welche schädliche Quarantänen vermeiden könnte). Bundesämter sind zugegebenermassen per se keine Brutstätten für Wirtschaftsführer, weshalb wir vielleicht etwas nachsichtig sein sollten. Was jedoch schlimmer wiegt: Der Bundesrat greift nicht ein. Der zuständige Jurist Alain Berset liess sein Amt immer gewähren – es erfolgte keine Korrektur. Bis heute nicht.

Kapitalfehler Nummer 7: Falsche Zahleninterpretation

Das BAG – und damit der Bundesrat – veröffentlicht seit Monaten willkürliche Länder-Fallzahlen und leitet daraus Quarantäne-Regeln ab. Island oder Luxemburg z.B. beschlossen, die ganze Bevölkerung flächendeckend zu testen. Mit dem Resultat, dass natürlich viele verdeckte Fälle gefunden werden und die Fallzahlen eines Landes so bedeutend höher zu liegen kommen. Serbien, Russland oder gar Afghanistan, regelrechte Corona-Hotspots, testeten kaum oder deren gemeldete Infektionszahlen waren nicht korrekt. Das BAG jedoch schickte Reisende aus Island und Luxemburg in die Quarantäne, Reisende aus Serbien, Russland oder Afghanistan blieben unbehelligt. Amüsanterweise steht heute Guyana, mit nur mittelmässigen Fallzahlen, auf der Liste (obwohl es kaum mögliche Flugverbindungen in die Schweiz gibt), die Einreise aus dem nahen Lyon, einem Covid-19-Herd, bleibt indessen frei. Letztlich handelt es sich um falsche Zahleninterpretationen, welche nicht nur zu medizinischen, sondern auch zu wirtschaftlichen Schäden führen. Die Einreise von Zürich in den Thurgau müsste konsequenterweise eher mit einer Quarantäne belegt werden, als die Einreise aus den USA, den Emiraten oder dem spanischen Andalusien – deren Fallzahlen liegen heute nämlich tiefer als in der Schweiz!

Und was tut der Bundesrat? Er lässt dieses absurde Tun des BAG einfach gewähren.

Kapitalfehler Nummer 8: Delegation an die Kantone

Wir erinnern uns: Der Bundesrat delegierte die Führung der Corona-Krise an die Kantone, just vor seinem Abschied in die Sommerferien (welcher übrigens in corpore erfolgte, so wie eben jedes Jahr). Die Misere ist bekannt: Jeder Kanton macht, was er will. Hier Masken in leeren Museen, dort keine Masken in der Diskothek. Hier Clubs offen, dort zu, Events und Partys hier möglich, aber dort nicht. Einzelne Kantone schaffen das Contact Tracing nicht mehr – es fehlt am Willen, Wissen oder an Kapazitäten – dabei gäbe es zuhauf Kurzarbeitende aus geeigneten Berufen, welche sich hervorragend für solche Arbeiten eignen würden. Dass eine solche Krise nur national (abgesehen von den internationalen Anforderungen) gemanagt werden kann, ist eigentlich offensichtlich. Auch in Deutschland verfügen die einzelnen Bundesländer über eine föderale Autonomie – aber Bayern oder Baden-Württemberg sind für sich alleine nun mal grösser als die ganze Schweiz. Unser kleinräumiges Land macht sich das Leben schwer, indem es für seine atomistische Struktur ein Wust an gegenteiligen Regeln aufstellt. Das mag für gewisse andere Belange durchgehen, aber nicht für eine Pandemie. Oder mutiert das Virus vielleicht doch an den Kantonsgrenzen?

Kapitalfehler Nummer 9: Falsche Definition der Ausbruchsherde

Nahezu weltweit ist man sich einig: Brandbeschleuniger für die Virus-Verbreitung sind Clubs, Bars, Chöre, Events, Feiern. Und trotzdem – als einziges Land in Europa – liess es die Regierung zu, dass Clubs und Bars offenblieben, Jodelfeste abgehalten und grosse Feiern erlaubt blieben. 

Allein mit sozialen Einschränkungen, welche diese Virenschleudern betreffen, hätte eine zweite Welle des heutigen Ausmasses vielleicht verhindert werden können. Natürlich hätten einige Clubs oder Kinos später nie mehr öffnen können, deren ökonomisches Ende wäre unter Umständen vorprogrammiert gewesen – bedauerlich. Aber es hätte volkswirtschaftlich bedeutend weniger gekostet als die Auswirkungen und Konsequenzen der heutigen hohen Infektionszahlen. Dem politischen Druck von vielen Branchenverbänden scheint sich der Bundesrat nie entgegenstemmen zu wollen. Das Schreckensbild eines „sozialen und kulturellen Kahlschlags“ wird an die Wand gemalt – und die Regierung bricht jeweils ein.

