Zweiter Teil: Bargeldabschaffung – Möglichkeiten, Grenzen, Auswege
Elektronische Zahlungsmethoden sind im Vormarsch, Corona hat den Wandel noch beschleunigt. Zudem werden digitale Währungen angedacht. Und ganz klar: Einzelne Regierungen prüfen die weitere Reduktion oder sogar die Abschaffung von Bargeld (China beispielsweise ganz konkret). Die Risiken sind bekannt: Unsere Zahlungssysteme werden noch verletzbarer, und der Staat kann die Einnahmen, Ausgaben und Vermögen der Bürger noch besser kontrollieren. Wie können wir uns dagegen wehren…?
Rezepte gegen den Anlagenotstand
Abgesehen von der drohenden Unbill, dass uns der Staat vermehrt ins (dann virtuelle) Portemonnaie schauen könnte, drohen uns allen Einschränkungen in der Verwaltung unseres Vermögens. Denn auch Bargeldhalten gehört in ein umsichtiges Portfolio.
Selbstredend gelten – auch bei einer weiteren Einschränkung des Bargeldverkehrs – die bisherigen Regeln: wie z.B. „nie alle Eier in den gleichen Korb legen“.
Diversifiziert werden muss sowohl in der Vermögensart (also Immobilien, Aktien, Bankkonten, Bargeld, Gold, Kunst, etc.) wie auch in der Geografie (nicht alle Vermögensteile in einem Land halten), aber es ist auch Diversifizieren in Währungen angesagt.
Für weniger Privilegierte fallen die zweiten und dritten Diversifikationen wohl weg. Für sie gilt es trotzdem, das Vermögen nicht zu stark zu bündeln: also nicht das ganze Vermögen in eine Immobilie stecken, nicht zu viel Aktien halten, nicht alles auf dem Konto stehen lassen. Und es kommt etwas hinzu: Schulden machen! Angesichts der Tatsache, dass wir uns heute zu unter 1% verschulden können und dieser Zustand wohl noch auf Jahre hinaus andauern wird, macht eine Investition z.B. in eine Immobilie besonders Sinn.
Für Privilegierte wie weniger Privilegierte jedoch gilt im Moment: Bargeld halten ist trotz allem nicht dumm. Es kostet nichts, denn wir erleiden keinen Zinsverlust. Sofern wir es gefahrlos aufbewahren können, ist Bargeld ein Sicherheitsgewinn. Ein intelligenter Plan B sieht ohnedies vor, an einen Zusammenbruch des Zahlungs- oder sogar Finanzsystems (also den Worstcase) zu denken. Aber bitte Bargeld nur in kleinen Scheinen halten – und nicht auf einer Bank. Siehe Zypern oder Griechenland vor rund 10 Jahren, als die Bankomaten plötzlich kein Geld mehr ausspuckten oder die Tresorräume nicht mehr zugänglich waren.
Wichtig: Es lohnt sich, das Bargeld bei den Steuerbehörden anzugeben. Sollte die Rechtslage in Sachen Bargeld tatsächlich einmal kippen, können wir unser versteuertes Bargeld jederzeit wieder in Buchgeld umwandeln. Wichtig auch: Bankbelege beim grossen Bargeldbezug aufbewahren. Denn sonst wird unsere Hausbank die schönen Noten nicht zurücknehmen – zumindest nicht grössere Summen!
Bargeld kann bedenkenlos auch in Euro oder USD gehalten werden. Im Sinne einer Diversifikation ist das gar nicht dumm. Aber Vorsicht: Von Zeit zu Zeit werden Noten, insbesondere die des Greenbacks, erneuert, dann ist Umtausch angesagt – wozu es wieder die früheren Bezugsbelege braucht.
Bargeld kann bald nur noch schwer versteckt werden
Bargeld wird künftig also aufgrund des Herkunft-Nachweises weniger versteckbar sein. Und so sind automatisch vermehrt Abflüsse in Auslandinvestitionen, Aktien, Anlagefonds, etc. zu erwarten. Es gibt kaum noch Ausweg-Verstecke: Auch das Parken von Werten in Gold, Edelmetallen, Kunst, einer Oldtimersammlung oder Immobilien wird künftig transparenter werden. Natürlich kann Geld immer noch in Firmen versteckt werden, insbesondere im Ausland – aber hierfür braucht es dann schon etwas an Financial Engineering.
Möchte der Staat künftig vermehrt ans Geld seiner Bürger – z.B. um horrende Staatsdefizite zu decken – so muss er sowohl den Bargeldverkehr einschränken als auch das Halten von gewissen Cash-Beständen einschränken. Er muss nicht einmal Verbote aussprechen, er könnte den Banken ganz elegant verbieten, Bargeld von z.B. mehr als 1’000 Euro entgegenzunehmen – ausser mit aufwendigen Nachweisen der Mittelherkunft. Und mittels Negativzinsen auf den Konti wird dann zusätzlich jedes Jahr ein bisschen Vermögen abgezwackt. Oder noch schlimmer: Es wird zur Defizitdeckung und Sanierung des Staatshaushaltes eine einmalige Vermögensabgabe eingeführt – Gedanken, die die heutige EZB-Chefin schon vor Jahren hegte (und die Zypern vor ein paar Jahren, zumindest auf Bankguthaben, gleich umgesetzt hatte). Für den Moment jedenfalls gilt: Bargeld ist nicht unattraktiv. Zwar wirft es keine Zinsen ab – allerdings auch keine negativen!
Kann der Staat einfach tun, was er möchte?
