Bargeld ade…? (II)

Zweiter Teil: Bargeldabschaffung – Möglichkeiten, Grenzen, Auswege 

Elektronische Zahlungsmethoden sind im Vormarsch, Corona hat den Wandel noch beschleunigt. Zudem werden digitale Währungen angedacht. Und ganz klar: Einzelne Regierungen prüfen die weitere Reduktion oder sogar die Abschaffung von Bargeld (China beispielsweise ganz konkret). Die Risiken sind bekannt: Unsere Zahlungssysteme werden noch verletzbarer, und der Staat kann die Einnahmen, Ausgaben und Vermögen der Bürger noch besser kontrollieren. Wie können wir uns dagegen wehren…?

Rezepte gegen den Anlagenotstand

Abgesehen von der drohenden Unbill, dass uns der Staat vermehrt ins (dann virtuelle) Portemonnaie schauen könnte, drohen uns allen Einschränkungen in der Verwaltung unseres Vermögens. Denn auch Bargeldhalten gehört in ein umsichtiges Portfolio.

Selbstredend gelten – auch bei einer weiteren Einschränkung des Bargeldverkehrs – die bisherigen Regeln: wie z.B. „nie alle Eier in den gleichen Korb legen“.

Diversifiziert werden muss sowohl in der Vermögensart (also Immobilien, Aktien, Bankkonten, Bargeld, Gold, Kunst, etc.) wie auch in der Geografie (nicht alle Vermögensteile in einem Land halten), aber es ist auch Diversifizieren in Währungen angesagt.

Für weniger Privilegierte fallen die zweiten und dritten Diversifikationen wohl weg. Für sie gilt es trotzdem, das Vermögen nicht zu stark zu bündeln: also nicht das ganze Vermögen in eine Immobilie stecken, nicht zu viel Aktien halten, nicht alles auf dem Konto stehen lassen. Und es kommt etwas hinzu: Schulden machen! Angesichts der Tatsache, dass wir uns heute zu unter 1% verschulden können und dieser Zustand wohl noch auf Jahre hinaus andauern wird, macht eine Investition z.B. in eine Immobilie besonders Sinn.

Für Privilegierte wie weniger Privilegierte jedoch gilt im Moment: Bargeld halten ist trotz allem nicht dumm. Es kostet nichts, denn wir erleiden keinen Zinsverlust. Sofern wir es gefahrlos aufbewahren können, ist Bargeld ein Sicherheitsgewinn. Ein intelligenter Plan B sieht ohnedies vor, an einen Zusammenbruch des Zahlungs- oder sogar Finanzsystems (also den Worstcase) zu denken. Aber bitte Bargeld nur in kleinen Scheinen halten – und nicht auf einer Bank. Siehe Zypern oder Griechenland vor rund 10 Jahren, als die Bankomaten plötzlich kein Geld mehr ausspuckten oder die Tresorräume nicht mehr zugänglich waren. 

Wichtig: Es lohnt sich, das Bargeld bei den Steuerbehörden anzugeben. Sollte die Rechtslage in Sachen Bargeld tatsächlich einmal kippen, können wir unser versteuertes Bargeld jederzeit wieder in Buchgeld umwandeln. Wichtig auch: Bankbelege beim grossen Bargeldbezug aufbewahren. Denn sonst wird unsere Hausbank die schönen Noten nicht zurücknehmen – zumindest nicht grössere Summen! 

Bargeld kann bedenkenlos auch in Euro oder USD gehalten werden. Im Sinne einer Diversifikation ist das gar nicht dumm. Aber Vorsicht: Von Zeit zu Zeit werden Noten, insbesondere die des Greenbacks, erneuert, dann ist Umtausch angesagt – wozu es wieder die früheren Bezugsbelege braucht.

Bargeld kann bald nur noch schwer versteckt werden

Bargeld wird künftig also aufgrund des Herkunft-Nachweises weniger versteckbar sein. Und so sind automatisch vermehrt Abflüsse in Auslandinvestitionen, Aktien, Anlagefonds, etc. zu erwarten. Es gibt kaum noch Ausweg-Verstecke: Auch das Parken von Werten in Gold, Edelmetallen, Kunst, einer Oldtimersammlung oder Immobilien wird künftig transparenter werden. Natürlich kann Geld immer noch in Firmen versteckt werden, insbesondere im Ausland – aber hierfür braucht es dann schon etwas an Financial Engineering.

Möchte der Staat künftig vermehrt ans Geld seiner Bürger – z.B. um horrende Staatsdefizite zu decken – so muss er sowohl den Bargeldverkehr einschränken als auch das Halten von gewissen Cash-Beständen einschränken. Er muss nicht einmal Verbote aussprechen, er könnte den Banken ganz elegant verbieten, Bargeld von z.B. mehr als 1’000 Euro entgegenzunehmen – ausser mit aufwendigen Nachweisen der Mittelherkunft. Und mittels Negativzinsen auf den Konti wird dann zusätzlich jedes Jahr ein bisschen Vermögen abgezwackt. Oder noch schlimmer: Es wird zur Defizitdeckung und Sanierung des Staatshaushaltes eine einmalige Vermögensabgabe eingeführt – Gedanken, die die heutige EZB-Chefin schon vor Jahren hegte (und die Zypern vor ein paar Jahren, zumindest auf Bankguthaben, gleich umgesetzt hatte). Für den Moment jedenfalls gilt: Bargeld ist nicht unattraktiv. Zwar wirft es keine Zinsen ab – allerdings auch keine negativen!

Kann der Staat einfach tun, was er möchte?

Entgegen den abstrusen Verschwörungstheorien (welche in der Regel vor allem von bildungsfernen Leuten unterstützt werden) ist klar, dass in einigermassen demokratischen Gebilden die Notenbanken und der Staat Währungs- und Bezahlformen nicht einfach willkürlich ändern können. Nur: Gerade hier liegt eben das Risiko, denn z.B. die Hälfte der EU-Bürger verfügt über gar keine nennenswerten Bankguthaben. Ein durchaus demokratischer Prozess könnte also der bereits bestehenden Idee einer “10%igen einmaligen Vermögensabgabe auf Bankeinlagen inklusive Geldanlagen ab Euro 50’000“ durchaus zu einem Durchbruch verhelfen. Der böse Staat müsste also gar nicht enteignen. Es genügt, einen demokratischen Willen für solches Tun zu initiieren. Auch die weitere Reduktion des freien Bargeldverkehrs könnte auf durchaus demokratischer Basis erfolgen – Klaus Schwab (im Rahmen dieser abstrusen Verschwörungstheorien, welche demnächst eine bargeldlose Weltherrschaft durch das WEF herbeireden) müsste gar nicht aktiv werden. Prozesse in diese Richtung sind im Gange, ein Ende ist zurzeit nicht abzusehen. Was jedoch neu ist: Solche Pläne liessen sich bei weitem einfacher durchsetzen, wenn möglichst wenig Bargeld im Umlauf ist. 

Könnte der Staat Papiergeld also einfach verbieten? Ja, viele Staaten könnten. Entweder, weil sie totalitär geführt sind, oder weil sie es dann so demokratisch vorsehen. Bis 1974 bestand in den USA übrigens ein Verbot von privatem Goldbesitz. Möglich ist vieles. 

Die Grenzen der Bargeldabschaffung

Die Notenbank in Schweden kriegt langsam kalte Füsse: Sie hat nicht nur Angst, bei elektronischen Ausfällen über keinen Plan B mehr zu verfügen. Sie sorgt sich neuerdings ebenso, dass das Gefühl für Geld verloren gehen könnte, wenn dazu bald keinerlei physische Relation mehr besteht. Wenn Bezahlen nur noch ein virtueller Vorgang ist, betrifft das Problem insbesondere die neuen Generationen. Die Schwedische Notenbank merkt plötzlich, dass eine solche Entwicklung nicht nur tragisch, sondern auch schädlich sein kann. Sogar das Taschengeld der Jungen wird heute vorwiegend elektronisch verteilt, und Bargeld macht in diesem fortschrittlichen skandinavischen Staat heute nur noch 1% des BIP aus (in der Eurozone sind es 10%). Corona hat nun alles noch beschleunigt. Es ist jedoch beruhigend zu beobachten, dass sich nicht nur demokratische Prozesse gegen eine weitere Reduktion des Bargeldes richten, sondern dass sogar intelligente Notenbanken selbst die Grenzen erkennen.

Die Schweiz in einer Sonderposition

Die Schweiz verfügt über die weltgrösste Banknote, den 1000er Schein. Zum Vergleich: In den USA geht’s nur bis zum 100er, und im United Kingdom ist bei 50 Pfund schon Ende der Fahnenstange. Nur schon aus Aufbewahrungsgründen ist in der Schweiz also das Halten von grösseren Bargeldbeständen sehr komfortabel, eine Million in Cash lässt sich auf die Grösse eines Milch-Tetrapacks komprimieren. Der Brite müsste dafür schon mit einem Überseekoffer unterwegs sein. Bis 2014 übrigens bestand eine Alternative mit einer 10‘000er-Note in Singapur-Dollar (heute entsprechend rund CHF 6‘600.-). Seit 2015 verbleibt in der Tat nur noch der 1‘000er aus der Schweiz – deshalb nicht unbeliebt. Nicht nur die Schweizer Bevölkerung, sondern auch Firmen und Institutionen im ganzen Land (auch ausländische Institutionen) halten gigantische Bargeldbestände in Schweizer Franken – oft auch nur aufgrund der Negativzinsen. Damit besteht ein natürlicher Druck auf die Nationalbank, in Sachen Bargeld vorerst einmal nichts zu ändern.

Der starke Glaube und das Vertrauen der gesamten Bevölkerung in die eigene Währung verankern den Wunsch nach Bargeld zusätzlich. Es mag sein, dass gewisse Länder – so vor allem in der EU – Bargeld zusehends verbannen werden. Die Eidgenossen werden dieser Entwicklung allerdings mit Sicherheit hinterherhinken. So lässt sich das künftige Geschehen aus der helvetischen Voyeur-Position hervorragend und ziemlich risikolos beobachten, und überstürzte Handlungen sind nicht angezeigt. 

Allerdings werden wir uns immer stärker in einer Situation wiederfinden, in der das Halten von Bargeld zwar nicht beeinträchtigt wird, sehr wohl indessen der Transfer und die Bezahlung von grösseren Beträgen erschwert werden. 

Fazit:

Der fortschreitende Ersatz von Bargeld durch elektronische Zahlungsmittel bietet einigen Komfort – aber auch Risiken. Die Krisen-Anfälligkeit wird erhöht und die Privatsphäre wird eingeschränkt. Die Gefahr einer künftigen Bargeld-Einschränkung ist in einigen Staaten durchaus latent. Trotzdem spricht  – für uns in der Schweiz erst recht – immer noch einiges für Bargeld. Das wissen glücklicherweise auch andere, einigermassen intelligent geführte Staaten. Es lohnt sich, dafür zu kämpfen, dass die private Wahl der Zahlungsmittel möglichst frei bleibt. Unser Recht, Cash zu halten und es nach Bedarf einzusetzen, muss unbedingt unangetastet bleiben.

Bargeld ade…? (I)

Teil I: Eine Auslegeordnung und eine Szenarien-Übersicht 

In Schweden wird schon jeder Kaugummi mit Karte oder Handy bezahlt, China kokettiert mit einem Bargeldverbot, drastische Einschränkungen gibt es bereits landauf, landab in der EU. Kryptowährungen tauchen auf, und gleichzeitig schwadronieren einige Staaten von digitalen Währungen. Auch Verschwörungstheorien tauchen auf, so soll sich das WEF, angeführt von Klaus Schwab, zum Ziel gesetzt haben, die globale Übernahme der Macht mittels Aussetzen von Bargeld zu beschleunigen… Müssen wir tatsächlich bald auf Cash verzichten? 

In der Tat geht der Anteil der Barzahlungen in den meisten Ländern zurück, nicht nur in Schweden – in Entwicklungsländern wie auch in hochentwickelten Staaten ist der Trend nicht aufzuhalten, und Corona hat ihn verstärkt. Kreditkarten, Twint, Google Pay oder andere neue digitale Zahlungsmittel sind im Vormarsch. Eigentlich kam die Angst vor Corona-kontaminierten Geldscheinen sowohl Banken wie Staaten ganz gelegen, damit sich der Anteil des Bargeldverkehr weiter reduziert. 

Banken wollen kein Bargeld mehr

Das Handling von Bargeld ist teuer, die Banken lieben es überhaupt nicht mehr. Sie möchten am liebsten alle Schalter schliessen und ihre Geschäfte nur noch bargeldlos abwickeln – zumal sie beim Kreditkartengeschäft kräftig mitverdienen – von beiden Seiten, also bei den Kreditkartenhaltern und bei den Vertragsgeschäften. Selbst beim Bezahlen mit der Debit-Karten profitieren die Geldhäuser: Die Geschäfte liefern mit jeder Transaktion Gebühren ab. Kein Wunder, werden die Banken den bargeldlosen Verkehr weiter fördern.

Auch der Staat möchte kein Bargeld mehr

In Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien können Beträge über 2‘000 bis 3‘000 Euro nicht mehr bar beglichen werden. (In der Schweiz sind noch CHF 100‘000.- möglich, darüber gibt es relativ strenge Deklarationspflichten.) Und länderüberschreitend darf man in der EU gerade mal 9‘999 Euro mit sich führen, ansonsten kurzerhand eine Konfiszierung droht. 

Der Staat freut sich wohl auch über das Online-Shopping. Das reduziert den Bargeldverbrauch. Natürlich hat der Staat auch ein Interesse daran, die Schattenwirtschaft zu unterbinden und sein Steuersubstrat zu schützen. Ob die Bargeld-Vorschriften dafür der richtige Weg sind, darf angesichts der mannigfaltigen elektronischen Zahlungsmöglichkeiten indessen fraglich sein. Italien ist das beste Beispiel, wie eine starke Schattenwirtschaft trotz Cash-Restriktionen bestens funktionieren kann. Ist Bargeldhalten ein „Menschenrecht“? Ja, wir meinen schon – zumindest empfindet das heute wohl der weitaus überwiegende Teil der Bevölkerung. Viele Regierungen sehen dies allerdings nicht mehr so.

Digitale Währungen in Aussicht

Bitcoin und andere Kryptowährungen sind im Umlauf, Diem (ex Libra) ist in Vorbereitung, viele Staaten planen digitale Währungen. Die Frage ist nicht, ob sie kommen, sondern wann. Ganz klar werden solche neue Währungen das Bargeld weiter verdrängen. Grund genug, sich mit unseren demokratischen Mitteln dagegen zu wehren. Totalitäre Staaten (wie China z.B.) haben die digitale Währung als Ersatz von Bargeld ganz klar auf dem Schirm.