Kapitalfehler Nummer 10: Alles erfolgt zu langsam

Als sich unsere Infektionszahlen in den letzten Tagen täglich nahezu verdoppelten, bequemte sich unser Bundesrat – wohl nach einer sechsmonatigen Corona-Reflektion – zu der Aussage, dass man sich „in den nächsten Wochen“ der Misere annehmen und Entscheide treffen würde. Die Aussage ist leider symptomatisch. Nichtstun kann zum Teil eine weise politische Taktik sein. Aber in einer Krise zeugen sie nur von Führungsschwäche. Raschheit ist jetzt gefragt. Nur aufgrund erhöhtem politischem Druck sah sich unsere Staatsführung genötigt, in den letzten Tagen doch noch ein paar Massnahmen einzuleiten. Doch die Entscheide waren ziemlich lendenlahm: Events sind nach wie vor möglich, Hochzeitsfeiern bis 99 Personen ebenso ohne besondere Vorsichtsmassnahmen, die Clubs bleiben (wenn auch mit Auflagen) offen. Der Kapitalfehler der mangelnden Reaktionszeit und des mangelnden Mutes zieht sich leider wie ein roter Faden weiter durch die Krise. 

Hysterie wäre nun ein schlechter Krisenbegleiter. Zumal wir inzwischen einiges dazugelernt haben, wie sich eine Epidemie einschränken lässt. Die Corona-Malaise wird uns wohl noch einige Zeit begleiten – Zeit genug also, um einen Paradigmawechsel einzuleiten: Unser Land bräuchte eine schlagkräftige Taskforce, welche uns apolitisch durch die Krise führen kann. Und Entscheide aufgrund bekannter Analysen fällt, mit einem konsequenten, zielgerichteten Eindämmen des Virus dort, wo es sich verbreitet. So könnte ein Grossteil unseres sozialen und wirtschaftlichen Lebens ziemlich unbehelligt weitergehen. Und dann warten wir eben auf die Impfung…

Sollten wir von Afghanistan lernen?

INTERVIEW MIT DR. REBECKA CARPENTER

„Vielleicht geht es Corona-mässig so nun einfach weiter.“

True Economics: Rebecka, wir führten unser letztes Interview vor gut drei Monaten. Sie hielten damals mit Ihrer Kritik am Pandemie-Management nicht allzu stark zurück. Wie beurteilen Sie dieses nun heute?

Rebecka Carpenter: Nun, leider besteht immer noch kein professionelles Krisenmanagement. Der Bundesrat hatte die heisse Kartoffel einfach an die Kantone weitergereicht und sich in corpore in den Sommerurlaub abgemeldet. Und das BAG rudert seither hilflos durch die Krise. Der Bundesrat ist inzwischen zwar wieder zurück. Er habe sich kurz „orientieren lassen über die Situation“ – und hat anschliessend ein paar widersprüchliche Informationen abgegeben.

immerhin haben wir inzwischen epidemiologisch einiges dazugelernt – allerdings reagieren wir nicht drauf.

„Die Krisenführung offenbart ein verblüffendes Mass an Inkompetenz.“

Sie hatten den Pandemie-Führungsstab in der Schweiz einmal mit einer Muppet-Show verglichen.

Diesen Vergleich hatte ich zurückgenommen! Was ich damit lediglich zum Ausdruck bringen wollte – und heute sogar noch verstärkt meine: Die Führung ist unkoordiniert und offenbart ein verblüffendes Mass an Inkompetenz. Dabei geht es um die wohl grösste volkswirtschaftliche Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Wir schlingern ziemlich führungslos durch diese Misere, vordergründig gemanagt von subalternen Beamten eines Gesundheitsamtes oder durch kantonale Behörden- oder Regierungsvertreter. Tatsächlich erfolgt jedoch alles ziemlich unkoordiniert. Dabei geht es heute primär gar nicht mehr um die Gesundheit – sondern darum, die Lage volkswirtschaftlich in den Griff zu bekommen.

Ursprünglich attestierten die Bevölkerung und die Medien dem Bundesrat und dem BAG gute Noten, deren Protagonisten galten als besonnen. Nun tritt jedoch zunehmend an die Oberfläche, dass diese Ruhe nur mangelnde Reaktionsfähigkeit, schlechte Kommunikation und Führungsmangel übertüncht. Nochmals: Es fehlt ein professioneller Krisenstab. Aber davon haben wir schon vor Monaten gesprochen.

Nun, eine gewisse Lernkurve ist doch auszumachen!?

Epidemiologisch haben wir, wie gesagt, dazugelernt – klar. Aber nicht, wie wir eine Volkswirtschaft optimal aus dieser Krise führen müssen.

Heute wissen wir immerhin mit einiger Sicherheit, wo die Seuchenherde entstehen. Zumindest europaweit sind drei Hotspots auszumachen, welche für den überwiegenden Teil der Infektionen verantwortlich sind: Es sind die Clubs, Bars und Events (und allenfalls Schulen),  zweitens verarbeitende Betriebe wie Schlachthöfe oder Gemüseverarbeiter und drittens Erntehelfer- oder ähnliche Gastarbeiter-Setups mit problematischen Unterbringungsmöglichkeiten. In der Schweiz sind die beiden letzten Herde eher zu vernachlässigen. Rein statistisch sind zudem die Ansteckungen im Familienkreis signifikant auffällig – aber das ist auf die Erhebung zurückzuführen, schliesslich wird im nächsten Umfeld nach einer Folge-Ansteckung am schnellsten getestet. Zudem liessen sich die fast vier Millionen Haushalte in der Schweiz ja schlecht verbieten… Abgesehen davon kennt das BAG zum überwiegenden Teil gar nicht den Ursprung der Infektionen. Die Datenlage ist sehr dünn.

