Die Bundesverfassung garantiert jedem Bürger eine adäquate Bleibe. Aber eine Verfassung muss sich immer weiterentwickeln und den neuen Ansprüchen gerecht werden. Waldmeyer weiss, wie die Wohnwelt in der Zukunft aussehen wird!
Den Ökonomieverweigerern sei Dank
Die Wohnmisere ist schon seit Jahren mit Händen zu greifen: Es gibt zu wenig Wohnraum, und er wird immer teurer. An sich ein normaler Vorgang, denn wenn es von einer Sache zu wenig gibt, wird sie immer teurer. SP- und Grünen-Politiker hätten das inzwischen schon selbst merken müssen, zum Beispiel, wenn sie im Sommer einen Campingplatz buchen. Da wird plötzlich alles teurer, wenn zu wenig auf dem Markt ist. Was die Protagonisten unserer politischen Gesellschaft auf ihrem Bildungsweg oder im realen Leben verpasst haben, holt sie dann plötzlich ein: Angebot und Nachfrage stimmen nicht mehr überein, und der Preis gleicht das aus. Das ist ein ganz banales ökonomisches Prinzip. Man kann dagegen sein – aber es nützt nichts, es ist ein Kampf gegen die Windmühlen.
Zu allem holt einen das volkswirtschaftliche Ungleichgewicht bereits auf der Fahrt in den Süden schon am Gotthard ein, wenn die Autokolonnen immer länger werden. Vielleicht reisen die Ökonomieverweigerer natürlich mit der Bahn, dann merken sie nicht, wie der zur Verfügung stehende Platz an Strassenfläche der Nachfrage nicht mehr gerecht wird. Aber eventuell hilft die überfüllte Bahn dann, als einfaches edukatives Mittel, zur Erklärung der Ökonomie?
Die grosse, dumme Bauverhinderung
Aber zurück zum Schweizer Wohnangebot. Waldmeyer stellte fest, dass das Bauen an sich immer teurer wird, nur schon aufgrund der Vorschriften. Es fehlt auch an Einzonungen. Zwar liegen ganze Industrie- und Gewerbeflächen brach, und es gibt ein Überangebot an alten Büroflächen. Umnutzungen benötigen indessen, gefühlt, mindestens eine Generation bis sie greifen. Komplizierte und langwierige Baubewilligungen tun dann noch das Ihre für jahrelange Verzögerungen. Und unsere direkte Demokratie, an sich eine nette Errungenschaft, ermöglicht auch die unmöglichsten Einsprachen – zumal das Einspracherecht seit einiger Zeit auch noch allerlei Vereinen und Organisationen zur Verfügung steht.
Gleichzeitig wächst unsere Bevölkerung, und der Anspruch an grössere Wohnflächen steigt. In der Summe stimmen Angebot und Nachfrage nicht mehr überein. Es wird auch in Jahren noch nicht übereinstimmen, denn so schnell wie die Nachfrage steigt, kann gar nicht gebaut werden. Ein Jammer. Aber der Preis gleicht glücklicherweise aus, die verfügbare Menge wird einfach teurer. Erste Lektion in der Wirtschaftslehre.
Besser in den Jura?
Wieder einmal wagte Waldmeyer einen vorsichtigen Blick in die Zukunft. Auch künftig wird es jungen Leuten schlichtweg verwehrt sein, Wohneigentum zu erwerben. Auch 10-jähriges Sparen hilft da nicht weiter. Die Banker werden nur ein müdes Lächeln übrig haben für die jungen Paare, die sich mit 200’000 Franken angespartem Eigenkapital ein Haus leisten wollen. «Da müssen Sie wohl in den Jura ziehen», könnte auch in Jahren noch eine ihrer Antworten lauten.
Wie die Politik das in der Zukunft also zu gestalten gedenkt? Mit vereinfachten Baubewilligungen, vernünftigeren Bauvorschriften, gescheiten Einzonungen? Nun, es werden leider wohl andere, politischere Lösungen angestrebt werden.
Waldmeyers Blick in die Zukunft
Waldmeyer liess seinen Zeitstrahl in die Zukunft gleiten und blickte von dort zurück: Den Beginn machten die grossen Städte im Land. Ab 2025 plafonierten sie nämlich die Mieten, bauten viele Sozialwohnungen und verhinderten erfolgreich das private Bauen. Zürich bewirkte einen Dammbruch, schon 2024, als die Regierung dort bestimmte, dass nun auch Bessersituierte eine vom Staat mitfinanzierte Bleibe beziehen dürfen. Offenbar liessen sich die vielen staatseigenen vergünstigten Sozialwohnungen nicht mehr mit mittellosen Bürgern füllen. Auch gab es, beispielsweise auch in Zürich, zu wenig Stadträte der SP und der Grünen, die in einer stadteigenen Wohnung leben durften (über die Hälfte belegte bereits 2024 eine solche schöne subventionierte Bleibe).