Grosse Risiken mit der Digitalisierung von Geld

Risiko Nummer eins: Mit der weiteren Entwicklung des elektronischen Bezahlens geht nicht nur die schleichende faktische Abschaffung des Bargeldes einher, sondern der Prozess beschleunigt die Realisierung von digitalen Währungen. Damit wird eine Büchse der Pandora geöffnet: Den weiteren Staatsverschuldungen kann so kaum mehr Einhalt geboten werden. Nur schon deshalb ist es wichtig, den Erhalt von Bargeld zu pflegen.

Risiko Nummer zwei: Das Gefahrenpotential von Cyberattacken durch Hacker oder Terroristen ist bei digitalem Geld noch verheerender als die heutige Verletzbarkeit elektronischer Zahlungssysteme. Auch „normale“, technisch bedingte Pannen hätten noch weit grössere Auswirkungen. Solche Katastrophen wären an sich schon schlimm genug, würden sich jedoch ohne Bargeldumlauf noch krass verstärken. (Gerade für solche Krisen sei es ja jedem geraten, einen ordentlichen Stock Bargeld zu halten.)

Risiko Nummer drei: Zahlungssysteme können schon heute von feindlichen Mächten gegroundet werden. Die Auswirkungen eines Eingriffs in digitale Geldströme wären indessen noch weit fataler. Konflikte müssen heute nicht mehr militärisch ausgetragen werden: Nordkorea, Russland, China, Iran oder die Türkei könnten auf den Gedanken kommen, unsere Systeme zu Fall zu bringen. Eine solche Aktion könnte durchaus hybrid, also verdeckt und ohne offenen militärischen Konflikt erfolgen (“wir waren es nicht…”). Das Resultat wäre nicht sehr appetitlich, denn der Grossteil unseres gesamten zivilen und wirtschaftlichen Lebens würde zusammenbrechen. Selbst neue Kampfflieger könnten hier wohl nichts verrichten, es würde dann insbesondere auch keine Rolle spielen, ob Frau Amherd Raphael, Tiger oder Eurofighter gen Himmel schicken würde (allerdings erst ab 2030.).

Ein paar echte Nötli im Umlauf könnten das Drama jedoch zumindest vorübergehend lindern und das Leben erträglicher gestalten, bis die Misere behoben ist.

Viertes Risiko: Der Staat übernimmt die Kontrolle über unsere Einnahmen, Ausgaben und Ersparnisse. Nicht nur das gesamte Konsumverhalten würde nahezu gläsern. Es kann auch zur schleichenden Enteignung kommen: Wenn dem Bürger die Freiheit genommen wird, den Negativzinsen mit Halten von Bargeld zu entrinnen, hat er längerfristig verloren. 

Cash ist einer der letzten Horte unserer Privatsphäre: Ein Nachvollzug unseres Ausgabenprofils, welches wir nicht preisgeben möchten, ist mit Cash nur erschwert möglich. Der Wunsch nach Privatsphäre hat dabei nichts mit einfachem Verstecken oder kriminellen Absichten zu tun – sondern einzig und allein mit Freiheit. Der Vormarsch von digitalen Währungen wird diese Freiheit leider reduzieren. Und wenn Bargeld keine valable Alternative mehr darstellt, treibt der Staat den Bürger dazu, sein Geld in andere Anlageformen zu konvertieren: also in Immobilien, Aktien, Staatsanleihen, etc. Damit riskiert der Staat, volkswirtschaftlich unerwünschte Bewertungsblasen zu fördern. Das erfolgt schon heute, würde sich mit der Reduktion des freien Bargeldverkehrs jedoch noch akzentuieren.

Fazit:

Der fortschreitende Ersatz von Bargeld durch elektronische Zahlungsmittel ist unaufhaltbar. Allerdings steigen so die Risiken in Krisenfällen, denn unsere Zahlungssysteme werden gegen Angriffe von aussen immer vulnerabler, je mehr wir uns von Bargeld abwenden. Das grösste Risiko besteht allerdings darin, dass der Staat die weitgehende elektronische Kontrolle über unsere privaten Mittel übernehmen könnte – und es so immer leichter wird, uns mit Steuern und Abgaben zu drangsalieren. 

Wie können wir uns dagegen wehren…? True Economics bleibt dran – siehe Folgebeitrag (Teil II) nächste Woche! 

Wenn Kinderärztinnen Digitalwährungen planen

Oder wenn die Büchse der Pandora digital wird

Wenn die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, als ehemalige Kinderärztin eine digitale europäische Währung in Aussicht stellt, so ruft das zumindest  Stirnrunzeln hervor. Von wem sie sich wohl beraten und beeinflussen lässt? Von den Finanzministern klammer Staaten, oder von Geldschöpfungs-Berserkern, wie den Verfechtern der MMT (Modern Monetary Theory)? True Economics beleuchtet die Hintergründe und zeigt auf, wie brandgefährlich solches Tun ist.

Was haben der gute alte Biden, der Staatskapitalist Xi Jinping, der ehemalige Licence-to-kill Agent (Putin), die Juristin Lagarde (Europäische Zentralbank), und eben die Kinderärztin gemeinsam? Erstes träumen sie alle von einer digitalen Währung, zweitens sind sie alle keine Ökonomen, und drittens verstehen sie nichts davon. Auch der deutsche  Finanzminister Scholz, ansonsten nicht gerade ein Ausbund an Dynamik, eher schon die Inkarnation eines altsozialistischen Langweilers, hatte kürzlich für einmal etwas Spannendes von sich gegeben: Er sei gegen dieses „Libra“, aber für eine europäische Digitalwährung. Unserer Ex-Konzertpianistin Sommaruga ist immerhin zugute zu halten, dass sie sich, im Moment noch als Bundespräsidentin, in der Causa „Digitaler Schweizerfranken“ (noch nicht) geäussert hat. Ein besonderes Lob müssen wir unserem Finanzminister Ueli Maurer aussprechen, denn auch er schweigt zu dem Thema. Dabei wäre gerade er noch halbwegs berufen, sich in dieser Sache zu melden – sind bei ihm doch immerhin ein paar dünne ökonomische Spuren in seinem CV auszumachen (KV, führte den Volg). Auch Mutti schweigt. Obwohl es vielleicht gerade der Atomphysikerin Angela Merkel noch zuzutrauen wäre, in dieser komplexen mathematischen und digitalen Mengenlage Kompetenz zusammenzuklauben. 

Natürlich könnten wir nun alle diese Protagonisten in Schutz nehmen und anführen, dass Staatsführer nicht alles selber verstehen müssen – es gibt ja Stäbe, Berater und Spezialisten, auf die man zurückgreifen kann. Aber verstehen auch alle diese Berater diese digitalen Vorgänge…? Erkennen sie die Gefahren?

Immer neue Digitalwährungen

Neue digitale Währungen, wie Bitcoin etwa, stellen eine neue Dimension an Werten dar, weil diese eben in Konkurrenz zu bisherigen Währungen treten. Nach Bitcoin und anderen Kryptowährungen kam nun Libra noch dazu (neu „Diem“), die neue digitale Währung von Facebook: vordergründig die Lösung für Milliarden von Menschen weltweit, die nicht über ein Bankkonto verfügen, hintergründig natürlich als raffiniertes Vehikel, um Kommunikation und Konsum auf einen neuen und lukrativen Level zu führen.

China und die USA wollen sich offenbar in einen Wettlauf in Sachen Einführung von digitalen Staatswährungen begeben. China gar überlegt sich längerfristig die Abschaffung des Bargelds, der digitale Ersatz soll mittels Blockchain-Technik erfolgen – die totale staatliche Kontrolle wäre so perfekt, George Orwells „1984“ Kinderliteratur dagegen.

Sind wir alle überfordert…?

Tatsache ist, dass viele Staaten jetzt kalte Füsse kriegen. Sie haben Angst, dass ihnen die Felle in Sachen Währungskontrolle davonschwimmen, wenn sich immer mehr (private) Konkurrenzwährungen entwickeln. Die Herausgabe von Währungen soll – mehr oder weniger verständlich – staatliches Hoheitsrecht bleiben. Dann doch lieber eigene digitale Währungen lancieren, auch wenn wir die Folgen nicht richtig einordnen können. Und damit sind wir wieder bei der Kinderärztin. In unserer Leserschaft gibt es einige Ökonomen und intelligente Berufsleute, die durch das Stahlbad der Finanzwelt gegangen sind. Doch sie und wir alle (und selbst die schlauesten internationalen Ökonomen) verstehen die Funktion von digitalen Währungen nicht immer à fond. Und sie alle können die langfristigen Folgen der Schöpfung von solchen Werten nicht abschätzen. Was passiert mit der Inflation? Wie sicher ist eine solche Währung in Bezug auf Hacker und Cyberattacken? Oder ganz einfach: Was passiert bei Stromunterbrüchen? Das letzte lässt sich noch am ehesten erahnen. Wir wissen ja, was geschieht, wenn der Kreditkartenterminal ausfällt: Wir ziehen dann unsere Nötli aus dem Portemonnaie. Aber eben: Das Not-Szenario setzt das Vorhandensein von genügend Bargeld voraus – bei jedem persönlich, aber auch im Umlauf.

Elektronische Zahlungsmethoden waren nur die Vorreiter

Wir alle kennen und nutzen die neuen Zahlungsmethoden: ob Kreditkarte, Twint, Google Pay oder andere neuen digitalen Bezahlmittel. Sie sind alle im Vormarsch und verdrängen das Bargeld – Corona hat den Trend noch beschleunigt. Diese neuen elektronischen (oder digitalen?) Bezahlformen sind de facto neue Währungen – zwar in Denomination bekannter Währungen, wie Euro oder CHF. Aber diese Mikroüberweisungen stellen in ihrer Summe bereits Milliarden an neuem künstlichem Geld dar. Es sind de facto bereits Kunstwährungen, welche den Geldumlauf vergrössern. Immerhin basieren sie alle auf unseren Staatswährungen. Aber sie sind dennoch die cybermässigen Vorreiter für parallele digitale Währungen. Die Schnittstelle von traditioneller zu digitaler Währung stellt allerdings einen Quantensprung dar, denn die digitalen Währungen basieren wohl kaum mehr auf reellen Gegenwerten!

Die neuen Währungen könnten auch durch die Hintertüre kommen: als natürliche Weiterentwicklung des elektronischen Geldverkehrs. So würden wir es vielleicht gar nicht merken.

Kryptowährung ist nicht gleich Digitalwährung

Die meisten digitalen Währungen sind heute „Kryptowährungen“, welche i.d.R. auf einer Blockchain-Konstruktion basieren. Zu 50%, so die heutige Schätzung, wird diese heute (so vor allem bei Bitcoin) für kriminelle Zwecke genutzt. Die Zahlungsströme lassen sich nicht „tracen“, benötigen aber einen gigantischen Energiebedarf – was ihre grosse Verbreitung einschränken wird. Das System basiert weltweit auf simultaner Datenverfügbarkeit und verbraucht so eine Unmenge an Energie (bei Bitcoin heute rund den Energieverbrauch Hollands). Ausserdem ist es mit seinem „Mining“-Ansatz volumenmässig limitiert – was immerhin der Kurspflege dient. Solche Blockchain-basierten Digitalwährungen lassen sich also nicht beliebig multiplizieren. Aber das wissen die Notenbanker und Finanzminister der einschlägigen Staaten schon, auch die Kinderärztin. Eine Digitalwährung kann nämlich auch ohne Blockchain funktionieren: Man schafft sie einfach – quasi aus dem Nichts. Man hinterlegt sie nicht mit Gold, eigenen oder Fremdwährungspositionen oder irgendwelchen anderen staatlichen Bilanzwerten. Man stellt sie mehr oder weniger in der richtigen Dosierung einfach ins Netz, wo sie abgerufen werden kann. Zu einfach, um wahr zu sein?

True Economics sagt: Das birgt ein gigantisches Inflationsrisiko in sich. Aber vielleicht wäre gerade dies die beabsichtigte Lösung, um die explodierenden Staatsschulden zu vernichten? Geldentwertung führt ja bekanntlich auch zu Schuldenentwertung. 

MMT: Gift für die Geldstabilität

Die „Modern Monetary Theory“ basiert auf dem Glauben an die fast unlimitierte Schöpfung von Geld und folgenlose Schuldenmache durch den Staat. Dieser sich munter verbreitende Ansatz kommt einigen Staaten im Moment gerade gelegen.

Der Produktionsfaktor Kapital wird also künftig, nachdem de facto auch der Zins nahezu abgeschafft wurde, nichts mehr kosten. Eine wichtige Forderung von Karl Marx wäre damit bereits erfüllt: Das Kapital zumindest gehört jetzt allen. Wenn dann allerdings Inflation droht, ist es zu spät, um die Geldmenge zu regulieren. Würden die Zinsen drastisch erhöht, würden die Ersatzkredite, welche die auslaufenden fortschreiben, zu plötzlich hohen Kosten führen. Staaten mit hohen Krediten, Kommunen und Infrastrukturen wären dann nicht mehr in der Lage, die Zinsen zu stemmen. (Wie in Italien: Wenn das Land für seine Staatsschulden normale Marktzinsen zu entrichten hätte, wäre es schon gestern bankrott gewesen.)

Dass sich Präsident Madura einer Rekordinflation (von 20‘000 Prozent 2019) gegenübersieht, ist nicht einfach gottgewollt. Inflation schleicht sich ja nicht heimlich ins Haus, oder steigt, wie bei Corona, klandestin mit dem Samichlaus durch den Kamin rein. Inflation ist fast immer hausgemacht und ist fast ohne Ausnahme das Resultat von unkontrolliertem Gelddrucken – unter der Fuchtel der Politik.

Das war schon immer so. Nur kommt jetzt der neue digitale Hebel dazu, welcher die wundersame Geldvermehrung befeuern könnte.

Wie sicher sind digitale Währungen?

In einer ersten Phase könnte ein E-Euro (mit der gleichen Denomination, also 1 Euro = 1 E-Euro) nur dem institutionellen und zwischenstaatlichen Verkehr dienen. Anschliessend der Wirtschaftswelt, dann erst den Privaten. Die digitale Währung würde später die traditionelle schleichend ersetzen. Und, das zusätzliche Risiko nun: zum grossen Teil – oder auch ganz? – am Ende das Bargeld ersetzen. Eine Vision nur? Eine Verschwörungstheorie? Ein Schreckensgespinst für uns traditionell Denkenden? Angenommen, dies wäre das beabsichtigte Szenario: Dann müssten wir uns nun, zumindest persönlich, vorsehen. 

Es sind generell grosse Risiken auszumachen, denn digitale Währungen werden noch mehr als die elektronischen Zahlungssysteme Hackern und/oder Cyberattacken durch Terroristen oder verfeindeten Staaten ausgeliefert sein. Ausserdem besteht das Risiko, dass der Staat die totale Kontrolle über das Konsumverhalten der Bürger übernimmt. Und es kommen staatliche Enteignungsrisiken dazu, insbesondere dann, wenn mittels Einschränkung des Bargeldumlaufes den Negativzinsen nicht mehr zu entrinnen ist. Digitale Währungen im Portefeuille würden unser Leben wohl kaum sicherer machen. 