„Das Virus kommt nicht durchs Cheminée“

Die letzten Kommunikationskorrekturen des BAG bezüglich der Ansteckungen waren übrigens erneut falsch. Die Feststellung, dass die meisten Ansteckungen nun plötzlich im Familienkreis erfolgen sollen, ist eine komplette Missinterpretation. Das Virus kommt ja nicht, zusammen mit dem Samichlaus, durchs Cheminée rein. Es geht doch darum, die Vor-Ansteckung (oder Initialansteckungen) ausserhalb der Familien einzugrenzen. Diese Ansteckungen finden eben durch Aussenstehende statt, welche sich zum Beispiel über Clubs oder ungeeignet geschützte Arbeitsplätze in ein neues Umfeld verbreiten. Diese Erkenntnis deckt sich übrigens mit der weltweiten Beurteilung – das BAG wird das wohl nicht ändern können.

Hier müssten wir also konsequent ansetzen: Das heisst die Clubs und ähnliche Etablissements bis auf weiteres einfach schliessen, die Schlachthöfe und dergleichen nur mit getestetem Isolationspersonal arbeiten lassen, Gastarbeiter erst Tests unterziehen und dann korrekt unterbringen, aber mit geregeltem Aussenkontakt. Auf diese Weise könnten der Rest des sozialen Lebens und die Wirtschaft fast normal weiterfunktionieren – mit den nötigen Hygienemassnahmen und Distanzhalten natürlich.

Clubs sind europaweit zum grossen Teil geschlossen oder mit erheblichen Auflagen versehen. Warum nicht in der Schweiz?

Es gibt keinen medizinischen Grund dafür. Es ist unerklärlich. In Deutschland wird nicht einmal darüber diskutiert, ob die Clubs wieder öffnen sollen. Es müssen bei uns politische Gründe vorliegen.

Und die Kirchen? Oder die Schulen?

Die Kirchen müssten wir leider so wie Clubs behandeln, und in den Schulen müsste versucht werden, Abstände einzuhalten. Falls das nicht geht: Maskenpflicht. Und die Schulen müssten bei einem Vorfall punktuell geschlossen werden, mit sofortiger Umstellung auf Distance Learning. Das muss inzwischen auch für die Lehrerschaft zumutbar sein, denn auch Lehrpersonal muss lernfähig bleiben.

Nun sollen jedoch grössere Events wieder erlaubt werden.

Unerklärlich – zumal die diesbezügliche Ankündigung mit einer deutlichen Erhöhung der Fallzahlen zusammenfällt. Als die Fallzahlen vor Monaten auf dieser Höhe waren, befand sich das Land mitten in einem Lockdown, mit einer Versammlungsbegrenzung auf fünf Personen.

„Letztlich geht es um Fussball gegen Volkswirtschaft“

Es scheint eben um Wirtschaft gegen Gesundheit zu gehen.

Nicht ganz. In diesem Fall geht es letztlich um Fussball und Eishockey gegen Wirtschaft. Das Einknicken vor der Sportlobby gefährdet letztlich das Funktionieren der Volkswirtschaft. Wenn die Fallzahlen aufgrund von Massenveranstaltungen wieder steigen, werden neue Einschränkungen kommen, welche für die ganze Wirtschaft gelten.

Es herrscht einige Verwirrung im Land: Jeder Kanton macht sein eigenes Ding in Sachen Krisenbekämpfung.

Ja, das nennt sich vordergründig Föderalismus, ist aber nur ein eklatanter Führungsmangel. Das Virus ist ja überall dasselbe, und es verbreitet sich überall gleich. Dass eine Graduierung bei den Epidemie-Massnahmen je nach Gebiet oder Kanton stattfinden muss, ist klar. Die Massnahmen sollten jedoch identische Stufen aufweisen, je nach lokaler Epidemielage. Wie gesagt machen hier weder der Bundesrat, noch das BAG, noch die Kantone bella figura. So entstehen denn auch kuriose Vorschriften, die auf lokalem Kompetenzmangel beruhen: Im Kanton Waadt zum Beispiel herrscht in den Läden Maskenpflicht ab zehn Kunden in einem Laden. In der IKEA laufen die Leute mit der Maske rum, in der kleinen Metzgerei darf man sich jedoch aus nächster Distanz maskenfrei anhusten. Es erinnert an den unsäglichen Bundesratsentscheid im Mai dieses Jahres, Tattoo-Studios wieder zu öffnen, nicht aber die Gartencenter.

„Die Länderrisikoliste des BAG ist nicht nur willkürlich aufgesetzt, sondern zum Teil auch falsch.“

Das BAG hat sich nun schon viele Schnitzer erlaubt. Wie beurteilen Sie die sogenannte „Risikoländerliste“ des BAG, aufgrund derer die Quarantänepflicht für Einreisende aus diesen Ländern definiert wird?

