Waldmeyer und der Stahlkocher

Der Staat nimmt, der Staat gibt. Und wenn ein Problem auftaucht, muss es der Staat lösen. Diese Anspruchshaltung ist natürlich nicht neu, sie akzentuiert sich nur. Kein Wunder, machen Staaten immer mehr Schulden, während der Bürger mit immer weniger Eigenverantwortung leben darf. Zurzeit treibt die Hilfe nach dem Staat besondere Blüten: Der Staat soll nun bitte auch sicherstellen, dass wir unseren eigenen Schweizer Stahl produzieren dürfen!

Mittels Notrecht soll unsere Stahlproduktion der Swiss Steel im beschaulichen Gerlafingen gerettet werden, fordern verzweifelte Gewerkschafter, wohl in einem Anflug von geoökonomischem Weitblick. Die Wirtschaftskommission des Ständerates unterstützte das strategisch wertvolle Vorhaben vorbehaltslos, auch der Nationalrat, einem plötzlichen Helfersyndrom erlegen, sieht Handlungsbedarf. Selbst bürgerliche Politiker stehen hinter dem Ansinnen, hier werden die Argumente der «Kreislaufwirtschaft» bemüht, denn in den mit Sicherheit besonders sauberen Schweizer Stahlwerken soll Altstahl weiter zu neuem Stahl verarbeitet werden. Waldmeyer stellt sich die Frage: Ob der Bürger denn tatsächlich nicht weiss, dass eine solche Verarbeitung auch problemlos irgendwo im nahen Ausland in einem Dutzend bestehender Werke erfolgen kann?

Industriepolitik der Industriestaaten ist nichts Neues. Entweder wird gefördert, verhindert, verstaatlicht oder toleriert. Industriepolitik ist allerdings nur dort berechtigt, wo es um Sicherheit oder Systemrelevanz geht.

Der Schutz der schweizerischen Zuckerrübenproduktion zum Beispiel hat deshalb nur mit Nostalgie oder Stimmenfang in der Landwirtschaft zu tun. Der Staat unterstützt in diesem Fall den Absatz sogar werbetechnisch («Schweizer Zucker!»). Das machte er bis vor kurzem auch beim Fleisch («Schweizer Fleisch, alles andere ist Beilage!») Das waren bisher ganz lustige Interpretationen von Industriepolitik, so, wie sie die Schweiz eben versteht. Echte Industriepolitik betrieb sie bisher fast nie – ausser bei der Stromproduktion, der Wasserversorgung usw., also bei wichtigen staatlichen Dienstleistungen, die sich für ein modernes Land auch gehören. Dass die meisten Kantonalbanken staatliche Institute sind, ist allerdings bereits grenzwertig, und dass die Eidgenossenschaft eine Postbank betreibt und diese miserabel führt, ist gerade ein Beispiel, warum der Staat von solchen Vorhaben einfach die Finger lassen sollte.

Einmal wäre es vielleicht wichtig gewesen, dass man die Produktion unter staatlicher Kontrolle gehalten hätte: Es ging 2022 um den Erhalt der RUAG Munitionsproduktion. Anstatt an die Italiener zu verkaufen, hätte man die Manufaktur tatsächlich behalten können. Die Argumente «Systemrelevanz» und «Erhalt politischer Kontrolle» wären zu vertreten gewesen. Aber der Staat wollte nicht mehr, ausserdem waren die möglichen Auswirkungen des Ukrainekrieges in den Köpfen der Staatsführer noch nicht richtig angekommen. Also verhökerte man das Fabrikli.

Im nahen Ausland wird da ganz anders Industriepolitik betrieben. Bei Renault in Frankreich sitzt der Staat mit im Cockpit, er hockt auch in zahlreichen Redaktionsstuben diverser Medien, in Deutschland pfuscht das Bundesland Niedersachsen bei VW rein. Die italienische Fluggesellschaft wurde schon mehrfach durch den italienischen Staat gerettet und de facto übernommen. Und überall wird Hightech mit viel Geld angelockt. Die Schweiz war da bisher vernünftiger: Die Swiss beispielsweise überliessen wir grosszügigerweise den Deutschen. Und sie fliegt tatsächlich immer noch.

Kürzlich forderte die SP kurzerhand den Kauf von Sandoz (Marktwert: schlappe 15 Mia). Als ob gerade der Staat denn so einen Konzern besser führen und die Medikamentensicherheit nicht alternativ sichergestellt werden könnte – beispielsweise durch Pflichtlager etc. Das Ansinnen geriet denn auch, angesichts der Absurdität, schnell in Vergessenheit.