Die Grenzen des Cybergeldes liegen im Vertrauen

Die Hoffnung vielleicht: Die Geldschöpfung wird wohl doch noch endlich sein, wenn das Vertrauen in eine Währung nicht mehr besteht. Wenn also Erdogan z.B. eine digitale türkische Lira auf den Markt wirft, wird das in der Finanzwelt im besten Fall Schenkelklopfen auslösen. Potential für eine Überlebensfähigkeit im globalen Markt hätten nur grosse Währungen wie der US Dollar, der chinesische Renminbi, der Euro und der Yen. Und vielleicht noch der Schweizer Franken und das britische Pfund, in dritter Linie einigermassen starke Nischenwährungen wie der Singapur Dollar oder der kanadische Dollar. Aber auch alle diese Währungen würden ihren Kredit relativ rasch verspielen, wenn übertrieben und grenzenlos Cybergeld geschaffen wird. Die Geschichte lässt sich nicht ausblenden, damit auch nicht eine potentielle Inflation und Geldentwertung. Was uns jedoch nachdenklich stimmen muss: Die Staaten wollen ja gerade Inflation…! (Aber bitte nur ein bisschen, nicht zu viel.)

Eine staatliche Digitalwährung hätte wohl nur Erfolgschancen, wenn diese die „Papierwährung“ 1:1 abbildet und deren Schöpfung klar definierten monetären Regeln unterordnet; so kann sie nicht unendlich multipliziert werden. Ohne Vertrauen in die Währung geht es letztlich nicht. Unsere Kinderärztin und die Juristin bei der EZB tun also gut daran, sich profund beraten zu lassen, bevor sie den E-Euro ins Netz stellen.

DMMT: der gefährliche Cocktail

Die Verbindung nun von MMT und digitaler Währung führt zu einem brandgefährlichen Cocktail: MMT alleine und digitale Währungen alleine bergen schon Sprengstoff. Der Cocktail aus beiden wird jedoch noch explosiver. Durch den Staat geschaffenes Cybergeld müsste erst  recht gar nie zurückbezahlt werden. Der Staat dürfte mit vollen Händen das Geld verteilen, seine Staatsquote damit erhöhen und die Staatsdefizite ins Unendliche wachsen lassen. Das wäre dann in den Augen der Staatsführer wohl gar nicht tragisch, denn ein Schuldendienst ist eh nicht vorgesehen. Gleichzeitig könnte der Staat bzw. die Zentralbank den Geschäftsbanken (und damit der Wirtschaft) noch ungehinderter fast unbegrenzt billiges Cybergeld zur Verfügung stellen.

Der gesunde Menschenverstand sagt uns: So ein Perpetuum mobile kann doch längerfristig gar nicht funktionieren! Vielleicht weiss es jedoch unsere Kinderärztin. Natürlich, sie ist unter Druck: Es fehlt an Geld, die Wirtschaft soll angekurbelt werden, viele Staaten im südlichen Europa sind kaum noch zahlungsfähig, die Schulden sollen deshalb verallgemeinert werden. Vielleicht kommt da so eine Digitalwährung gerade recht?

Der Cocktail aus Digitaler Währung und MMT – nennen wir es DMMT – könnte einem Öffnen der Büchse der Pandora gleichkommen: nämlich zu Finanzsystemen führen, die komplett ausser Kontrolle geraten. Die Geldschöpfung wäre fatalerweise und schlechterdings zu simpel: Der Staat stellt einfach Geld ins Netz, das z.B. zinslos abgerufen werden kann. Unbegrenzt. 

Schon heute wird in vielen Staaten die Erbsünde begangen, dass die Zentralbanken nicht mehr unabhängig sind, dass sich die Finanzpolitik in die Notenbankpolitik einmischt. Wenn spendable Politiker also auf das System von DMMT zugreifen können, wird der Teufel los sein.

Fazit: Mit der Schaffung von digitalen Staatswährungen besteht tatsächlich die Gefahr, dass das Weltfinanzsystem ausser Kontrolle gerät. Zudem sind die Risiken aufgrund von elektronischen Pannen oder Cyberangriffen nicht zu verharmlosen. Wie stabil eine digitale Währung sein wird, wissen wir – und auch die schlauesten Ökonomen – heute schlichtweg nicht. Es fehlen die Erfahrungswerte. Wir wissen nur eins: Je elektronischer und digitaler der Zahlungsverkehr wird, desto kontrollierter wird auch die Überwachung von Kapital, Einkommen und Ausgaben. Und desto unkontrollierter werden auch die Finanzsysteme. Aber nicht genug: Stehen wir heute etwa vor der faktischen Abschaffung des Bargeldes? True Economics bleibt dran und wird der Sache im nächsten Beitrag vertiefter nachgehen.

Immobilienmarkt: Was macht der smarte Investor jetzt…?

Die Trends waren schon seit ein paar Jahren ziemlich eindeutig, bedingt durch tiefe Zinsen, neue Wohnansprüche und die Digitalisierung. Corona bringt nun eine Akzentuierung und zusätzliche Verschiebungen ins Spiel. True Economics untersucht fünf Märkte, bzw. Anlageformen: Gewerbeliegenschaften, Büroliegenschaften, Mietwohnungen, Wohneigentum und Immobilienfonds. Wo soll der smarte Investor noch investieren? Die Antwort hier gleich vorweg: Es kommt zurzeit nur noch eine einzige Anlageform in Frage!

Zu unserer Auslegeordnung gehört, dass wir 4 Megatrends beobachten, welche von weiteren 4 Corona-bedingten Trends verstärkt oder gestört werden: 

Megatrend Nummer 1: Zinsen auf Tiefstand befeuern die Preise für Wohneigentum

Erst recht in der Folge der weltweit explodierenden Staats-Verschuldungen werden nun die Zinsen auch längerfristig tief bleiben. Das Welt-Finanzsystem würde schlichtweg kollaborieren, müssten die Staaten rund um den Globus nun nächstens mit Zinserhöhungen rechnen. Auf absehbare Zeit werden wir also keine Zinsen mehr sehen. Ergo lohnt sich Verschulden auch längerfristig – ob privat oder institutionell. Die gesunde Nachfrage nach Wohneigentum wird damit anhalten, die Immobilienpreise werden kaum sinken.

Megatrend Nummer 2: Anlagenotstand der Pensionskassen beeinflusst den Mietwohnungsmarkt

Aufgrund mangelnder Rendite-Alternativen wird weiter in Immobilien investiert. Das absehbare Überangebot wird jedoch auf die Renditen für Investitionen in Mietwohnungen drücken.

Megatrend Nummer 3: Es braucht weniger Büroflächen

Digitalisierung und flexibleres Arbeiten führen tendenziell zu weniger Bedarf an Büroflächen. Das drückt auf die Preise.

Riesige Grossraumbüros werden wohl der Vergangenheit angehören. Die Firma IBM hatte uns bereits vor 20 Jahren schockiert, als sie die festen Arbeitsplätze abschaffte und durch individuelle Rollcontainer ersetzte, welche beim Eingang der Büros gefasst werden konnten. Natürlich wurde dies zum grossen Teil wieder rückgängig gemacht. Aber seit ein paar Jahren setzt sich ein Trend zu Homeoffice durch – selbstredend nicht nur bei IBM.

Zudem dämmert bei vielen Firmen langsam die Erkenntnis, dass es in der Tat absurd ist, einzelne Büros oder eine grosse Anzahl an Arbeitsflächen zu unterhalten, wenn diese gar nicht ausgelastet sind (weil sich Mitarbeiter im Markt draussen oder im Homeoffice befinden). Für die Aussendienst-Sitzung am Montag braucht es z.B. keine speziellen Büros mehr. Weniger Raum für klassische Arbeitsplätze ist also gefragt, mehr Raum für Teambildung, Newsrooms, Räume für Besprechungen und Koordination, zuschaltbar auch für Externe. Das Prestige des Einzelbüros verblasst, der Status der elektronischen Vernetzung kompensiert.

Ausserdem setzen sich neue Büro-Nutzungsformen durch: Multifunktionalität von Räumen, Split-Offices, flexible Büroflächen, Co-Working-Spaces. Nicht der einzelne Arbeitsplatz hat mehr Planungs-Priorität, sondern die digitalen Kommunikationsmittel und das Daten-Management, welche künftig den Raumbedarf definieren.

Alles nicht neu und nicht überraschend? Vielleicht. Aber neu ist die Nachhaltigkeit dieses Trends, ein Point of no Return. 

Das Resultat: Es braucht auch längerfristig weniger Büroflächen, jedoch modernere Strukturen, welche wiederum besser durch modernere Gebäude geschaffen werden. Also geraten die Preise und Mieten für klassische Büroflächen noch weiter unter Druck. Und der Druck wird anhalten, denn die Umnutzung des Überangebotes dauert eine Ewigkeit.

Megatrend Nummer 4: Gewerbeflächen unter Druck

Der Onlinehandel senkt die Nachfrage nach Retailflächen, die überhöhten Mietpreise der letzten Jahre werden stark korrigiert. Im verarbeitenden Gewerbe und der Industrie (oder zumindest was davon übrig geblieben ist in der Schweiz) ist ebenso ein nachhaltiger Umbau festzustellen. Roboterisierungen befeuern den Trend zusätzlich. Roboter müssen übrigens keine Distanz halten und auch keine Masken tragen…

Die Digitalisierung wird die De-Industrialisierung weiter fördern. Der bisherige Bedarf an Gewerbeflächen im herkömmlichen Sinne (für Einzelhandel, Gewerbe und Industrie) wird sich kaum mehr ausweiten – und damit kommen auch in diesem Bereich die Preise weiter unter Druck.

Trend Nummer 5 (Nach-Corona-Trend): Wohnansprüche verändern sich

Die Corona-Pandemie hat uns sehr gut vor Augen geführt, wie wertvoll schönes Wohnen sein kann. Also nicht zu beengt, vielleicht im Grünen, vielleicht mit Garten – oder zumindest mit Balkon, Terrasse. Schon jetzt ist diesbezüglich ein neuer Nachfrage-Trend auszumachen. Das Leben zuhause wird wichtiger, die urbaneren Lebensformen – mit extensivem Ausgehen, auswärts Essen, etc. – sublimierten sich vorübergehend quasi über Nacht. Also doch lieber raus aufs Land…? Der kurzfristig auszumachende Trend zur Korrektur der Wohnansprüche könnte sich als ein nachhaltiger herausstellen, wenn die Pandemie-Auswirkungen noch länger andauern.

Diese Beobachtung konzentriert sich übrigens nicht nur auf die Schweiz. In den USA ist ein klarer Trend zu mehr Nachfrage nach ländlicherem Wohnraum auszumachen. Oder ein weiteres kosmopolitisches Beispiel: In Dubai ist ein starker Trend zu Villen mit Garten zu verzeichnen, weg von den chicen urbanen Apartments. Eine Momentaufnahme nur? Wir glauben nicht, denn dafür wird die Krise zu lange dauern. 

Trend Nummer 6 (Nach-Corona-Trend): Homeoffice verändert den Markt

Mehr Homeoffice bedeutet nicht nur weniger Bedarf an Büroflächen. Parallel wird sich auch der Bedarf nach mehr Wohnraum entwickeln. 

Immer mehr Firmen werden diesen Trend stützen. Techfirmen entschädigen ihre Mitarbeiter bereits für Homeoffice: für Geräte, Büromöbel oder Büroraum. Durch den Wegfall des Pendelns ergeben sich individuell zudem nicht nur geografisch neue Wohnoptionen, sondern die ökonomischen Einsparungen werden mit Sicherheit auch in mehr Wohnraum investiert werden.

Die Schleusen für mehr Homeoffice wurden Corona-bedingt geöffnet. Trotzdem werden dieser Entwicklung Grenzen gesetzt. Es geht dabei nicht nur um die Überlegung, dass ganze Sektoren der Wirtschaft davon ausgeschlossen bleiben. Grenzen setzen auch die Pflege der Unternehmenskultur, der Verlust von Teambildung, von Innovationsentwicklung und sozialem Austausch. Letztlich geht es auch um Fragen der Führung. Aber es bleibt trotz dieser Grenzen ein Trend, der auf mehr Wohnraum hinweist, allenfalls auch – unter anderem preisbedingt – auf weniger urbane Nachfrage. 

Trend Nummer 7 (Nach-Corona-Trend): zu viele Miet- und Investitionsobjekte im Gastronomie und Tourismus.

Diese Branchen werden noch Jahre brauchen, bis sie sich wieder – auf welchem Niveau dannzumal auch immer – aufgerappelt haben. Mietzinse und Preise für die betroffenen Liegenschaften verzeichnen starke Rückgänge; diese werden weiter sinken. Es trifft vor allem Gastronomie, Hotellerie und generell den Tourismus der Innenstädte. Umnutzungen werden unumgänglich werden, sofern überhaupt realisierbar, und Mietzinse und Objektpreise werden für längere Zeit im Keller bleiben.

Ein gegenteiliger Trend könnte sich für Ferienimmobilien in der Schweiz entwickeln. Aber das sind nur erste Vermutungen und wird von der Dauer der Pandemieeffekte abhängen. 

„Nicht-Trend“ Nummer 8: Corona drückt auf die Preise für Wohneigentum?

Zu Beginn der Krise wurde vermutet, dass die höhere Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Unsicherheit und/oder die Erhöhung der Sparquoten auf die Nachfrage und damit auf die Preise für selbst genutzte Wohnobjekte drücken könnten. Die Tragbarkeit für die Finanzierung von Wohneigentum könnte in vielen Fällen neu kalkuliert werden und den Investitionsspielraum einschränken. So könnte ein Trend zu kleineren Wohnungen einsetzen (aufgrund von Einkommensreduktionen, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Unsicherheit).

Bis jetzt sind allerdings solche Effekte kaum auszumachen – oder sie werden von andern Effekten überlagert, wie der Wunsch nach mehr Wohnraum. Und vor allem: wenn, dann handelt es sich nicht um einen „systemischen“ Trend, sondern um eine mehr oder weniger einmalige Erscheinung.

Zweiteilung des Wohnungsmarktes

Am wichtigsten für uns als Investoren ist die Erkenntnis, dass zurzeit eine klare Zweiteilung des Wohnungsmarktes stattfindet. Seit einigen Monaten hat sich der Mietwohnungs-Markt vom Wohneigentums-Markt abgekoppelt.