Diese Liste ist sowohl statistisch als auch kommunikationsmässig ein Debakel. Sie beruht auf getesteten und rapportierten Infizierten. Dazu ein Beispiel: In Afghanistan beträgt die Infektionsrate 32%. Die Daten beruhen auf Random-Tests mit einer Hochrechnung – welche international anerkannt ist. Offiziell wurden aufgrund von Tests jedoch nur 37‘000 Infizierte entdeckt, nämlich nur 30-mal weniger als die hochgerechnet über 10 Millionen Infizierten. Das BAG setzt Afghanistan aufgrund der wenigen rapportierten Tests nicht auf die Risikoliste, weshalb auch eine Quarantänepflicht entfällt. Luxemburg jedoch ist auf der Liste, dort wird die komplette Bevölkerung getestet – kein Wunder, entdeckt man so mehr Infizierte.

Russland wurde von der BAG-Liste wohl aus einem ähnlichen Grund entfernt: Die statistisch entdeckten Infizierten pro 100‘000 Einwohner erreichen offenbar den BAG-Schwellwert nicht – die meisten Länder stufen Russland jedoch als Hochrisikoland ein. Das Gleiche gilt für Serbien, das BAG hat in einem beispiellosen Alleingang das Land nun kurzerhand wieder als „sicher“ eingestuft und von der Liste genommen. Dafür Gibraltar und Monaco draufgesetzt – was sicher entscheidend ist, da diese Miniaturländer bestimmt viele Touristen in die Schweiz schicken. Die Liste ist nicht nur willkürlich aufgesetzt, sondern schlichtweg falsch.

„Das BAG irrlichtert nach den Ansätzen von Donald Trump.“

Vielleicht hatte Donald Trump doch recht: einfach nicht testen, dann gibt es auch weniger Infizierte.

Richtig, offensichtlich irrlichtert das BAG nach diesem Ansatz: Länder, die wenig testen, kommen nicht auf die Liste, weil wenig Infizierte entdeckt werden. Nur ganz wenige afrikanische Länder sind deshalb auf der Risikoliste. Namibia wurde diese Tage plötzlich als Risikoland eingestuft. Warum? Namibia verfügt wohl über das beste Gesundheitssystem auf dem Kontinent, es wird viel getestet – also kam es aufgrund der entdeckten und rapportierten Infizierten auf die Liste – fast alle andern Länder in Afrika nicht.  Das ist seitens BAG tatsächlich Missmanagement und führt zu falschen Entscheiden. Die so beeinflussten Reiseströme haben mit diesen Fehlentscheiden letztlich einen negativen Einfluss auf die Epidemie in der Schweiz und auch negative wirtschaftliche Konsequenzen. Kommt hinzu, dass die Quarantäne kaum überprüft wird. In einer Krise kommt leider irgendwann ein Punkt, wo nicht mehr nur auf Selbstverantwortung gesetzt werden kann, sondern auf Vollzug und Kontrolle – es kostet sonst volkswirtschaftlich einfach zu viel.

Inwieweit schwingt bei diesen Länderlisten auch Protektionismus mit?

Natürlich besteht die Vermutung, dass man die Gunst der Stunde ergreift und nun die Leute im eigenen Land behalten möchte. Sie sollen hier Urlaub machen und hier konsumieren. Das wäre natürlich ein sehr kurz gegriffener Ansatz, denn beim Reisen geht es ja nicht nur um Urlaub, sondern auch um Geschäftsreisen, welche volkswirtschaftlich relevant sind.

„Es besteht ein Restrisiko, dass überhaupt nie wirklich wirksame Vakzine gefunden werden.“

Wenn der Impfstoff demnächst nicht kommt: Wie geht es dann weiter?

Dann wird es eben genau so weitergehen! Bis Impfstoffe flächendeckend vorhanden sind und verteilt und appliziert werden, kann es vielleicht noch ein bis zwei Jahre dauern. Der Novartis Chef liess jüngst verlauten, ein Impfstoff sei realistischerweise frühestens in 24 Monaten marktfähig. Oder sollten wir eher Donald Trump oder Putin glauben? Dann sprechen wir von diesem Herbst…

Es besteht tatsächlich ein Restrisiko, dass überhaupt nie wirklich wirksame Vakzine gefunden werden. Aber das wäre ein eher unwahrscheinliches Worstcase-Szenario. Das zweite Risiko besteht darin, dass diese Impfungen dann vielleicht gar nicht lange wirken. Das wäre weniger schlimm, aber sehr unangenehm. Die Pharmaindustrie zumindest würde sich freuen.

Das mit der Herdenimmunität ist ja nun wohl vom Tisch, nicht?

