Waldmeyer wird überstimmt

An gewissen Zürcher Schulen sollen demnächst die Schüler bestimmen, welche Lehrer sie wollen. Waldmeyer vermutet, dass das nur der Anfang ist: Vielleicht handelt es sich hier nur um den Beginn eines Umsturzes. Passiert es nun also doch, dass demnächst alle Macht an das Volk geht?

Es könnte tatsächlich nur der Anfang sein. Die Signale sind klar. Denn es ist zum Beispiel nicht vorgesehen, dass auch die Lehrer ihre Schüler auswählen dürfen.

Waldmeyer beobachtet schon länger, wie gewisse Städte in der Schweiz langsam zu einem heiteren, egalisierenden und verkehrsfreien Kibbuz verkommen. Eigentum droht zusehends kollektiviert zu werden, und da und dort wird ein bedingungsloses Grundeinkommen angedacht. Es droht zudem Tempo 30, auch auf grossen Durchgangsachsen – und demzufolge ein Abwürgen des Individualverkehrs. Dafür sollen demnächst Lastenräder subventioniert werden (so die neue Idee des rot-grünen Zürcher Stadtrates). 

Und nun der neue Trick: Wird jetzt mittels einem Geheimplan, mit dem Feigenblatt basisdemokratischer Entwicklung (Beispiel: freie Lehrerauswahl), die Macht doch noch ganz ans Proletariat übertragen? So, wie es unsere kommunistischen Vordenker schon planten?

Das Zürcher Modell ist insofern reizvoll, als weitergedacht werden darf: Sollten nicht auch Mitarbeiter (ja, inklusive der Mitarbeiterinnen…) ihre Chefs oder gar die Besitzer eines Unternehmens auswählen? Unternehmertum würde dann endlich so richtig bottom-up entwickelt. Die guten Ideen entwickeln sich bekanntlich selten top-down, vor allem nicht in grossen Konzernen. Echte Innovationen, wenn nicht in einer Garage im Silicon Valley, entstehen nämlich meistens von unten. Also müsste künftig doch auch die Führung von unten her organisiert werden. Deutschland kennt seit langem schon die Vorstufe zu diesem Modell: Arbeitnehmer hocken in paritätischen Aufsichtsräten und schwatzen bei der Unternehmensstrategie mit (es ist die Umkehr beispielsweise von Elon Musk‘s Ansatz). Vielleicht sieht das Zürcher Modell nun eine weitere Eskalation vor? Aber man sollte nicht nur schwarzsehen, denn eventuell könnte dergestalt gar ein modernes, digitales Proletariat entstehen!?

Waldmeyer blickte von seinem Tablet auf und sah zu Charlotte rüber: „Nächstes Jahr werde ich mich als VR-Präsident in meiner Firma nicht von den Aktionären, sondern von den Mitarbeitern wählen lassen. Die sollen doch mal abstimmen!“

„Und wenn sie dich abwählen und einen andern einsetzen, was dann?“, warf Charlotte ein.

„Das wäre natürlich blöd. Dann müsste ich einfach zum alten Wahlsystem zurückgreifen, wir beide zusammen haben ja die Aktienmehrheit, die Belegschaft hat nur 20%.“

„Und was ist, wenn ich dann mit der Belegschaft stimme…?“, blitzte Charlotte zurück.

Waldmeyer schaute entgeistert.

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