Dahinter steckt vor allem der Umstand, dass institutionelle Anleger, vor allem die Pensionskassen, nur anlegen wollen; sie verstehen den Handel mit Immobilien nicht. Sie kaufen nicht auf, um umzunutzen, zu renovieren und anschliessend wieder zu verkaufen – mit dem dazugewonnenen Agio. Unter “Entwicklungsprojekten“ verstehen sie i.d.R. nur das Erstellen von Neubauten. Sie wagen sich z.B. nicht an Altbauten oder an schöne Industriebrachen, welche aufgewertet und/oder zu attraktiven Wohneinheiten umgebaut und anschliessend wieder dem Markt übergeben werden könnten – zur Vermietung, oder, erst recht nicht, zum Verkauf. Sie erstellen lieber eine 0815-Überbauung an einer Kantonsstrasse. Diese erzielt dann allerdings nur eine dünne Rendite oder produziert zu allem Übel noch Leerstände. Diese Fehlentwicklung wird sich künftig noch akzentuieren. 

Aber der Investitionshunger hält trotzdem an. Es wird in zu viele neue Projekte investiert, welche der Mietermarkt nicht mehr absorbieren kann: Der Druck auf die Mieten und damit auf die Rentabilitäten von Wohnliegenschaften ist seit einem guten Jahr auszumachen. So lange die Zinsen jedoch tief bleiben – also noch sehr lange – wird die Umschichtung von institutionellen Anlagen aus Obligationen in Immobilien weiter anhalten. Die regelmässigen Mieteinnahmen einer Renditeliegenschaft scheinen immer noch genügend attraktiv zu sein, auch wenn sich die Renditen in einzelnen Regionen langsam bei unter 2% einreihen. Kommt es zu einem Crash? Zumindest für Mietwohnungsanlagen ist dies nicht auszuschliessen. Mittelfristig – als Crash-Alternative vielleicht? – könnte ein Shift von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen erwartet werden. Das wäre die eleganteste Lösung, um den Überbestand in einem Markt mit einem Unterbestand im andern Markt zu kompensieren. Dafür müsste allerdings der Druck auf den Markt noch stärker werden – deshalb wohl nur ein mittelfristiges Szenario. Im Moment machen offenbar Einzelverkäufe von Wohneinheiten von Institutionellen an Private (also die Mutation von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen) keinen Sinn. Die Einmalgewinne locken kaum, die frei gewordenen Mittel müssten wieder mühsam parkiert werden – wieder in Immobilien…

Der zweite Treiber dieser Abkoppelung liegt im Umstand, dass es offenbar zu wenig private Investoren gibt, welche grössere Liegenschaften oder Siedlungen erstellen, um sie dann (gewinnbringend) in Einzelteilen in Form von Eigentumswohnungen, Reihenhäuser oder freistehenden Häuser im Markt zu platzieren.

Der Investitionswille von Individuen für den Erwerb von Wohneigentum ist auf jeden Fall ungebrochen. Geld kostet nichts, und so bleibt kaufen günstiger als mieten.

 Damit ergeben sich für den smarten Investor folgende Konsequenzen:

1. Markt für Gewerbeimmobilien: Hände weg

Die grosse Korrektur kommt erst noch. Es wird eine weitere Wertvernichtung stattfinden.

2.Markt für Büroflächen: Hände weg

Es braucht künftiger weniger Büros, trotzdem befinden sich noch Projekte in der Pipeline. Die Preise werden weiter sinken.

3. Markt für Wohnliegenschaften: Hände weg

Pensionskassen überfluten den Markt mit neu erstellten Mietwohnungen.

4. Immobilienfonds: Hände weg

Die meisten Fonds sind toxisch, da diese viele Gewerbe- und Büroflächen enthalten oder demnächst auf einem Überbestand an Mietwohnungen sitzen bleiben. Die effektiven Preise dieser Liegenschaften hinken den realistischen Bewertungen hinterher, denn die meisten auslaufenden Mietverträge werden später auf einem tieferen Niveau abgeschlossen werden – was unweigerlich zu Tieferbewertungen der Liegenschaften und damit der Fondswerte führen wird.

5. Markt für Wohneigentum: kaufen

Der Markt ist in den meisten Regionen ausgetrocknet. Wohnen wird künftig nicht billiger werden –  allein schon, weil Geld nichts kostet. Der Nachfrageüberhang drückt zwar die Preise etwas nach oben. Aber, die gute Nachricht: Hier findet kaum Spekulation statt. Die Nachfrage ist echt, das Angebot einfach zu klein – die Preise werden sich also demnächst nicht stabilisieren. Den Corona-Einbruch hat es nicht gegeben, und es wird ihn wohl auch nicht geben. Im schlimmsten Fall wäre eine vorübergehende Minikorrektur in einzelnen Segmenten zu erwarten. Also lohnt sich der Kauf von Einfamilienhäusern oder Wohnungen an guten Lagen selbst dann, wenn der Preis etwas hoch erscheint. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Was schön ist: Wir können ziemlich sicher sein, dass das Geld kaum teurer wird. Die Tiefzinsphase wird noch sehr lange anhalten, also hängt kein Damoklesschwert von plötzlich hohen Hypothekarzinsen über uns.

Der Staat schläft

Eine ziemlich elegante Lösung, um mehr Angebot an Wohneigentum zu schaffen, wäre die forcierte Umzonung von Industrie- und Gewerbeflächen in Wohnflächen – und zwar möglichst zu Wohneigentum, nicht zu Mietobjekten. Grössere Einheiten an ungenutzten Flächen liegen  heute quer durchs Land brach; sie wären zudem relativ preiswert, da die Lagen oft dezentral sind. Das wären oft attraktivere Lösungen als die vielen Neubauten an schlechten Lagen, in tristen Agglomerationen, an lärmigen Strassen. Nur der Staat könnte solche Umzonungs-Lösungen fördern. Bis heute scheint aber noch kein Rezept gefunden zu sein, wie man hier Entscheidungsprozesse von Politik und Staat beschleunigen könnte. Umzonungen sind in der Schweiz nach wie vor politische Endlosspiele, die Jahre und Jahrzehnte verschlingen. Umso schwieriger wird es für den smarten Investor, in diesem Bereich private Projekte zu lancieren.

Fazit:

Von privaten Investitionen in Gewerbe- oder Büroliegenschaften, aber auch in Wohnliegenschaften zu Anlagezwecken ist zurzeit abzuraten – deshalb ebenso in Immobilienfonds.

Es verbleiben einzig Investitionen in Wohneigentum zur Eigennutzung. Oder überschaubare Transformationsprojekte, welche Mehrwert generieren und anschliessend wieder abgestossen werden können. Hier wären Kapitalgewinne auszumachen – aber kaum mehr Gewinne auf Renditebasen.

Die gute Nachricht: Die Bewertungsblase im Immobilienmarkt betrifft vor allem Mietwohnungsanlagen, nicht aber Eigenheime und Eigentumswohnungen. Also jetzt doch noch kaufen – es wird auf absehbare Zeit nicht günstiger werden!

Trumpismus – das Unwort des Jahres 2020?

Der Spuk ist vorbei. Wir können aufatmen. Alles erscheint plötzlich besser als Trump – so sehen es zumindest der überwiegende Teil der westlichen Bevölkerung und deren Staatschefs. Dabei tritt völlig in den Hintergrund, wie die Alternative aussehen sollte. Das ist inzwischen allerdings ziemlich egal. Hauptsache, der irre Hasardeur mit den orangen Haaren ist weg. Zeit für eine objektive kleine Analyse also: Was hat uns der „Trumpismus“ gebracht? War wirklich alles falsch, kontraproduktiv und chaotisch  – oder sind trotz allem positive Lichtblicke auszumachen? Zeit, vor allem ökonomisch Bilanz zu ziehen.

Was anfänglich noch einen gewissen Unterhaltungswert hatte, war plötzlich nicht mehr lustig. Schon sehr bald wurde einem durchschnittlichen Bildungsbürger bewusst, dass es gar nicht um „America First“ ging – sondern um „Trump First“.

Trotzdem: Vielleicht war doch nicht alles komplett schlecht und/oder falsch? „Wirtschaftlich hat er einiges getan“ – das hören wir doch hie und da. Wirklich? 

Nicht alles komplett falsch

Durchaus berechtigt waren Trumps Überlegungen in Sachen Steuersenkungen. Nebst den sehr hohen Spitzensteuersätzen für natürliche Personen waren insbesondere die Unternehmenssteuern von 35% nicht mehr auf einem wettbewerbsfähigen Niveau. Aber das Vorgehen des autokratisch und selbstherrlich agierenden Präsidenten war falsch: Die drastische Senkung der Steuersätze (Unternehmenssteuern z.B. auf 21%) führte zu starken Steuerausfällen, welche die Budgetdefizite der grössten Volkswirtschaft der Welt beträchtlich erhöhen. Schon Ronald Reagan – mit Reaganomics – war mit dieser Strategie (zumindest was die Staatsdefizite angeht) gescheitert. Plötzliche Steuersenkungen werden nicht einfach mit plötzlicher Bereitschaft kompensiert, konstant höhere Gewinne auszuweisen. Und keine Volkswirtschaft kann sich so schnell entwickeln, dass blitzartig mehr Unternehmensgewinne ausgespuckt werden können. Der Vorgang ist doch etwas anspruchsvoller, braucht Zeit und muss von einem ganzen Strauss an flankierenden Massnahmen begleitet werden. Corona wirkte dann in diesem Jahr noch als endgültiger Brandbeschleuniger, um die Staatsverschuldung der USA in noch nie gekannte Höhen zu treiben. Das wahlkampf-motivierte Verteilen von Corona-Helikoptergeld machte die Sache dabei nur noch schlimmer.

Zwar repatriierten ein paar grosse Firmen ihre Aktivitäten und vor allem ihre Steuersubstrate in die USA. Auch holten grosse US Konzerne ein paar stille Reserven aus den Kellern ihrer Bilanzen, welche nun, in diesem attraktiven Trump’schen Steuer-Slot, versteuert werden konnten. Optisch sah so 2019 noch alles wie Weihnachten aus, plötzlich wiesen viele Unternehmen schöne Gewinne aus. Das tat auch der Börse gut. Nachhaltig war die Übung indessen nicht, denn die ansehnlichen Wachstumsdaten der Wirtschaft waren nur erkauft. Aber letztlich ging es so oder so nur um den kurzfristigen Erfolg eines Egozentrikers und seine geplante Wiederwahl. 

Ein zweiter Punkt: Dass die ausufernde Bürokratie eingedämmt werden musste, war klar und somit eine im Grunde kluge Überlegung und ein Versprechen des neu gewählten Präsidenten im Jahre 2016. Aber auch hier scheiterte der Plan, und das Gegenteil fand statt: Viele neue Gesetze wurden eingebracht, ohne auch nur im Ansatz einen konsequenten Rückbau des Verwaltungsapparates und bürokratischen Hindernissen vorzunehmen.

Ein dritter Punkt: Das Misstrauen Trumps gegenüber China war durchaus berechtigt. Diesen Staat also mal in die Schranken zu weisen, war vom Prinzip her nicht falsch. Aber komplett falsch war das Anzetteln eines Handelskrieges, welcher Amerika nur verlieren kann. Die Wettbewerbsfähigkeit der USA hat sich inzwischen klar verschlechtert, und das Handelsbilanzdefizit mit China hat sich nicht verbessert, sondern rückte sogar noch weiter ins Minus. Dass Trump in China den Spitznamen „Trump, the nation-builder“ trägt, spricht Bände: China sieht in Trump einen Beschleuniger des Niedergangs der USA und damit einen „Nation-Builder“ für China…

Der Wirtschafts-Ausweis der Ära Trump sieht bei Lichte betrachtet also gar nicht rosig aus – selbst dann nicht, wenn die Corona-Blessuren ausgeklammert werden.

An vielen Orten gescheitert:

Die weiteren Punkte auf der Versagensliste türmen sich zu einem bemerkenswerten Berg an neu aufgebauten Problemen: Zu nennen sind beispielsweise das Komplett-Versagen in der Corona-Krise oder die weltweit gescheiterte Handels- und Wirtschaftspolitik – nicht nur mit China. Dass die America First-Strategie langfristig ein Schuss ins Knie war, ist wohl den meisten Ökonomen klar. Protektionismus war noch nie ein guter Begleiter für nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Politisch kommt diese nationalistische Strategie indessen immer ganz gut an. Diese populistische Sünde begehen übrigens nicht nur Republikaner – Demokraten ebenso.

Aussen- und innenpolitisch hatte der Trumpismus auch nichts erreicht – ausser Zwietracht gesät und dem Ansehen der Supermacht geschadet. Und mit der Kündigung oder Torpedierung von internationalen Abkommen hatten sich die vom Trumpismus kontaminierten USA – offenbar in ihrem Grössenwahn und damit zusammenhängenden Hang zum Unilateralismus – zusehends abgekoppelt von der Welt.

Und die Schweiz?

Oft gelobt wurden die guten Verbindungen unserer Regierung und Institutionen zur Trump-Administration. Ueli Maurer durfte sogar mal im Weissen Haus vorbeischauen. Aber gebracht hat es schlicht und ergreifend nichts. Im Gegenteil: Die Schweiz blieb z.B. von den neuen Stahlimport-Zöllen der USA nicht verschont. Und das geplante Freihandelsabkommen konnte in den vier Jahren auch nicht abgeschlossen worden.

Komplettes Versagen in der Werte-Wertung

Dass die grösste Wirtschaftsmacht der Welt von einem derart erratischen und ziemlich skrupellosen Hasardeur geführt wurde, hat der gesamten westlichen Welt geschadet. Und sie hat unsere Werte-Wertung durcheinander gebracht. Fake News, Verschwörungstheorien, Verunglimpfungen, Nepotismus und konstantes Lügen kennzeichnen den Trumpismus und wurden an vielen Orten fast salonfähig. Die Orbans, Salvinis, Modis und Bolsenaros dieser Welt klatschten in die Hände – ihnen war der Umstand gleich, dass hier ein Regierungssystem vor sich hin werkelte, welches offenbar ohne moralischen Kompass funktionierte. Gut, ist der Spuk nun vorbei. Zu hoffen bleibt, dass sich allfällige üble Nachwirkungen in Grenzen halten werden. Vermutlich werden wir jedoch mit dem Phänomen der Ära Trump noch weiter zu tun haben – beispielsweise in Form eines skurrilen Schattenkabinetts, als unseliger trumpistischer Strippenzieher der republikanischen Partei oder einer TV-Station mit alternative facts. Oder es bleibt uns ganz einfach vergönnt, die Prozesse und Machenschaften eines geschmacklosen Emporkömmlings aus den Klatschspalten weiterzuverfolgen. Zumindest von der globalen Realpolitik bliebe das Phänomen dann wenigstens ausgesperrt. 

Fazit:

Leider gibt es im Trumpismus kaum positive Lichtblicke auszumachen. Ökonomisch und moralisch ist der wirre politische Ausflug gescheitert. Ein paar gute Gedanken waren dabei: wie der Protest gegen die Rücksichtslosigkeit Chinas, der Abbau der Bürokratie oder die Steuersenkungen. Aber entweder blieb es nur bei den Gedanken und leeren Versprechungen oder die Umsetzung scheiterte. Die Bilanz des Trumpismus ist letztlich verheerend – insbesondere was die Vorbildfunktion des vielleicht wichtigsten Staatsoberhauptes der Welt betrifft. Grund genug, diesen Term „Trumpismus“ zum Unwort des Jahres zu küren. True Economics wird ihn, aus Protest, nicht mehr – wirklich nie mehr! – verwenden.