Das war eigentlich nie eine reelle Option. Der Weg dorthin kann das Gesundheitssystem bis über die Kollapsgrenze hinaus belasten. Wir schätzen die Infektionsrate in der Schweiz zurzeit auf rund 5%. Das entspricht mehr als dem Zehnfachen der effektiv positiv Getesteten. Leider können wir die genaue Zahl nach wie vor nur schätzen, da wir immer noch keine Random-Tests (wie in der Markforschung üblich) machen. Vielleicht sollten wir von Afghanistan lernen (lacht)! Und ob diese 5% der Bevölkerung nun auch wirklich immun sind – und wie lange sie immun bleiben – wissen wir auch nicht. Wenn wir mehr wüssten, könnten wir auch mehr planen und fundierter entscheiden.

„Wenn wir nun in einem halben Jahr rund 5% Immunität hingekriegt haben, könnte es also sechs bis sieben Jahre dauern bis zur Herdenimmunität.“

Das heisst, es würde in der Tat ewig dauern, bis eine gewünschte Herdenimmunität von z.B. 65% realisiert wird.

Genau. Wenn wir nun in einem halben Jahr rund 5% Immunität hingekriegt haben, könnte es also sechs bis sieben Jahre dauern bis zur Herdenimmunität. Aber das sind nur lineare Hochrechnungen und Zahlenspielereien. Es braucht auf jeden Fall eine wirkungsvolle und möglichst nachhaltige Impfung.

Aber nochmals: Und wenn diese gar nie kommt?

Wie gesagt: Dann geht es einfach so weiter. Distanzhalten, Hygieneauflagen, punktuell Maskenpflicht, Versammlungsbeschränkungen, Reisebeschränkungen. Unser Leben würde sich längerfristig verändern; wir müssten in der Tat durch das Tal der Tränen. Die Pandemie wäre dann kein vorübergehendes Ereignis mehr, sondern ein ziemlich unangenehmer Dauerzustand. Abgesehen davon würde sich aufgrund der sozialen Distanzen unser ganzes Sozialverhalten ändern. Es würde quasi ein negativer sozialer Quantensprung stattfinden, einhergehend mit dem schon laufenden positiven digitalen Quantensprung. Vielleicht hat das BAG eine Antwort darauf…

Schlimm würde es beispielsweise die Luftfahrtindustrie und den globalen Tourismus treffen, auch die Freizeit- und Eventindustrie. Hier wäre mit einer Teilvernichtung dieser Wirtschaftszweige zu rechnen. Schulen müssten sich längerfristig auf einen Online-Betrieb einstellen, Homeoffice würde noch mehr ausgebaut, mit entsprechenden Kollateralschäden z.B. im gewerblichen Immobilienbereich. Das BIP würde weiter unter Druck kommen, die Arbeitslosenraten weiter steigen. Alles ziemlich unappetitliche Szenarien. Wir müssen einfach hoffen, dass Impfstoffe zumindest mittelfristig vorliegen. Es gibt kaum einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Plan B für den Fall, dass dies nicht eintreffen sollte. Inzwischen bleibt zu hoffen, dass die Wirtschaft einigermassen weiterarbeiten kann – ansonsten die Grundlage für alle Problemlösungen entzogen wird.

Also könnten wir vielleicht doch von einer Zeitenwende sprechen?

Hmm. Falls mittelfrisig keine Impfstoffe kommen: ja, vielleicht!

„Ich schliesse Rücktritte im Bundesrat nicht aus, wenn einmal alles an die Oberfläche kommt.“

Was sollte unsere Regierung nun tun?

Als Sofortmassnahme sollte der Bundesrat das Krisenmanagement sofort an einen professionellen Krisenstab abgeben. Und die Köpfe im BAG sollten ausserdem raschmöglichst ausgetauscht werden. Mittelfristig braucht es anschliessend eine Aufarbeitung der Fehler. Auch muss die Arbeit des Bundesrates neu bewertet werden. Ich schliesse Rücktritte nicht aus, wenn einmal alles an die Oberfläche kommt und verarbeitet wird. „The day after“ wird mit Sicherheit Konsequenzen haben.

„R“ what…?

Die Corona-Statistiken sind Augenwischerei, aber sie begründen folgenschwere volkswirtschaftliche Entscheidungen

Die Lockdown-Entscheide in vielen Staaten wurden und werden entweder emotional oder politisch gefällt – oder sie beruhen auf sehr ungenauen Zahlen. So werden der Faktor „R“ oder „Fallzahlen“ als Entscheidungsmodule genommen, um wirtschaftliche und gesellschaftliche Rest-Aktivitäten zu definieren. Wir verlassen uns jedoch auf Zahlen, die wenig aussagen; sie beziehen sich nämlich nur auf die getesteten Personen mit Symptomen. Das ist unseriös. Es sollte flächendeckend oder zumindest repräsentativ getestet werden. Und, halleluja: Es besteht zudem der Verdacht, dass wir – nach den Masken – auch die Beschaffung von Testkits verpasst haben!

Bei True Economics zählen nur die Fakten. Wir sind zudem apolitisch und nur der nachhaltigen Prosperität der Volkswirtschaft verpflichtet. Wir sind auch keine Epidemiologen. Aber wir wissen Zahlen zu deuten. Und gerade hier liegt das Problem: Die Zahlen liegen gar nicht vor, um sie richtig zu deuten – womit die Deutungshoheit dann bei der Politik liegt. In gewissen Ländern liegt die Zahl der Infizierten sehr hoch, weil unter anderem auch viel getestet wurde. In anderen Ländern liegt sich tief, weil nur punktuell und bei Symptomen getestet wird. Vergleiche unter den Ländern bringen damit nichts. Auch die täglich gemeldeten „Fallzahlen“ sind deshalb nur sehr beschränkt aussagekräftig – und unter den Ländern schon gar nicht vergleichbar.