Entgegen den abstrusen Verschwörungstheorien (welche in der Regel vor allem von bildungsfernen Leuten unterstützt werden) ist klar, dass in einigermassen demokratischen Gebilden die Notenbanken und der Staat Währungs- und Bezahlformen nicht einfach willkürlich ändern können. Nur: Gerade hier liegt eben das Risiko, denn z.B. die Hälfte der EU-Bürger verfügt über gar keine nennenswerten Bankguthaben. Ein durchaus demokratischer Prozess könnte also der bereits bestehenden Idee einer “10%igen einmaligen Vermögensabgabe auf Bankeinlagen inklusive Geldanlagen ab Euro 50’000“ durchaus zu einem Durchbruch verhelfen. Der böse Staat müsste also gar nicht enteignen. Es genügt, einen demokratischen Willen für solches Tun zu initiieren. Auch die weitere Reduktion des freien Bargeldverkehrs könnte auf durchaus demokratischer Basis erfolgen – Klaus Schwab (im Rahmen dieser abstrusen Verschwörungstheorien, welche demnächst eine bargeldlose Weltherrschaft durch das WEF herbeireden) müsste gar nicht aktiv werden. Prozesse in diese Richtung sind im Gange, ein Ende ist zurzeit nicht abzusehen. Was jedoch neu ist: Solche Pläne liessen sich bei weitem einfacher durchsetzen, wenn möglichst wenig Bargeld im Umlauf ist.
Könnte der Staat Papiergeld also einfach verbieten? Ja, viele Staaten könnten. Entweder, weil sie totalitär geführt sind, oder weil sie es dann so demokratisch vorsehen. Bis 1974 bestand in den USA übrigens ein Verbot von privatem Goldbesitz. Möglich ist vieles.
Die Grenzen der Bargeldabschaffung
Die Notenbank in Schweden kriegt langsam kalte Füsse: Sie hat nicht nur Angst, bei elektronischen Ausfällen über keinen Plan B mehr zu verfügen. Sie sorgt sich neuerdings ebenso, dass das Gefühl für Geld verloren gehen könnte, wenn dazu bald keinerlei physische Relation mehr besteht. Wenn Bezahlen nur noch ein virtueller Vorgang ist, betrifft das Problem insbesondere die neuen Generationen. Die Schwedische Notenbank merkt plötzlich, dass eine solche Entwicklung nicht nur tragisch, sondern auch schädlich sein kann. Sogar das Taschengeld der Jungen wird heute vorwiegend elektronisch verteilt, und Bargeld macht in diesem fortschrittlichen skandinavischen Staat heute nur noch 1% des BIP aus (in der Eurozone sind es 10%). Corona hat nun alles noch beschleunigt. Es ist jedoch beruhigend zu beobachten, dass sich nicht nur demokratische Prozesse gegen eine weitere Reduktion des Bargeldes richten, sondern dass sogar intelligente Notenbanken selbst die Grenzen erkennen.
Die Schweiz in einer Sonderposition
Die Schweiz verfügt über die weltgrösste Banknote, den 1000er Schein. Zum Vergleich: In den USA geht’s nur bis zum 100er, und im United Kingdom ist bei 50 Pfund schon Ende der Fahnenstange. Nur schon aus Aufbewahrungsgründen ist in der Schweiz also das Halten von grösseren Bargeldbeständen sehr komfortabel, eine Million in Cash lässt sich auf die Grösse eines Milch-Tetrapacks komprimieren. Der Brite müsste dafür schon mit einem Überseekoffer unterwegs sein. Bis 2014 übrigens bestand eine Alternative mit einer 10‘000er-Note in Singapur-Dollar (heute entsprechend rund CHF 6‘600.-). Seit 2015 verbleibt in der Tat nur noch der 1‘000er aus der Schweiz – deshalb nicht unbeliebt. Nicht nur die Schweizer Bevölkerung, sondern auch Firmen und Institutionen im ganzen Land (auch ausländische Institutionen) halten gigantische Bargeldbestände in Schweizer Franken – oft auch nur aufgrund der Negativzinsen. Damit besteht ein natürlicher Druck auf die Nationalbank, in Sachen Bargeld vorerst einmal nichts zu ändern.
Der starke Glaube und das Vertrauen der gesamten Bevölkerung in die eigene Währung verankern den Wunsch nach Bargeld zusätzlich. Es mag sein, dass gewisse Länder – so vor allem in der EU – Bargeld zusehends verbannen werden. Die Eidgenossen werden dieser Entwicklung allerdings mit Sicherheit hinterherhinken. So lässt sich das künftige Geschehen aus der helvetischen Voyeur-Position hervorragend und ziemlich risikolos beobachten, und überstürzte Handlungen sind nicht angezeigt.
Allerdings werden wir uns immer stärker in einer Situation wiederfinden, in der das Halten von Bargeld zwar nicht beeinträchtigt wird, sehr wohl indessen der Transfer und die Bezahlung von grösseren Beträgen erschwert werden.
Fazit:
Der fortschreitende Ersatz von Bargeld durch elektronische Zahlungsmittel bietet einigen Komfort – aber auch Risiken. Die Krisen-Anfälligkeit wird erhöht und die Privatsphäre wird eingeschränkt. Die Gefahr einer künftigen Bargeld-Einschränkung ist in einigen Staaten durchaus latent. Trotzdem spricht – für uns in der Schweiz erst recht – immer noch einiges für Bargeld. Das wissen glücklicherweise auch andere, einigermassen intelligent geführte Staaten. Es lohnt sich, dafür zu kämpfen, dass die private Wahl der Zahlungsmittel möglichst frei bleibt. Unser Recht, Cash zu halten und es nach Bedarf einzusetzen, muss unbedingt unangetastet bleiben.