Kommt jetzt die Stag-Deflation?

Oder was uns nach dem Corona-Einbruch wirtschaftlich nun wohl erwartet

Nach der Coronakrise müssen erst einmal die Wunden geleckt werden. Weltweit werden explodierende Staatsschulden auszumachen sein, die Nachfrage in den Volkswirtschaften wird nicht gleich explodieren, und Jobs werden noch länger fehlen. Was kommt nun? Rezession? Depression? Stagnation? Inflation? Stagflation? Deflation? True Economics wagt eine Prognose und greift zu einer eigenen Wortschöpfung: Es kommt zur Stag-Deflation. Das gab’s bisher noch nicht. Weder den Zustand noch das Wort.

Die Geldpolitik hat global versagt

Der Trick mit den tiefen Zinsen hat bekanntlich nicht funktioniert: Seit 12 Jahren versuchen die Notenbanken mit billigem Geld die Wirtschaft in Gang zu bringen. Dabei ging schlichtweg vergessen, dass der Bürger nicht per se mehr Geld ausgibt, wenn er keine Zinsen erhält. Und dass die Unternehmen nicht auf Knopfdruck mehr Kredite aufnehmen und investieren, nur weil das Geld nichts kostet. Die Mikroökonomie braucht eben auch “Opportunities” und liberale attraktive Bedingungen – sonst läuft nichts! Nachfrage braucht es übrigens auch noch.

Gerade in Krisenzeiten, wenn die Bürger ihre Sparquote erhöhen, nützen jedoch selbst Negativzinsen nichts, um die Wirtschaft quasi zwanghaft anzukurbeln. Die Geldpolitik hat damit global versagt. Geblieben sind nur eine irre Geldschöpfung und explodierende Staatsschulden. Weder die kleine Inflation noch grosses Wachstum sind eingetreten. Nicht einmal eine Stagflation konnte erzielt werden. So hätten die klammen Länder nämlich mittels Inflation wenigstens ihre horrenden Staatsschulden teil-vernichten können – wenn auch bei gleichzeitigem Nullwachstum.

Depression: das Unwort

Dass wir uns in einer Rezession befinden, ist evident. Theoretisch gar in einer Depression – rein definitionsgemäss. Aber das Unwort darf offenbar nicht verwendet werden, alle Welt und auch die Medien meiden es wie der Teufel das Weihwasser. Obwohl es vorübergehend zutreffen würde. 

Rezession bedeutet Abschwung, welcher die Wirtschaft wieder ins Gleichgewicht bringt. Mit negativen Wachstumsraten während zweier aufeinanderfolgender Quartale ist man dabei – diesbezüglich müssen wir uns keine Sorgen machen: Das ist bereits eingetreten. Da die Wirtschaft jedoch wohl länger auf einen Aufschwung warten muss, diverse Strukturen beschädigt wurden und zudem der Staat eingreifen muss, stecken wir nun, wiederum definitionsgemäss, am Beginn einer (wohl vorübergehenden) Depression. Das Unwort.

„Stag-Deflation“: Das ist neu

Das Nach-Corona-Resultat wird hoffentlich keine echte Depression sein. Aber vermutlich wird eine weiter anhaltende kleine Deflation herrschen, sowie eine Stagnation – und zwar durchs Band. Damit befinden wir uns in einer Stag-Deflation. Das ist eine neue Kombi. Sie hat nichts mit einer Depression im bisherigen Sinne zu tun, diesem Schreckensgespinst, das uns vor bald hundert Jahren heimsuchte: die gefährliche Abwärtsspirale von Angebot und Nachfrage bei gleichzeitig starker Preiserosion. Stag-Deflation könnte uns jedoch durchaus die nächsten paar Jahre begleiten. Die Corona-Blessuren brauchen Zeit, um zu verheilen, die Sparquoten müssen runter – wofür es Zuversicht braucht. Die fehlende Nachfrage drückt vermutlich noch eine Zeitlang auf die Preise, und der Wirtschaftsmotor springt nicht an – da können die Zentralbanken noch so viel billiges Geld fluten oder uns gar mit Negativzinsen beuteln – es nützt nichts. Stag-Deflation: vielleicht die „neue Normalität“, um ein weiteres Unwort zu strapazieren.

Wenn wir die Zahlen etwas grosszügig analysieren, dann herrscht dieser Zustand seit Jahren bereits in Japan: kaum Wachstum, während gewissen Perioden gleichzeitig ein bisschen Deflation. Bei uns könnte dieser Zustand nun noch deutlicher eintreten.

Wo sind die Impulse?

Was mehr nützen würde als die Erhöhung von Staatsausgaben und billiges Geld: Flexiblere Leitplanken für die Wirtschaft, vernünftig tiefe Steuern, ein liberalisierter Welthandel ohne hohe Zölle und andere Handelshemmnisse. Gleichzeitig vernünftig wirtschaftende Staatshaushalte. Eine Utopie? Und wer wohl den Anfang machen wird? China? Oder jetzt die USA? Europa? Zumindest in der westlichen Welt ist bis jetzt kein Vorreiter auszumachen. Also müssen wir wohl mit dieser Stag-Deflation leben – zumindest vorübergehend, bis sich Angebot und Nachfrage wieder eingependelt haben. Dafür muss auch der Arbeitsmarkt wieder ins Lot kommen – ohne flächendeckende Kurzarbeit und (im Anschluss daran) unvermeidbar höhere Arbeitslosigkeit. Und es braucht diese positiven Impulse.

Fazit:

Nach dem vorübergehenden Phänomen der Stag-Deflation wäre vermutlich erst eine Periode der Stagnation angesagt: weder Deflation, noch Inflation, aber leider immer noch kein Wachstum. Für Wachstum – und damit einhergehender kleiner Inflation – brauchen wir die Notenbanken nicht. Das billige Geld hat kaum etwas gebracht. Es braucht, nebst guten staatlichen Rahmenbedingungen, schon eher nicht-monetäre positive Impulse. “Opportunities” – und zwar nicht nur vereinzelt, sondern global. Dafür müssen wir künftig auf liberalere Wirtschaftsordnungen hoffen, auf einen freien Welthandel, auch auf die Zerschlagung von Kartellen und Monopolen, auf den Abbau von Protektionismus, auf weitere Innovations-Impulse. Es gibt noch viel zu tun.

Wann kommt endlich die Inflation?

Oder: Wurden wir über all die Jahre von unseren Zentralbanken betrogen?

Seit der Finanzkrise 2008/2009 hat sich die Inflation von der Geldmenge abgekoppelt. Wenn zu viel Geld in das System gepumpt wird, gibt’s Inflation. So die bisherige Lehre. Aber jetzt kriegen die Regierungen trotz Geldschwemme keine Inflation mehr hin – und obwohl sie diese doch so gerne hätten. 2% Inflation möchten die meisten: ein Wert, der für den Konsumenten kaum spürbar sei, und den die Volkswirtschaft brauche, um zu wachsen. Nun wurde über Jahre also Geld geflutet,  tiefe Zinsen angesetzt und zum Teil bewusst die Währungen geschwächt, um die Exporte zu beflügeln. Tiefe Zinsen reflektieren das Vertrauen in eine Währung – also auch gut. Aber wann hört dieser Wettlauf auf? Und wann kommt plötzlich, mit Wucht, trotzdem die Inflation? Oder irren wir uns, und die Inflation ist bereits zur Hintertüre reingeschlichen, und wir haben es nicht bemerkt? True Economics analysiert.

Die Notenbanken haben uns betrogen

Ursachen für Inflation können einerseits die Ausweitung der Geldmenge sein, jedoch auch ein Nachfrageüberhang – wenn das Angebot nicht mithält. Es gibt auch die angebotsgetriebene Inflation, weil sich die Produktionen und Dienstleistungen verteuern. So die Lehrbücher. Nur: Seit 12 Jahren laufen die Notenbankpressen auf Hochtouren und die Zinsen oszillieren weltweit um die Nullmarke. Vordergründig galt es, die Wirtschaft mit billigem Geld anzukurbeln. Es hat nicht funktioniert. Eigentlich wurden wir von den Notenbankern und Politikern über Jahre betrogen, denn hintergründig ging es den Herren Dragi & Co. nur darum, mittels Inflation die Staatsverschuldungen abzubauen (da diese sich quasi teil-vernichten mit der Geldentwertung). Was eben misslang. Aber der Betrug geht weiter, denn die grosszügigen Corona-Geldverteilungen lassen die Schuldenberge weiter explodieren und erfordern jetzt erst recht eine Nullzins-Politik. Gleichzeitig wird immer noch von diesem optimalen zweiprozentigen Inflationsziel schwadroniert. 

Lange Betrugsliste

Die Negativliste der Begleiteffekte für den Bürger ist lang: Negativzinsen, reduzierte Rentensicherheit, erschwerte Ersparnisbildung, die nächsten Generationen bleiben auf gigantischen  Schuldenbergen der Staaten sitzen.

Es war letztlich ein Schuss in den Ofen: Via günstiges Geld hätten die Zentralbanken die Geschäftsbanken mit viel und günstiger Liquidität ausrüsten sollen, damit diese billige Kredite vergeben können. So sollte die Wirtschaft angekurbelt werden. Nur: Das Problem liegt nicht beim Angebot. Firmen expandieren nicht unverhofft, weil Kredite en masse und günstig auf der Strasse liegen. Es braucht Nachfrage. Immerhin könnte ein „Leverage-Effekt“ winken, es bräuchte – verhältnismässig – weniger Eigenkapital, wenn (günstiges) Fremdkapital eingesetzt werden könnte – also würde das Eigenkapital dank Hebelwirkung höhere Renditen abwerfen. Aber von diesem Leverage-Effekt profitieren nur die Firmenbesitzer oder die Aktionäre. Die Unternehmen investieren deshalb nicht mehr. Der Volkswirtschaft als Ganzes dient das nicht.

Kommt hinzu, dass in einzelnen Ländern staatliche Hürden, Auflagen, Soziallasten und Steuern dermassen zugenommen haben, dass es, abgesehen von der schwachen Nachfrage, für die Firmen einfach zu wenig attraktiv ist zum Investieren.

Wer möchte heute schon in Ländern wie Frankreich, Italien, Spanien oder Deutschland – auf KMU-Basis – investieren? Wer schnallt sich freiwillig diese Unternehmerbürde an…?

Hat die Ökonometrie ausgedient?

Es scheint, dass weder Keynesianer noch Monetaristen – noch unabhängige Ökonomie-Mathematiker, also die Ökonometriker – richtig liegen. Die Ausweitung der Geldmenge und die Niedrigzinsen hätten laut Lehre schon lange zu Inflation führen sollen. Auch das QE (Quantitative Easing, also das massive Aufkaufen von Anlagewerten durch die Notenbanken), erfunden vom Italiener Dragi, übernommen von seiner französischen EZB-Nachfolgerin Lagarde und ebenso gepflegt vom FED, hat nichts gebracht. Ausser die Börse künstlich beflügelt. Die zum Teil provozierten Abwertungen der Landeswährungen haben auch nichts gebracht: Wenn alle gleichzeitig abwerten, befinden sich alle wieder auf dem gleichen Stand, ohne positive Exporteffekte.

Man spricht heute von der „säkularen Stagnation”: Der Bürger gibt nicht mehr aus, und die Unternehmen investieren nicht und fragen kein Kapital nach – trotz billigstem Geld. Auch die Phillipskurve, welche uns einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit (bzw. Beschäftigung) und Teuerung lehrte, ist nicht mehr das, was sie einmal war. Die ganze Lehre der Ökonometrie muss in Frage gestellt werden: Die volkswirtschaftlichen Daten bewegen sich einfach nicht so, wie die Wissenschaft dies einst vorsah! 

Letztlich haben die Politiker heute die Zügel der wirtschaftlichen Führung eines Landes aus der Hand gegeben und an die Zentralbanker weitergereicht. Oder sie kollaborieren ganz klandestin mit ihnen – eine ordnungspolitische Todsünde, sollten doch Geld- und Fiskalpolitik immer unabhängig voneinander funktionieren.

MMT – die Modern Monetary Theory ist Gift

Der Staat sei eben kein Privathaushalt, also könne man sich von der engen Denkweise des vernünftigen Haushaltens lösen. Der Staat könne in beliebigem Ausmass selber Geld produzieren. Inflation ist übrigens nicht vorgesehen bei diesem Ansatz, denn Konjunktureingriffe werden einfach mit Steuererhöhungen oder –senkungen vorgenommen. Eine makroökonomische Zeitbombe. Aber die Theorie kommt einigen Politikern, die  die Staatsverschuldung ohne Hemmungen explodieren lassen, sehr zupass.

Wieso kommt sie einfach nicht…?

Japan kennt seit Jahren eher Deflation, nicht Inflation. Dies trotz einer gigantischen Verschuldungsquote von 250% des BIP. Und das Land kauft den Grossteil seiner Staatsschulden gleich selber auf. Dann ist der Staat eben Schuldner und Gläubiger zugleich. Geht das einfach so, in einem modernen Staat? Tatsache ist, dass dem Land grosse Probleme bevorstehen. Es gibt eine krasse Überalterung, und die Bevölkerung schrumpft. Das sind schlechte Aussichten, um einst eine gesunde Balance mit den Schulden zu halten. Die Balance würde auf jeden Fall im Nu kippen, wenn die Zinsen erhöht würden. Das wird indessen genau aus diesem Grund auch längerfristig nicht stattfinden – und Japan, als die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt, könnte es sogar schaffen, im eigenen grossen Währungsraum einfach so weiterzuleben. Mit tiefen Zinsen eben – for ever. Oder zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Schneeballsystem doch noch zusammenbricht.

Auch in der EU war in den 10er-Jahren in Spanien, Griechenland und Zypern Deflation auszumachen. Ein starker Nachfragerückgang drückte auf die Preise. Erfolgt eine Deflation vorübergehend, ist das überhaupt nicht tragisch. Es kommt nicht zur Deflationsspirale, welche die Finanzmärkte einschliesst – wie in den 30er-Jahren. Deflation bedeutet also nicht gleich Depression. Aber sie wird von staatlich bezahlten und etatistisch gesinnten Ökonomen oft als Damoklesschwert vorgeschoben, um mittels Geldmengenvermehrung stark gegenzusteuern zu können. Mittels Gelddrucken und tiefen Zinsen lassen sich nun mal einfacher Schulden machen. Heute ist so viel Geld im Markt, dass eigentlich schon lange Inflation herrschen sollte. Das Geld kreist jedoch zu langsam, womit der inflationäre Effekt des Geldumlaufs gar nicht greifen konnte. Sobald die Nachfrage in einer – vielleicht viel späteren – post-Corona-Ära wieder anzieht, könnte die Inflation jedoch schlagartig einsetzen. Das Geld ist dann schon im Markt und kann nicht mehr rausgenommen werden. Der Pool könnte dannzumal plötzlich überlaufen. Eine Vermutung nur – alle Ökonomen sind sich einig, dass man sich hier uneinig ist.