Winston Churchill vermerkte einst, dass man den Statistiken nur trauen sollte, wenn man sie selbst gefälscht hat. Nun, natürlich sprechen wir hier nicht von „Fälschungen“ durch die Politiker und die zum Teil selbsternannten Krisenstäbe. Aber es liegen schwere Miss-Interpretationen vor. 

Der ominöse „R“ Faktor

Der Reproduktionsfaktor „R“ definiert bekanntlich das Ansteckungsrisiko. Faktor 1 bedeutet, dass 1 Person eine weitere ansteckt. Sinkt der Faktor unter 1, geht die Epidemie zurück. Es wird über einen Zeitraum von 7 Tagen gemessen, so wird die wahrscheinliche Inkubationszeit einbezogen. Basis bildet aber nur die Auswahl an Probanden, welche irgendwelche Symptome zeigen oder die zumindest meinen, Symptome aufzuweisen.

Die Fallzahlen

Deutschland hat vor einigen Tagen definiert, dass es eine Grenze von maximal 50 neuen Ansteckungen pro 100‘000 Einwohner in einem Landkreis geben darf, bevor „Massnahmen ergriffen werden müssen“. Basis bildet auch hier die beschränkte Auswahl an Fällen, welche sich fast einzig aus den Probanden ergeben (welche Symptome aufweisen oder es zumindest meinen).

Es wird nicht korrekt getestet

Getestet werden also grösstenteils nur Personen mit Krankheitsanzeichen. Bis heute wurden in Deutschland von 83 Mio Einwohnern rund 3 Mio getestet. Lediglich 2.7% der Tests fielen positiv aus. Es werden also nicht alle Einwohner, oder zumindest nicht random-mässig repräsentative Samples getestet, sondern nur eine sehr kleine (zum Teil „befangene“) Auswahl. Wir wissen nicht, wie viele Personen im Land – oder einem Landkreis, bei uns in einem Kanton – tatsächlich infiziert oder immun sind. Wir tappen im Dunkeln. Im deutschen Heinsberg (dem bekannten Corona-Ausbruchs-Cluster) stellte sich nach einer profunden Testserie heraus, dass 15% der Bevölkerung immun sind – aber eben nur in diesem Cluster. In ganz Deutschland, so die Schätzung, könnten es 5% sein, in Mecklenburg-Vorpommern vielleicht weniger als 1%. In Frankreich wird eine Schätzung von 3-7% herumgereicht. In der Schweiz könnte es etwas mehr sein, Stockholm schätzt die Zahl auf gegen 20%. Tatsache ist, dass wir nicht wissen, wie sich Covid-19 landesweit ausgebreitet hat. In Südkorea, Taiwan oder Island wissen sie es besser – und können entsprechend handeln.

Der Faktor „R“ und die „Fallzahlen“ (also die neu Infizierten pro Zeiteinheit pro Bevölkerungsgruppe) ergeben sich bei uns nur aus den mehr oder weniger willkürlichen Tests. Nochmals: Getestet wird mehrheitlich nur, wenn Symptome auftreten! Das ist komplett unvollständig.

Kein klares Bild

Die Zahlen – nicht das Gesamtbild – sind in Deutschland etwas genauer als in der Schweiz. Deshalb beleuchten wir das Problem anhand dieses Landes. Das Statistikproblem der beiden Länder ist allerdings ziemlich vergleichbar. Von Deutschland wissen wir, dass sich zurzeit noch etwas über 500 Personen pro Tag neu infizieren, dass es gegen 200‘000 getestete Infizierte gibt und bis heute rund 8‘000 Tote („mit“ oder „aufgrund“ Corona). Sollte die geschätzte Zahl von 5% Immunität in Deutschland stimmen, so müssten also 4 Millionen infiziert worden sein. Aber aufgrund der Tests haben wir nur weniger als 200‘000 davon gefunden! Also gingen sie in 19 von 20 Fällen „verloren“. Schätzungsweise, wir wissen es einfach nicht.

Testbereitschaft unterliegt psychologischen Einflüssen

In gewissen Landesgegenden oder zu einem gewissen Zeitpunkt führt Corona zu Angst: Man lässt sich sofort testen, wenn irgendwelche Symptome auftreten. Andererseits lässt man sich vielleicht nicht testen, weil Angst besteht, damit eine ganze Bezugsgruppe in die Quarantäne zu schicken. Das bedeutet, dass die ausgeführten Tests für die hypothetisch hochgerechnete Zahl der Infizierten nicht repräsentativ sind. Sie sind mehr oder weniger zufällig. Und von diesen Zahlen werden dann die Entscheidungs-Faktoren abgeleitet und wichtige Massnahmen getroffen: soziale Einschränkungen, Lockdowns in der Wirtschaft, etc.