Das neue Wohnmodell basierte offenbar auf der klugen Erkenntnis, dass es eigentlich gar keine Bedürftigen mehr gibt. De facto beginnt die neue Nahrungskette ab Stufe gehobener Mittelstand. Darunter gibt es nur Asylanten und Randständige, welche ihr Schicksal selbst gewählt haben.
Der Durchbruch: die AirWohn&Wohn App
Waldmeyers Blick in die Zukunft sah nun so aus: Den Menschen, die künftig kaum mehr bedürftig sein werden, wird es immer noch an Wohnraum fehlen – und dafür war nun der Staat zuständig.
Inzwischen, so die Vision Waldmeyers, wurden auf privater Basis konsequenterweise kaum mehr neue Bauten erstellt, da sich die meisten Investoren zurückgezogen hatten. Das war indessen egal, denn der Staat betrieb nun neu eine AirWohn&Wohn App, welche alle Single-Bürger und kleinere Familien zu sinnvollen Clustern zusammenführt, die sich eine Wohnung teilen können.
Waldmeyer blickte von seiner Terrassenliege in Meisterschwanden auf den See runter. Ja, er selber durfte ganz angenehm wohnen. Frau Rodrigues hantierte mit dem Staubsauger lautstark im Wohnzimmer; Waldmeyer liess sich indessen nicht stören, da er wusste, dass es der neue Dyson war. Charlotte neben ihm studierte Reiseländer, in die sie nie fahren würden. Das Wohnproblem betraf also nicht ihn. Umso interessanter ist es, über Probleme der anderen nachzudenken. Die Wohnzukunft wird folglich so aussehen, so malte sich das Waldmeyer weiter aus, dass endlich keine Wohnungsnot mehr herrschen sollte, und alle werden glückliche Wohnungspartner gefunden haben.
Die neue Chefin des Departementes des Innern, Fatima Ramadani, löst das Problem
Unsere Wohnbauministerin, Elisabeth Baume-Schneider, hatte sich nach acht ereignislosen Jahren wieder in den Jura verkrochen und ihre Nachfolgerin, die nonbinäre Fatima Ramadani, hatte die Zügel fest in die Hand genommen. Ihr Cousin hatte in ihrem Auftrag diese geniale AirWohn&Wohn-App mit einem Stab Kosovofreunden aus dem Homeoffice entwickelt. Die clevere App wird sogar eine soziale Garantie abgeben, dass die Wohngemeinschaft funktioniert, sie ist KI-gesteuert und kann selbst die schwierigsten Psychogramme der Mieter zusammenführen. Sicherheitshalber werden ethnische Cluster gebildet, was auf der Hand liegt, denn Menschen mit einem serbischen Hintergrund, beispielsweise, kann man nicht mit Albanern kombinieren – das gibt nur Zoff. Schweizer mit Schweizer geht. Eritreer mit Äthiopier geht aber nicht. Die App ist so intelligent, dass sie auch kluge gastronomische Zusammensetzungen vorschlägt. So dürfen Muslime mit Juden problemlos unter einem Dach leben, da sie beide kein Schweinefleisch essen. In diesem Fall sieht die Wohneinheit jedoch zwei Kühlschränke vor, beschriftet mit «halal» und «koscher». Ja, die KI denkt an alles!
Bleibt Waldmeyer in Meisterschwanden?
Wenn’s nicht klappt mit dem Zusammenwohnen hat jeder Mieter maximal 12-mal pro Jahr Anrecht auf einen Wohnungswechsel. Umziehen wird eh einfach sein, denn sämtliche Möbel und das Kleininventar werden von der staatlichen Plattform zur Verfügung gestellt. So entfällt der lästige und wenig klimafreundliche Umzug. Vereinzelte Stimmen werden zu Beginn monieren, dass dieses neue Wohnmodell post-marxistische Züge trägt oder eine moderne Kibbuz-Interpretation sei. Aber weit gefehlt, denn es basiert auf Einsicht und Freiwilligkeit. Den meisten Bürgern wird es gefallen.
Max Waldmeyer freut sich auf die künftigen cleveren Lösungen im Wohnungsbau. Er selbst zieht es vor, in seiner Villa in Meisterschwanden zu bleiben und von dort aus die neue, lustige Wohnwelt zu beobachten. «Ich glaube, wir bleiben in Meisterschwanden. Ich begreife die Leute nicht, die nicht in ein Eigenheim ziehen wollen», meinte er zu Charlotte.
Charlotte antwortet in der Regel nicht, wenn Max wenig Sozialverträgliches zum Besten gibt. Heute aber schon: „Du kannst ja hier bleiben, Max, ich buche für mich jetzt mal was auf dieser neuen App!“