Nachhaltige böse Folgen der Gelddruckerei

Geld schwemmen und Nullzinsen ist eine sehr asoziale Strategie. Denn so steigen nur Vermögenswerte (wie Immobilien, Anlagen) von Begüterten. 

Damit wird die oft links geprägte Politik des viel Geldausgebens (via monetäres Fluten und Schulden) zum Bumerang. Auf einen Nenner gebracht: Die derzeitige Ausgabenflut wirkt letztlich unsozial. Der Vorgang scheint schwer vermittelbar, diese Analyse ist jedoch stringent! Die heutige Geldpolitik fördert also die Ungleichheit und damit mittelfristig auch die sozialen Spannungen. Junge Leute werden in absehbarer Zeit mittels verzinstem Sparen kein Vermögen schaffen mehr können. Die Nullzins-Politik ist damit ein Verrat der alten Generation an der jungen.

Das gibt viel Nahrung für die künftigen politischen Verteilungskämpfe: Die Lohnentwicklung ist nämlich an den Index der Konsumentenpreise gekoppelt. Ein Immobilienkauf mit verdientem Einkommen aus Arbeit zu realisieren, wird immer schwieriger, leichter gestaltet sich dies aus Kapitaleikommen. Karl Marx hätte bestimmt Freude an dieser sozialkritischen Analyse. Sie widerspiegelt indessen eine Tatsache und ist von ihrer Wirkung her staatspolitisch äusserst toxisch: Es dient einer Gesellschaft längerfristig nicht, wenn sich die Schere in der Vermögensverteilung weiter auftut.

Wird Inflation falsch gemessen?

Ist die Inflation bei uns etwa bereits angekommen, und wir haben es gar nicht bemerkt? Das ist durchaus möglich. Und zwar hat sie sich ganz gemein eingeschlichen, durch die Hintertüre. Es betrifft die Investitionen von vermögenden Personen, welche ihr Geld in andere Werte konvertieren möchten: Dann erhalten sie für ihr Geld heute nämlich weniger an Immobilien, Aktien, Oldtimer, Kunst, Gold, etc. Alles ist teurer geworden. Hier, bei den „Vermögenspreisen“ ist die Inflation bereits angekommen. Das trifft natürlich nicht auf den normalen Mix mit Konsumgütern zu.

So klassisch, wie die Inflation heute gemessen wird, wird sie demnächst wohl kaum stattfinden, Zumindest – vermutlich – weder mittel- noch langfristig. Die rekordtiefen und langanhaltenden Zinssätze haben also nur eine ungeplante Inflation bei Vermögenden provoziert, die gar nie bei der Durchschnittsbevölkerung angekommen ist. Die gescheiten Notenbanker wollten mit ihrer Geldschwemme die Konsumgüter in die Inflation zwingen, um ihre Staatsschulden zu vernichten. Nun ist sie an einem ganz andern, luxuriösen Ort – wo sie nämlich nicht gemessen wird – angekommen.

Wird Inflation also falsch – oder zumindest unvollkommen – gemessen?

Was tun?

Was bedeutet diese Misere nun für uns Anleger? Die Antwort ist eine theoretische – doch hier ist sie: keine verzinsten Anlagen tätigen, welche nicht kurzfristig sind. Also Hände weg von Investitionen in vermeintlich sichere Staatsanleihen, besonders nicht in Fremdwährungen. Steigt die Inflation trotzdem (z.B. Import-bedingt wie in der Türkei aufgrund der erodierenden Lira), verlieren solche Anlagen massiv an Wert – logischerweise vor allem, wenn diese langfristigen Charakter haben. Besser Geld parken (in sicheren Währungen), Wohnimmobilien kaufen, nur vorsichtig und selektiv an der Aktienbörse präsent sein – und warten. Es könnte nur wenige Jahre dauern, und man könnte mit dieser Strategie gewinnen. Ja, es herrscht Anlagenotstand: Obligationen sind ebenso out, Fremdwährungen nur Spekulation; sie dienen allenfalls zur Diversifikation. Gold ist eine kleine Alternative, aber nur als Notbatzen. Gold dient kaum zur Spekulation und wirft auch keinen Zins ab; das gelbe Metall ist nur ein Back-up. Und  auch nur dann, wenn es in kleinen, handelbaren Grössen gehalten wird. Also bitte keine Goldzertifikate oder Minenanleihen. Nur Nuggets, Vreneli, Krügerrand, Kleinst-Barren…

Fazit:

So wie die Inflation heute gemessen wird, wird sie demnächst nicht flächendeckend ankommen. Zwar versuchen die Zentralbanken, eine solche seit Jahren herbeizuzwingen – doch es funktioniert nicht. Ob die Verschuldungsblase jemals platzen wird und dannzumal eine Inflation – oder gar eine Hyperinflation – provoziert, ist absolut unsicher.

Sicher ist nur, dass es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten aufgrund der horrenden Staatsverschuldungen nie mehr nennenswerte Zinsen geben wird. Brave new world: Das Geld ist nichts mehr wert. Auch ohne Inflation.

Kurz- und mittelfristig ist also nicht mit Inflation zu rechnen, eher mit einer kleinen Deflation – oder gar mit einer „Stag-Deflation“? Wir bleiben dran. 

Das bedingungslose Grundeinkommen – ein fataler Irrweg

Oder: Die absurde Weiterentwicklung eines marxistischen Ansatzes

Die Idee ist ja verführerisch: Anstatt komplizierte und viele verschiedene Sozialwerke zu unterhalten, kriegt jeder Bürger ein Grundeinkommen, mit dem er mehr oder weniger leben kann. Negative Steuern sozusagen. Dafür entfallen alle aufwendigen Transfersysteme wie Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Invalidenversicherung, Kinderzulagen, etc. Ausserdem könnten so auch Menschen einen Lohn erhalten, welche bisher pro bono gearbeitet haben – viele Mütter z.B. Die fortschreitende Digitalisierung wird, so der Ansatz, ohnehin viele Arbeitsplätze obsolet machen – also muss eine Lösung gefunden werden. Normale Erwerbsarbeit wird es künftig einfach zu wenig geben, womit es für den einzelnen nicht mehr zumutbar wird, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Deshalb also ein bedingungsloses Grundeinkommen – ohne dass ein Beweis der Bedürftigkeit erbracht werden muss. Ein hehres und gutgemeintes Modell? Nein, eher ein fataler Irrweg. 

Gleich schon vorab: Die These von der Arbeitsverdrängung durch technologischen Fortschritt wurde durch die Geschichte immer wieder wiederlegt. Zweitens lässt sich das Finanzierungsproblem eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) kaum lösen, und drittens macht ein BGE die normale Arbeit unattraktiv. Soweit der gesunde Menschenverstand. Trotz diesen eigentlich logischen Erkenntnissen gibt es immer wieder allerlei Vorstösse und Projekte in Sachen BGE – oder es wurde sogar schon eingeführt. Hier ein paar Beispiele:

Der abgebrochene Test in Finnland

Schon vor einigen Jahren lancierte Finnland einen Test mit 2‘000 Beteiligten, welche in den Genuss eines BGE kamen. Die sorgsam ausgewählten Teilnehmer hätten sich dabei „nicht unglücklich gefühlt“. Immerhin. Bei der Arbeitssuche gab es allerdings keine verbesserten Resultate. Soweit die intellektuell eher bescheidene Ausbeute des Projektergebnisses. Der Versuch wurde nicht erweitert – nur schon wegen der Kosten.

Italien hat’s schon

Italien führte 2019 ein BGE in der Höhe von 780 Euro pro Monat an. Damit liessen sich viele Wählerstimmen ködern. Noch ist nicht klar, wie viele Millionen Italiener die Unterstützung in Anspruch nehmen werden. Klarer ist, wie die mehreren Milliarden jährlich finanziert werden: nämlich mit Budgetdefiziten des eh schon klammen Staates.

Einige Italiener werden nun schon bald zwei Jobs haben: einen offiziellen staatlichen, welcher dank Nicht-Arbeit trotzdem Geld abwirft und einen zweiten in der Schattenwirtschaft. Ein gut organisiertes Ehepaar wird damit nicht nur zum Doppelverdiener, sondern zum Quadrupel-Verdiener.

Spanien: per Dekret eingeführt

Spanien führte das BGE eleganterweise gleich per Corona-Dekret im Mai dieses Jahres ein. Die wackelnde sozialistische Regierung unter dem chaotischen Covid-Wirrkopf Sanchez versprach sich von so viel Grosszügigkeit wohl einigen Goodwill bei den Untertanen. Allerdings hapert es seit der Einführung mit der Bearbeitung der Anträge, konnten doch erst zwei Prozent der Anfragen bearbeitet werden. Aber es ist ja auch Corona-Zeit, die Beamten sassen während dem Lockdown zu Hause, und Homeoffice kennen spanische Staatsdiener nicht: „wegen zu geschlossen“. Wenn’s dann später klappt, erhält vermutlich gegen eine Million Haushalte monatliche Zahlungen von bis zu 1‘015 Euro. Pro memoria: Der gesetzliche Mindestlohn liegt in etwa auf gleicher Höhe. Eviva España! Aber wer will denn schon arbeiten an den sonnigen Gestaden des schönen Mittelmeers. Allerdings: Parallel schwarzarbeiten lohnt sich dann schon.

Corona-Kurzarbeit: Ist das nicht ein BGE?

Haben wir das BGE in der Schweiz vielleicht bereits eingeführt, ohne es zu merken? Zu Spitzenzeiten in der Corona-Krise waren über 1.65 Mio Kurzarbeitende und Arbeitslose gemeldet. Diese waren auch von der Pflicht zur Arbeitssuche entbunden. Dieser Zustand entsprach damit einem bedingungslosen Grundeinkommen! Ein Drittel der erwerbsfähigen Bevölkerung profitierte davon. Bei einer Erwerbsquote von rund 50% bedeutete dies, dass während mehreren Wochen nur rund 30% der Bevölkerung arbeiteten.

Dass dies auf Dauer nicht geht, ergibt sich nur schon aus der Quittung, die uns der Finanzminister am Ende dieses Jahres präsentieren wird: Milliardenverluste in der Bundeskasse, welche unsere Staatsverschuldung emporschnellen lassen und rund zehn Jahre harten Schuldenabbau vernichten. Nicht-Arbeit ist teuer.

Die Emirate kennen schon lange ein BGE

Während wir im Westen ziemlich erfolgslos und verträumt an BGE-Projekten herumlaborieren, haben es die VAE schon lange eingeführt. Hier handelt es sich allerdings nicht um eine neue Interpretation von „Das „Kapital“ von Karl Marx, sondern nur um eine aktualisierte Ausprägung der Feudalsystems. Emiratische Bürger (die übrigens weniger als 10% der Bevölkerung repräsentieren) kommen in den Genuss von grosszügigen Zuwendungen, welche in der Summe sogar mehr als ein bedingungsloses Grundeinkommen ausmachen. Wasser, Strom, medizinische Versorgung, ja ein Studium und ein Haus sind sozusagen gratis, bei Heirat gibt‘s noch extra Cash. Und auch sonst werden laufend Apanagen verteilt, sodass normale Erwerbsarbeit für die privilegierten Nichtarbeitenden zum Treppenwitz verkommt. Ja, einmal mehr gilt: Some are more equal. Die restlichen über 90% der Bevölkerung sind Expats aus allen Herren Ländern, der Grossteil davon „modern slaves“ v.a. aus Indien und Pakistan, welche ein sehr bescheidenes Leben führen.  

Ob dieses System funktioniert? Nein. Die neue Generation der Wüstensöhne ist schlichtweg wenig lebenstüchtig, sie ertränkt ihr Leben in Langeweile und Konsum. Ein BGE sollte zum Ziel haben, irgendwann wieder einmal aus der staatlichen Unterstützung ausbrechen zu können und einer bezahlten oder zumindest sinnstiftenden Arbeit nachzugehen. Die neue BGE-Generation am Golf ist eine verlorene Generation. Sie denkt nicht einmal daran, einer Beschäftigung nachzugehen. Zumindest in den VAE ist das BGE gescheitert. Aber es war ja auch nie ein richtiger BGE-Versuch, sondern ein weiter entwickeltes Nomenklatur-System, welches plötzlich dem Geldsegen verfiel. Trotzdem: Das Ergebnis des Modells des modernen Wüstenstaates ist zumindest ein Fingerzeig betreffend der unrealistischen Umsetzung eines BGE.

Und nun noch der Kanton Zürich!

Wir erinnern uns: Das BGE wurde bereits an einer eidgenössischen Abstimmung 2016 haushoch verworfen. Aber gewisse Kreise lassen nicht locker und verschafften sich im Züricher Kantonsrat 2017 tatsächlich eine Mehrheit, um doch noch ein BGE-Projekt ausarbeiten zu lassen. Handelt es sich bei den Protagonisten dieses Vorstosses nur um Träumer, um „fehlgeleitete Kinder“ mit wirren Gedanken, bestenfalls um gutgläubige Weltverbesserer? Der Vorgang ist allerdings zu ernst, als dass man ihm nur mit müdem Lächeln begegnen kann. Wir sind auf jeden Fall gespannt, welcher Papiertiger hier nun demnächst vorgelegt wird.

Geniales Finanzierungsmodell

Die Modelle aus Italien und Spanien zumindest sind insofern interessant, als dass beide Staaten ihr BGE nur beschränkt selber finanzieren müssen: Die zwei Länder brauchen keine Nachhilfestunden, wie sich das Subventionieren ohne nennenswerte Auflagen bewerkstelligen lässt. Die EU schüttet nämlich genügend Euromanna über diesen Staaten aus und finanziert indirekt alle Defizite. Ziemlich egoistisch von diesen Südstaaten, aber eben auch raffiniert. Wieso rebellieren die nördlichen europäischen Geberländer nur verhalten? „Weil die EU sonst auseinanderbricht“?

Auch Frankreich profitiert übrigens von den kürzlich verteilten 750 EU-Milliarden, nämlich mit 43 Milliarden. Diese helfen dann mit, das ineffiziente französische System der 35-Stunden-Woche zu unterhalten (wohl eine Vorstufe zum BGE). Macron hat das zusammen mit Merkel  gut eingefädelt.

Damit erkennen wir: Für alle Länder geht BGE nicht. Irgendjemand muss am Schluss für die andern arbeiten.