Es dauert ewig bis zur „Herdenimmunität“

Ausgehend von unseren Immunitätsschätzungen (5% z.B. in Deutschland, die sich in den letzten 3 Monaten ergeben haben) und unter der Annahme, dass die Immunität weder degressiv noch progressiv, sondern linear steigt, müssten unsere deutschen Nachbarn (und wohl auch wir) theoretisch noch rund 60 Monate warten, bis die ganze Bevölkerung immun ist. Oder rund 4 Jahre, bis eine Immunität von rund 70% erreicht ist, womit eine Epidemie als „gebannt“ betrachtet werden kann. Ausser natürlich, vorher ist die Impfung da – vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Heisst das nun, dass unsere wirtschaftlichen Einschränkungen im dümmsten Fall noch 4 Jahre weiterlaufen sollen? Die Antwort erübrigt sich, weil uns ein wirtschaftlicher Kollaps vorher einholen würde. 

Immer noch dringend notwendig: Testen, testen, testen…

Die ganze Wuhan-Gegend mit 11 Mio Einwohner soll komplett getestet werden. Wer ist infiziert? Wer ist im Moment immun? Dieses Vorgehen ist eine mögliche richtige Massnahme, um Erkenntnisse zu produzieren, welche dann in adäquate Entscheide münden können. Nun hat auch Luxemburg beschlossen, seine ganze Bevölkerung von 630‘000 Einwohnern (plus die über 100‘000 Grenzgänger) zu testen. Die Regierung möchte dies in abrufbaren Gruppen vornehmen, welche später wieder erneut getestet werden können – ein sehr vorbildliches Vorgehen, quasi ein Totaltesten mit random-mässigen Schritten. Kombiniert mit der Nachverfolgung der Infektionen können punktuelle Insolationen vorgenommen werden. Das sind intelligente Alternativen zu Einschränkungen der Wirtschaft. Auch in Island möchte man möglichst die ganze Bevölkerung testen. Das kleine Land geht ebenso intelligent nach dem Zufallsprinzip vor und hat heute bereits einen ziemlich klaren Überblick, wo es steht. Wieso sind wir in der Schweiz (mit einer überblickbaren Grösse) nicht auch in der Lage, so vorzugehen? 

Testen: besser „quick and dirty“

Testen geht auch random-mässig. Die Genauigkeit wird etwas reduziert, aber die Informationen stünden rasch zur Verfügung. Stichproben pro Land, Kanton, Landkreis, ausgewählte Region: Testen also „quick and dirty“. Das Resultat würde reichen, um Klarheit über die Situation zu erlangen. Warum machen wir keine breit angelegten Stichproben-Tests? Es ist zu befürchten, dass wir – wie bei den Masken – nicht vorgesorgt hatten und nicht über die nötige Anzahl Testkits verfügen! Falls dem so sein sollte, gibt es eigentlich keine Entschuldigung mehr für die Politiker und die Behörden: Seit Monaten wissen wir, dass wir à fonds testen sollten! Da repräsentative Stichproben reichen würden, müssten keine Unmengen an Tests eingesetzt werden. 

Fazit: Unsere Volkswirtschaften können nicht warten, bis sich die Immunität verfestigt hat und der Staat so lange Lockdowns und andere strenge Einschränkungen festlegt. Das überlebt keine – keine einzige – Volkswirtschaft. Es gibt nur einen Weg: richtig testen, um rasch Überblick zu erlangen. Dann Spitalkapazitäten bereithalten, punktuelle Schutzmassnahmen ergreifen, Social Distancing, strenge Hygieneregeln, Tracing, Masken punktuell bei Dichterisiko, grosse Menschenansammlungen verhindern, Wirtschaft am Laufen halten. Wann lernen wir?

Corona: Warum lernt niemand aus der Marktforschung?

Warum nur gelangen die Methoden der Marktforschung bei der Erkennung der Coronakrise nicht zur Anwendung? Die Welt wird zum Teil mit wenig relevanten Zahlen von Infizierten, Toten und „Geheilten“ gefüttert. Effektiv tappt sie im Dunkeln, dabei könnten bekannte und bestbewährte Befragungsmethoden sehr erhellend wirken!  

In regelmässigen Abständen erfahren wir, wie hoch die Zustimmungsquote für Donald Trump ist oder wie viele Deutsche jetzt gerade die Grünen wählen würden. Interessanter wäre die Hochrechnung, wie viele Italiener heute immun sind oder wie viele Amerikaner in welchen Gliedstaaten infiziert sind!  

Nur dürftige statistische Ergebnisse

Endlich kamen ein paar Virologen in Deutschland auf die Idee, ein vom Coronavirus besonders stark betroffenes Gebiet (Heinsberg in NRW) systematisch zu untersuchen. Die vorläufigen Ergebnisse sind bekannt: Die Immunitätsquote liegt bei 15%, die Sterblichkeitsquote bei 0.37% der Infizierten.