Zusammenfassend sind sechs Pferdefüsse für das Projekt BGE auszumachen:

  1. Es ist nicht erwiesen, dass es künftig zu wenig Arbeit geben wird. Industrialisierung und Digitalisierung haben bis heute die Arbeitswelt mit Bestimmtheit verändert, aber in der Summe keine Arbeit vernichtet. Wie war das noch mit dem papierlosen Büro? Mit der Verbreitung des Computers prognostizierte man einen Einbruch des Papierkonsums. Das Gegenteil ist eingetreten. Als die Eisenbahn aufkam, malte man bereits das Schreckgespinst der Arbeitserosion an die Wand. Henry Ford schuf trotz industrieller Arbeitsteilung letztlich Arbeitsplätze. Tatsache ist, dass die Entwicklungsschritte der Menschheit bis heute Arbeit nicht vernichtet haben. „Digitalisierung frisst Arbeit“? Das gilt es erst zu beweisen.
  2. Ein BGE ist schwer finanzierbar. Es liegt nämlich ein ganz einfaches statistisches volkswirtschaftliches Problem vor: Wie viele Leute müssen arbeiten, um die nicht Arbeitenden zu unterhalten? Nur schon das demografische Problem der Überalterung stellt viele Staaten vor fast unlösbare Probleme. Die äusserst herausfordernden Finanzierungslücken werden künftig höhere Abgaben für die Rentenbildung und höhere Renteneintrittsalter unabdingbar machen. Ein weiterer Ausbau der staatlichen Unterhaltssysteme mit garantierten Grundeinkommen wäre finanzpolitisch fahrlässig.
  3. Der Ansporn zum Arbeiten entfällt. Ein BGE ist ein falsches Anreizsystem. Insbesondere dann, wenn die Minimallöhne nur wenig über einem BGE liegen. Arbeit muss sich lohnen.
  4. Arbeit bringt nicht nur Einkommen, sondern auch Würde und Stolz. Die Alternative ist die Abhängigkeit vom Staat – für die meisten kein gutes Gefühl. Die Einführung eines BGE würde die Nicht-Arbeit indessen salonfähig machen. Wenn die Berührungsängste mit dem allgegenwärtigen Wohlfühlstaat dahinfallen, gewöhnt man sich an das betreute Wohnen im Staat. Mit der so gewachsenen Anspruchsinflation gibt es nur schwer ein Zurück. Letztlich geht es auch um Werte: Wenn Arbeit nicht mehr positiv gewertet wird – wer im Staat soll sie noch mit Verantwortung verrichten?
  5. Das BGE fördert die Schattenwirtschaft. Der Tatbestand ist offensichtlich.
  6. Die Einführung eines BGE kann zu einer Sogwirkung führen: Werden die sozialen Hängematten zu dicht aufgespannt, erhöht sich die Migration. Das mussten einige westliche Länder bitter erfahren. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde die Sogwirkung für Einwanderer verstärken; es stellt eine klare Einladung dar und verhindert, die Immigration bedarfsgerecht zu steuern – nämlich um Nachfragelücken für gewisse Berufe zu schliessen.

Brave new world

Wie soll denn die moderne Welt von morgen aussehen? Etwa so:

Es arbeitet niemand mehr. Nur noch Roboter sind am Werkeln, die Künstliche Intelligenz (KI) steuert alles von selbst. Sie entwickelt selbstredend auch neue Roboter, repariert und wartet sie. Alle Bürger hocken zuhause und schauen Netflix – dort laufen dann auch lustige Filme, welche die KI selbständig entwickelt hat. Es gibt nichts mehr zu tun.

Selbst wenn die Promotoren des BGE nicht daran glauben, dass es so weit kommt: Sie werden wohl zugeben müssen, dass ein guter Teil der Gesellschaft immer noch arbeiten müsste – ganz autonom wird sich das System wohl kaum aufstellen lassen. Müsste dann dieser arbeitende Teil der Bevölkerung dermassen geschröpft werden, dass es mittels Umverteilung für alle reicht? Welcher Gesellschaftsvertrag würde das wohl zulassen?

Karl Marx würde sich die Augen reiben

Das BGE ist eigentlich die Weiterentwicklung eines sozialistischen oder marxistischen Systems: Bisher ging deren Lehre von einem Recht auf Arbeit aus. Neu könnte es nun auch ein Recht auf Nicht-Arbeit geben.

Gewisse Politiker möchten also am liebsten die Arbeit abschaffen. Erfüllung in der Arbeit selbst wird sekundär. Leider geht dabei vergessen, dass oft die gleichen Politiker von den Meriten eines gewissen Arbeitsethos der andern – eines der Erfolgsrezepte unserer Gesellschaft – profitieren.

Nachdem in den letzten Jahrzehnten fast alle wichtigen sozialen Forderungen erfüllt werden konnten, sehen Neolinke und andere Kreise heute im Menschen wohl ein Subjekt mit automatischem Anspruchsrecht auf ökonomische Zuwendung vom Staat. Den „Staat“ stellen sie sich dabei vielleicht als ein ökonomisches Perpetuum mobile dar, welches Geld schöpft. Sie vergessen leider, dass der „Staat“ die Bevölkerung ist. So hatte es sich Karl Marx nicht ausgedacht – dieser wollte nur eine gerechtere Verteilung von Arbeit und Kapital. Eine ganz lesenswerte Lektüre übrigens.

Berechtigte Forderungen:

Natürlich gibt es zahlreiche Probleme bei den Sozialwerken. Diese sind oft zu kompliziert aufgestellt, ineffizient, und die Mittel kommen nicht immer an den richtigen Orten an. Damit wir uns nicht missverstehen: Das Recht auf Hilfe soll natürlich nicht bestritten werden. Allerdings nicht das Recht auf Hilfe ohne Not.

Das BGE hält in der Tat mit dem Finger auf eine wunde Stelle in unserer Gesellschaft. Das Problem ist aber ein systemisches und muss separat gelöst werden – und nicht mit dem Füllhorn eines BGE.

Es gibt Alternativen

Man kann die Probleme besser lösen: Es müssen Anreizsystem gefördert werden, um der Arbeitslosigkeit zu entrinnen: Umschulungen, Zwischenverdienstmöglichkeiten. Ein berufliches Downgrading muss zumutbar sein, um der Abwärtsspirale zu entrinnen, die sich mit zunehmender Länge der Arbeitslosigkeit auftun kann. Vielleicht hat während der weit verbreiteten Corona-Kurzarbeit da und dort ein Umdenken stattgefunden?

Es gibt in den meisten westlichen Gesellschaften riesige Lücken bei Pflege- und Betreuungsberufen, in Unterhalts- und Dienstleistungsbereichen. Die Frage der „Zumutbarkeit“ für Arbeit und Umschulung muss also vermehrt auf den Tisch kommen. Ansonsten kann die Volkswirtschaft nicht auf Touren kommen. Wenn der Produktionsfaktor Arbeit falsch eingesetzt wird, die Staatskosten steigen und soziale und psychologische Folgekosten aufgrund der Nicht-Beschäftigung ebenso steigen, droht der volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Abstieg. Der Mensch möchte ja arbeiten – an sich. Auch wenn Arbeit zugegebenermassen nicht immer und nicht für alle lustig ist. Wenn der Staat dem Bürger allerdings suggeriert, dass er nicht unbedingt arbeiten muss, wird er lernen, nicht zu arbeiten. Frankreich z.B. hat hier hervorragende Vorarbeit geleistet, La Grande Nation war ein verdeckter Vorreiter in Sachen BGE-Ideen und Verdrängung von Arbeitsethos. Italien und Spanien folgen nun mit ihren eigenen BGE-Konstrukten. Und die VAE hatten das BGE de facto schon viel früher erfunden – nur wussten sie es nicht. Ob es nun die intelligenten Zürcher Ratsmitglieder neu erfinden?

Fazit:

Das Thema BGE wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in einigen europäischen Staaten immer wieder auf den Tisch kommen. Es steht einfach in der fixen Agenda gewisser sozialpolitischer Irrlichter. Auch in der Schweiz. Deshalb gilt es das Begehren zum Vornherein abzulehnen. Ein BGE ist nicht nur volkswirtschaftlich schädlich, sondern entfaltet auch eine demotivierende Wirkung für jeden Arbeitnehmer. Arbeit muss interessant bleiben. Ein BGE gefährdet zudem die Würde eines einigermassen aufgeklärten Bürgers. Es ist ganz einfach der falsche Weg, um das Problem von allfällig mangelnder Arbeit zu lösen. True Economics hegt jedoch den Verdacht, dass die Idee des BGE von gewissen Protagonisten nicht aus Gründen der besseren Arbeitsverteilung gefördert wird, sondern weil viele Kreise einfach nicht arbeiten wollen. Nicht-Arbeit macht indessen selten glücklicher. Das BGE bleibt letztlich eine absurde Fiktion.

Die Swiss sollte grounden

Die optimistischen Szenarien des Lufthansakonzerns sind nicht eingetreten. Nicht einmal die vorsichtigen Prognosen von True Economics haben sich bestätigt: Die Realität sieht leider noch viel unappetitlicher aus, denn auf absehbare Zeit wird deutlich weniger geflogen – und kaum eine Luftgesellschaft kann ihren Betrieb aus eigener Kraft aufrechterhalten. Betriebswirtschaftlich ist ein Downsizing alleine nicht zu schaffen, also ist man auf Staatshilfe angewiesen. Also lieber schon heute ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende: Die Swiss müsste vernünftigerweise jetzt grounden.

Es wird nicht geflogen

Gemäss neuen Schätzungen der Swiss wird demnächst 60-70 % weniger geflogen als 2019. Bisher lag die Prognose bei 50% – eine immer noch sehr sportliche Annahme.

Zurzeit werden rund 50% der früheren Flugziele angeflogen, allerdings mit ausgedünnter Kadenz und oft leeren Fliegern, zudem kaum auf den lukrativen Langstrecken. Das Passagieraufkommen insgesamt liegt heute schätzungsweise bei minus 85% zum Vorjahr.

Die Kurzarbeit für die Swiss Crew soll gemäss Bund noch bis Ende 2021 verlängert werden. Und dann vielleicht nochmals? Und nochmals? Damit wird die Swiss zwar sehr schön von den Personalkosten entlastet. Aber es ist nur ein Pflaster, denn fast alle anderen Kosten laufen weiter, viele sind zum Teil gar nicht beeinflussbar (wie die Abschreibungen z.B.).

Die vorsichtige Schätzung von True Economics im Frühjahr 2020 war sogar noch zu optimistisch: Damals korrigierten wir die Prognose der Swiss klar nach unten (siehe Chart). Nun müssen wir die Prognose leider nochmals nach unten korrigieren (siehe unterste Linie im Chart).

Unsere Prognose für den Luftverkehr:

Erst 2022 wird wieder richtig geflogen, denn bevor nicht eine mehr oder weniger flächendeckende Corona-Impfung kommt, wird nichts laufen, denn der freie Reiseverkehr bleibt bis dann abgewürgt. Der Tourismus wird sich dannzumal zudem auf einem deutlich tieferen Level einpendeln, 2022 und 2023 auf vielleicht 75%, verglichen mit 2019. Die Anzahl Geschäftsflüge wird indessen noch tiefer liegen – die elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten mit allen ihren Lerneffekten werden massiv auf die künftigen Reisepläne durchschlagen. 2022 und 2023 wird das Passagieraufkommen hier vielleicht bei 60% liegen.

Düstere Aussichten für die Swiss

Der Faktor Geschäftsreisen wird ertragsmässig besonders stark ins Gewicht fallen, denn die Swiss verdiente das Geld bislang vor allem mit den Tickets der Business und der First Class. Ein deutliches Downsizing ist also angesagt, für den gesamten Betrieb. Bedeutend weniger Personal kann beschäftigt werden, eine markante Reduktion der Flotte ist angesagt. Leider können die überzähligen Flieger auf dem Weltmarkt kaum verkauft werden; Abschreibungs- und Unterhaltskosten laufen also weiter. Der Frachtverkehr ist von der Misere kaum betroffen. Aber das hilft der Swiss auch nicht weiter, denn in diesem Geschäft war die Airline eh nie besonders stark.

Point of no Return?

Mit der stark reduzierten Auslastung wird also unmöglich rentabel gewirtschaftet werden können, ergo werden sich neue Verluste zu neuen Schuldenbergen auftürmen. Auf dem Kapitalmarkt sind mit derlei düsteren Aussichten keine vernünftigen Finanzierungen zu bewerkstelligen, also müsste der Staat wieder einspringen. Und immer wieder. Und wenn sich der Staat dann mal so richtig reingekniet hat, wird das ganze Drama politisch zu einem Point of no Return – und es wird weiter unterstützt.

Ein Unternehmer würde den Stecker ziehen

Nun, was macht ein Unternehmer, welcher täglich Millionenverluste erzielt und sich einem kurz- und mittelfristigen Budget gegenübersieht, bei dem sich nur Abgründe auftun? Die unangenehme Antwort lautet: Er zieht den Stecker. Das ist auch richtig so. Denn einmal mit der schieren Unmöglichkeit konfrontiert, auf absehbare Zeit je wieder positive Zahlen zu liefern, muss konsequenterweise die Aufgabe der Geschäftstätigkeit anvisiert werden, sofern keine erfolgsversprechende Diversifikationsstrategie besteht, die das Kerngeschäft markant stützen könnte – und es sieht ganz danach aus, als dass eine solche inexistent ist. Genau an diesem Punkt steht die Swiss heute. Die weltweiten Überkapazitäten (viele davon werden mit massiver staatlicher Unterstützung aufrechterhalten) werden zudem noch während Jahren auf die Flugpreise drücken. Quintessenz: Es wird nie mehr so sein wie gestern.

Doch die kognitive Wahrnehmung des Swiss Managements sieht offenbar anders aus: So möchte man, wie in diesen Tagen kommuniziert, „1‘000 Stellen binnen zwei Jahren abbauen“. Das sind 5% pro Jahr. Liegt hier ein kleines Missverständnis vor…? Wird hier jemand vom Teufel geritten, ist naiv – oder versucht einfach nur chancenlose Zuversicht zu verbreiten?

Nicht systemrelevant

Wir hatten früher schon festgehalten: Die Swiss ist nicht systemrelevant. Ab Zürich und Genf wird immer geflogen werden, es wird sich immer eine Airline finden, welche Passagiere und Güter transportiert – die Schweiz wird folglich nicht abgeschnitten sein. Der Umkehrschluss, wenn dem nicht so wäre: Er würde nämlich bedeuten, dass die Swiss bisher (aus „Systemgründen“?) unrentable Flugziele bediente, und zwar vorsätzlich. So viel zur Systemrelevanz.

Auch kein Heimatschutz

Aus Heimatschutzgründen lässt sich ein Aufrechterhalten einer deutlich unrentablen Dienstleistung ebenso wenig rechtfertigen – zumal hinter dem Schweizerkreuz der Swiss der deutsche Kranich hockt, notabene ein teilstaatlicher Betrieb. Es gibt also bereits heute keine „Schweizer“ Airline mehr. Wenn gegroundet würde, könnte schon am nächsten Tag wieder geflogen werden. So war’s auch 2001, und das würde auch 2020 funktionieren. Die neue Firma hiesse  diesmal vielleicht New Swiss. Oder es wäre eben die Lufthansa, welche Zürich und Genf anfliegt. Die würde das gerne machen, und wir würden es überleben. Wir verherrlichen eh seit Jahren unsere „eigene“ Airline, fliegen aber mit anderen Carriers, so mit Easyjet, Ryanair oder Emirates. Wird die „Swiss“ heute etwa vor allem von Nichtfliegern verherrlicht, während die Vielflieger ziemlich schmerzfrei mit irgendeiner Airline fliegen…?

Grounding lieber jetzt

Ausgehend von einem heute sehr realistischen Szenario (mit einem Passagieraufkommen entsprechend unserem Chart) gibt es fast keinen Ausweg, als die Firma aufzugeben.

Nachdem sich nun der deutsche und der Schweizer Staat ins Cockpit gesetzt haben, wird die Sache indessen schwieriger. Ob damit fast ein Point of no Return impliziert wurde? Die de facto nach Berlin geschickte eidgenössische Hilfs-Milliarde wird schon bald verbrannt sein, das Wehklagen nach weiterem Geld liegt bereits in der Luft.

Nach dem kürzlichen Abgang des CEOs wird sich in dieser Situation heute eh kein Top Manager mehr finden lassen, der dieses Himmelfahrtskommando übernimmt. Also wird der Mutterkonzern wohl einen vorübergehenden Troubleshooter aus Deutschland abkommandieren – vielleicht gar als Strafversetzung…?

Mit einem Grounding könnte die für den Staat sehr teure Kurzarbeit aufgelöst werden. Die Swiss selber könnte sich mit einem Schlag von allen Lasten erledigen: Alle Schulden würden sich sublimieren, alle Personalverträge wären aufgelöst. Bedauerlich für alle Einzelfälle – aber die Einzeldramen werden wohl nur vorgezogen.

Wie läuft ein Grounding ab?

Alle Aktiven und Passiven würden bei einem Grounding dem Insolvenzverwalter „gehören“. Auch die Flieger. Intelligenterweise müsste man am Tage X sicherstellen, dass sich diese dann nicht gerade an einem Ort befinden, wo sich noch unbezahlte Rechnungen aufgehäuft haben – ansonsten die schönen Fluggeräte wohl gleich arrestiert würden.

Richtig vorbereitet, starten am nächsten Tag wieder ein paar Flieger, unter einer neuen Firma. Das Personal wird sich sofort finden lassen, kurzfristig selbst mit provisorischen Anstellungsverträgen. Das Prozedere ist nicht einfach, kann jedoch sauber vorbereitet werden – ganz im Gegensatz zu 2001, als Staat, Banken, Personal und Kunden auf dem linken Fuss erwischt wurden. Es ist also nur zu hoffen, dass heute schon ein Plan B für ein Nach-Grounding-Projekt besteht. In diesem kann vorgängig die künftige realistische Grösse der dann arg verkleinerten Firma festgelegt werden, die Flugziele definiert, die nötigen Flieger könnten aus der hübschen Flotte am Boden herausgepickt werden. Die Finanzierung könnte ebenso sauber im Hintergrund geplant werden. Soweit die betriebswirtschaftliche Theorie zum Ablauf des Neustarts. Nur: Jetzt müssten hier eine entscheidungsarme Angela Merkel und ein von der Politik drangsalierter Ueli Maurer, sekundiert von der eh schon arg strapazierten Pianistin Simonetta Sommaruga, mitplanen. Ob das funktioniert, so im Geheimen…?

Fazit: Vernünftigerweise wäre jetzt ein Grounding angesagt. Die Swiss wird auf Jahre hinaus ohne fremde Hilfe nicht überleben können. Es ist zu befürchten, dass die staatliche Unterstützung also noch sehr lange weitergehen müsste. Der Flugbetrieb und die Infrastruktur der Firma würden während dieser ewig andauernden Agonie in homöopathischen Dosen reduziert, das Personal mit Kurzarbeit noch lange durchgefüttert und ein riesiger Schuldenberg aufgebaut, welcher kaum je getilgt werden kann. Der Staat müsste bezahlen – also wir. Das ist unverantwortlich, sowohl aus betriebswirtschaftlicher als auch aus volkswirtschaftlicher Sicht. Also lieber ein Grounding sofort, mit einem realistischen Neustart. Oder eben ohne Neustart – wir würden es überleben.

Hat Warren Buffett immer recht?

Dann sollten wir jetzt so handeln wie er.

Ja, der Starinvestor Warren Buffett hatte sehr oft recht mit seinen Anlagestrategien. Diese beruhen in der Regel auf Langzeit-Visionen – Visionen, die uns als Hinweis dienen können, was wirtschaftlich auf uns zukommen wird. Sollten wir also weiter von ihm lernen? Nicht nur seine Anlagestrategie kopieren (wir könnten natürlich auch seine Aktie kaufen), sondern sein ganz aktuelles Verhalten richtig interpretieren: nämlich das Nichtstun. Er investiert nicht mehr. Glaubt er also an eine längerfristige Rezession, und befürchtet er doch noch einen grösseren Einbruch an den Aktienbörsen? Uns interessiert seine Grundhaltung – aber auch sein aktuelles, atypisches Investmentverhalten. Die Interpretation von letzterem lässt nämlich tief blicken.

Warren Buffett hat noch nie nichts getan – ausser jetzt

Das „Orakel von Omaha“ ist jetzt 90 geworden. Kaum eine Zeitung, die nicht davon berichtete. Zahlreiche Bücher sind in den letzten Jahren über ihn erschienen. True Economics möchte deshalb keinen weiteren Aufsatz über sein Leben und seine Anlagestrategie sowie den Erfolg seiner Berkshire Hathaway verfassen. Uns interessiert eher sein gegenwärtiges Nichtstun. Es ist atypisch. In seiner ganzen Karriere hatte er nämlich noch nie nichts getan. Dabei hatte Buffet immer schon ein gutes Händchen; seit er 14 ist, handelt und investiert er. Es gibt wohl kaum eine lebende Person, welche damit auf immerhin 76 Jahre Berufserfahrung in der Wirtschaftswelt zurückblicken kann.

83 Milliarden Dollar – und er macht sich nichts draus

Warren Buffett ist mit 83 Milliarden USD der drittreichste Mann der Welt – nach Jeff Bezos und Bill Gates. Aber er verteilt immer ein bisschen etwas, und er unterhält zahlreiche Stiftungen. Die Milliarden hindern ihn auch nicht daran, seit über 60 Jahren im gleichen Haus zu leben (das er 1958 für USD 31‘500 gekauft hatte). Seit Jahren beträgt sein Salär USD 100‘000. Buffett hält immer noch knapp 20% an seiner börsenkotierten  amerikanischen Investment-Gesellschaft. Die Aktie von Berkshire Hathaway ist die teuerste Aktie der Welt. Wir haben nachgeschaut: 1969 kostete ein Anteil USD 43, heute deutlich über USD 300‘000. Bei einem solchen Aktienpreis muss man sich zumindest nicht mit unangenehmen Kleinaktionären herumschlagen.

Immer überdurchschnittliche Renditen. Das Geheimnis?

Anstatt das Geheimnis seines Anlage- und Beteiligungserfolges zu ergründen, könnten wir natürlich einfach Aktien von Berkshire Hathaway kaufen. Oder sein Anlagemuster oder gar sein Portfolio kurzerhand kopieren. Zurückblickend lässt sich auf jeden Fall beobachten, dass Buffett nie Index-orientiert handelte. Er pickte Rosinen und hielt sie langfristig. Aktien, Unternehmensanteile, Anleihen. Das Gegenteil eines Daytraders eigentlich. Er verfolgte auch immer den Value-Ansatz, und er kaufte nur, was er verstand. Er liebte immer Low-Tech: Coca Cola, Heinz, Gillette. Unkomplizierte Sachen. Sogar die Aktien der Washington Post waren immer noch selbsterklärend. Dow Chemical dann schon etwas komplizierter – aber transparent. Auch General Re oder General Electric. Heute ist Buffet etwas flexibler, so sind Investitionen in Goldman Sachs hinzugekommen – offenbar traut er der Firma zu, nie Geld zu verlieren – was für die Kunden von Goldman Sachs selbstredend nicht gilt.

Warren Buffetts Denken und erfolgreiches Handeln lässt sich mit den folgenden 11 Punkten erklären:

  1. Buffett handelt ziemlich konsequent nach dem Prinzip des Value Investing. Wenn der innere Wert einer Beteiligung deutlich unter dem Börsenkurs liegt, deutet er dies als Kaufsignal. Er liebt ganz einfach den reellen Gegenwert. Deshalb hat er auch nie auf die Überflieger der Tech-Branche gesetzt. Die Dotcom-Blase im Jahr 2000 ging an ihm spurlos vorüber – er besass keine einzige Aktie der hochgejubelten Branche. Kurz vor dem Platzen der Blase wurde ihm das noch als Anlagefehler angekreidet – doch er behielt recht.

Im Durchschnitt der letzten 40 Jahre erzielte er eine rekordverdächtige jährliche Rendite von 20%.

Dass Value-Aktien in der Regel hinter den sogenannten „Wachstumsaktien“ hinterherhinken, ist ihm ziemlich egal. Ob er auch hier recht behält? In ein paar Jahren werden wir es wissen.

  • Buffett investiert nicht in Dinge, die er nicht begreift. So betonte er oft, dass er nichts von Technologie verstehe. Also kaufe er das auch nicht… Erst 2017 investierte er massiv in Apple – als die Firma eigentlich schon fast eine „normale“ Firma war. Strukturierte Produkte, Derivate? Solche Instrumente bezeichnete Buffett schon mal als „finanzielle Massenvernichtungswaffen“.
  • Warren Buffett sah sich nie als Aktionär, sondern immer als Teilhaber. So kann er nachhaltiger denken.
  • Er investiert nur in Firmen mit erwiesenen Erträgen – nicht erhofften.
  • Er investiert nur in Firmen mit kompetentem Management. Er versucht nicht, mittels Führungsaustausch Einfluss auf die Unternehmensstrategie zu nehmen – eine sonst beliebte Praktik der Investmentfirmen.
  • Buffett macht persönlich keine Schulden. Er „leveraget“ seine Beteiligung bei Berkshire Hathaway nicht. Die Regel gilt auch für die Firmen, in die Berkshire investiert – diese müssen immer gesund kapitalisiert sein. Allerdings war er sich in den letzten Jahren gut genug, sich bei Berkshire doch etwas Geld zu borgen (spottbillig natürlich), um gezielte Investitionen zu tätigen.
  • Buffett hält immer genügend Cash, um jederzeit investitionsbereit zu sein. Im Moment werden es um die 130 Milliarden USD sein, die bei Berkshire rumliegen.
  • Berkshire Hathaway schüttet keine Dividenden aus. So steigt das Eigenkapital konstant an, und damit kann mehr dazugekauft werden. Notfalls kauft Buffet manchmal die eigenen Aktien, wenn diese vorübergehend gestützt werden müssen.
  • Buffett hat sein ganzes Vermögen in Berkshire Hathaway investiert. Er ist kein Fonds-Manager, auch kein CEO einer Investmentgesellschaft. Er ist Eigner und seine langfristigen Ziele decken sich deshalb mit denen der Aktionäre.
  • Buffett lebt selber einen bescheidenen Lebensstil. Geld an sich ist für ihn kein Antrieb – ein nützlicher Charakterzug für langfristiges Denken. Der Multimilliardär wird nur einen Bruchteil seines Vermögens an seine Kinder vererben; der Grossteil wird an gemeinnützige Institutionen gehen. Ob das Donald Trump auch schon angedacht hat? Buffet jedenfalls denkt nicht vermögensgetrieben – ein weiterer Beweis, dass er die richtigen Voraussetzungen mitbringt für nachhaltige Investments.
  • Buffett arbeitet immer noch. Warum er sich das antut? Ganz einfach: Es macht ihm Spass. Vielleicht ist er doch eher ein Unternehmer und kein Investor? Die Freude an der Arbeit ist auf jeden Fall eine gute Voraussetzung, um Erfolg zu haben.

Wie reagiert Buffett in der Coronakrise?

Zu Beginn der Krise, im März 2020, verkaufte Buffett sofort alle Airline-Beteiligungen. Anschliessend machte er folgendes: nichts. Es wird ihm seit Monaten Inaktivität vorgeworfen, und zum ersten Mal kommt sein Alter zur Sprache.

In der Regel kauft Buffett in Krisen immer hinzu. Wir vermuten jedoch, dass er die Airlines nicht nur in einer vorübergehenden Krise sieht, sondern eher eine länger andauernde Agonie befürchtet – was tatsächlich einen konsequenten Ausstieg erforderte. Was bemerkenswert ist: Er tätigte diesen schon früh, gleich zu Beginn der Krise – als noch alle im Nebel stocherten und von einem rezessiven V-Shape fabulierten.

Buffett investierte in den letzten Wochen einzig in japanische Handelshäuser. Offenbar betrachtet er deren Aktivitäten als krisenresistent und ortet Entwicklungspotential.

Buffett griff in der Finanzkrise tüchtig zu

Während der Finanzkrise 2008/2009 hatte Warren Buffett umfassend zugekauft. Er nutzte die  Unterbewertung von vielen an sich gesunden Firmen. In der jetzigen Krise sieht er das offenbar anders. Nun, nachdem er während Dezennien recht hatte, liegt die Wahrscheinlichkeit vielleicht hoch, dass er auch diesmal recht hat.

In der Tat sind noch allerlei tiefgreifende wirtschaftliche Verwerfungen möglich – die Krise ist beileibe noch nicht ausgestanden. Eine langanhaltende Rezession oder Depression ist immer noch ein wahrscheinliches Szenario. Das sieht Buffett wohl auch so.

Fazit:

Die Coronakrise wird wohl oder übel als die grösste Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg in die Geschichte eingehen. Dabei geht es nicht eigentlich um die medizinische Bewältigung der Pandemie, sondern um die Bewältigung von deren makro- und mikroökonomischen Folgen. Die Finanzmärkte könnten nochmals richtig durchgeschüttelt werden. Wenn Warren Buffett recht hat, so haben die Börsen einige Talfahrten noch vor sich – sonst hätte er schon lange zugeschlagen. Unsere Interpretation also: Das Nichtstun des alten Starinvestors ist nicht auf sein bald biblisches Alter zurückzuführen. Sondern auf seine Vision, dass die Wirtschaftskrise noch lange nicht ausgestanden ist. Vergessen wir die V- und die U-Shapes. Es wird länger dauern. Also sollten wir vielleicht so handeln wie Warren Buffett: nämlich nichts tun?

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