Ähnliche Ergebnisse hätten schon lange auch aus Italien oder China gewonnen werden können. Und schon lange hätte man – wie in der Marktforschung eben – mittels Stichproben ganze Gebiete oder Länder untersuchen können. Die Random-Methode hätte mit vertretbarem Aufwand erfolgen können: einfach mal 1‘000 Leute testen, nach Grad der Infizierung und gleichzeitig nach der Immunität. Auf die Schweiz bezogen würde das bedeuten, dass zum Beispiel ein ganzer Kanton repräsentativ mit 1‘000 Samples untersucht wird. Oder das ganze Land – oder eine Stadt. Südkorea ist ähnlich vorgegangen, indem einfach ein paar Tausend Leute mehr oder weniger von der Strasse weg getestet wurden. Hier mag die Systematik etwas gefehlt haben, aber die Erkenntnisse waren dennoch sehr hilfreich.

Einfaches Random-Prinzip

Eine repräsentative Corona-Untersuchung bedeutet das gleiche wie bei einer Befragung: Mittels Stichprobe sucht man einfach nach einem Gesamt-Abbild. Das heisst, die Auswahl der zu untersuchenden Personen muss nach Gebieten, sozialen Schichten, Alter etc. aussagekräftig erfolgen. So lässt sich sofort hochrechnen, wie viel Infizierte es insgesamt pro Gebiet gibt, wie viele Immune ebenso. Würden wir den Test auf 10‘000 Personen ausweiten, würde die Hochrechnung umso genauer ausfallen. Wir wüssten dann mit einer vertretbaren Präzision, wo und welcher Personentyp infiziert und immun ist. Mittels Kombination dieser hochgerechneten Testzahlen mit der bekannten Anzahl an Corona Erkrankten, der Intensivbetreuten und der Toten hätten wir im Nu das Big Picture! Das ist einfachstes Random-Management – seit Dezennien schon bestens erprobt und bekannt.

Erst die Marktforscher, dann die Virologen!

Diese Tests könnten periodisch wiederholt werden, sodass wir den Verlauf besser erkennen. Heute haben wir keine Ahnung, wie viele Personen im Land infiziert oder immun sind. Wir verfügen ja nur über die Tests, die in der Regel an Personen mit Infektionsverdacht vorgenommen wurden – wir tappen also im Dunkeln. Konkret könnten also mittels der Hilfe und den Methoden der Marktforschungsinstitute die repräsentativen Samples bestimmt werden, also die Personen konkret ausgewählt bzw. angefragt werden. Diese müssten sich dann zu einem Soforttest zur Verfügung stellen. Und erst dann kämen die Virologen zum Einsatz. Ergebnisse und Interpretationen könnten so binnen Tagen vorliegen. Also wären jetzt unsere Politiker und Krisenstäbe gefragt, Marktforscher und Virologen endlich zusammenzubringen! Kompliziert? Keineswegs, repräsentative Befragungen werden dauernd durchgeführt, also wäre auch diese Untersuchung keine Hexerei. 

In Österreich erfolgte in diesen Tagen ein erster schüchterner Test mit einem Marktforschungsinstitut. Aber das Resultat schloss die Frage der Immunität nicht ein – ein Fehler. Immerhin wird so zum ersten Mal ein Link zwischen Marktforschung und Virologie hergestellt! Alternativ kann auch ein Grossteil einer Bevölkerung einfach mal getestet werden – dafür stehen genügend Testkits zur Verfügung. Island hat das random-mässig gemacht, Andorra untersucht nun seine 77‘000 Einwohner.

Wir tappen im Dunkeln

Im Moment werden zunehmend Daten von lokalen Infektionsherden erhoben, welche nicht repräsentativ für das Ganze sind. Wenn z.B. in einem stark aktiven Gebiet 1‘000 Random-Tests gemacht werden, kann dies nicht auf ein ganzes Land hochgerechnet werden. Es könnte also die Hoffnung bestehen, dass gewisse Gebiete gar nie zu Infektionsherden werden (oder viel später). Dann bestünde vielleicht ein Zeitgewinn, so durch Impfung, Medikation, oder einfach Good Luck. Aber eben nur vielleicht. Es fehlen die repräsentativen Daten! Wir wissen nun, dass in Heinsberg 15% immun sind. Aber in Mecklenburg-Vorpommern? Vielleicht 2%? Wir wissen es nicht. Aber wir sollten es dringend wissen, denn nur so können wir zum Beispiel erkennen, wir lange die ganze Misere für eine Herdenimmunisierung dauert.

Dringend notwendig: Random-Test mittels Sukkurs von Marktforschungsfirmen

Die Ergebnisse der repräsentativen Tests – zusammen mit den periodischen Wiederholungen auch des Verlauf dieser Ergebnisse – wären eine ziemlich zuverlässige Handlungsbasis betreffend der zu treffenden sozialen und wirtschaftlichen Einschränkungen. Diese Einschränkungen sind heute weltweit wohl in vielen Fällen unangemessen und werden zu noch nicht vorsehbaren wirtschaftlichen Verwerfungen und fatalen Einbrüchen führen. Fazit: Rasche Random-Tests könnten zu überlegterem politischem Handeln führen.