Und nun soll also die Schweizer Stahlproduktion gerettet werden. Zerfallende Strukturen sollen dem Untergang entzogen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Markt etwas braucht oder nicht. Swiss Steel muss nach eigenen Aussagen die Produktion einfach der Nachfrage anpassen. Hilft der Staat, in welcher Weise auch immer, die Arbeitsplätze zu erhalten, wird sich derselbe Staat damit von der Arbeit befreite Mitarbeiter in Gerlafingen leisten; sie haben dann nichts zu tun und warten auf einen Auftrag, um alsbald die Stahlkocher anzuwerfen. Sie spielen vielleicht Karten oder tauschen auf ihren Handys interessante TikTok Bilder aus, sie schleppen sich von Pause zu Pause und gehen dann um 16:30 erschöpft nach Hause. Vielleicht sind sie aber am Morgen gar nicht ins Werk eingerückt, denn neu könnten die Stahlarbeiter auch im Homeoffice bleiben. Piquet-Dienst, nennt sich das dann. Und anstatt zuhause online einen Umschulungskurs zu machen, Chinesisch zu lernen oder mit einem Physikstudium zu beginnen, lümmeln sie rum und ärgern ihre Ehefrauen.

Am Stammtisch, nach dem Beruf gefragt, geben sie bereitwillig Auskunft: «I bin Piquet, weisch.» Oder lapidar: «Homeoffice, weisch.»

So neu ist die Situation solch staatlicher Hilfe allerdings nicht. Die Landwirtschaft beispielsweise wird in der Schweiz jährlich mit Subventionen und anderen Beihilfen in der Höhe von rund fünf Milliarden bedacht. Jeder Schweizer Haushalt zahlt also durchschnittlich fast einen Tausender ein – die einen nichts, die andern sehr viel mehr. Zusätzlich bezahlen wir noch drauf, weil die landwirtschaftlichen Produkte in der Schweiz fast das Doppelte als im Ausland kosten, denn unser Land hat sich ja wunderbar abgeschottet, mit rekordhohen Zöllen, sodass unsere Bauern die Preise ebenso wunderbar hochhalten können. Das kostet im Schnitt etwa nochmals drei Tausender für jeden Haushalt zusätzlich pro Jahr. Also viertausend Stutz pro Haushalt jährlich für die Landwirtschaft. Den Mitarbeiter aus Gerlafingen trifft es damit besonders hart, denn in seinem Warenkorb befinden sich im Verhältnis zu seinen Gesamtausgaben viele Lebensmittel – nicht, weil er besonders viele Kalorien braucht am heissen Stahlkocher, sondern weil er einfach nicht so viel verdient. Einen Multimillionär trifft es dabei weniger hart, kann er doch auch nur dreimal essen pro Tag und dies mit Ausgaben, die er gar nicht spürt. Die Schweizer Landwirtschaftspolitik ist also etwas sehr Unsoziales. Waldmeyer nahm sich vor, dies einmal den Gewerkschaftsführer:innnen mitzuteilen – sollte er, aus irgendwelchem Grund auch immer, einmal eine solche Person antreffen.

In Sachen Landwirtschaft könnte es, mit den nötigen Sanierungsmassnahmen, auch günstiger gehen: Wir würden einfach etwas mehr importieren, könnten uns etwas weniger umweltversauende Landwirtschaft leisten und ein Teil der Bauern (welche sich zum Beispiel nicht eignen für eine Umschulung zu KI-Spezialisten) könnte Facharbeiter spielen, auf dem Bau oder so – die können nämlich in der Regel alles, diese Bauern, die sind ganz handy. In der Folge hätte a) der Staat (und damit der Steuerzahler) Geld gespart, b) der Bürger müsste weniger Geld für Nahrungsmittel ausgeben, könnte sich also anderes leisten und die Wirtschaft so ankurbeln, c) hätten wir etwas gegen den Facharbeitermangel getan und d) erst noch die eidgenössische Umwelt geschont, weil wir das Problem der Überdüngungen und der Methanproduktionen der Fleischwirtschaft kurzerhand outgesourcet hätten (nach Brasilien beispielsweise).

Aber zurück zu den Stahlkochern: Ein Grund für die Probleme des Schweizer Produktionsstandortes sind auch die Handelshemmnisse beim Export. Hier wäre tatsächlich positive Industriepolitik angesagt, Freihandelsabkommen und gescheite Verträge mit der EU unter anderem.

Aber letztlich verkommt es zu einem Witz, wenn wir im teuersten Land der Welt krampfhaft versuchen, im Primärsektor Strukturen aufrechtzuerhalten. Solche Industrien gehören nämlich in Schwellenländer, bestenfalls noch in wenig entwickelte Industrieländer (nach Serbien, beispielsweise). Stahl produzieren in der Schweiz…? Waldmeyer versuchte, sich dieses Ansinnen auf der Zunge zergehen zu lassen. Selbst wenn es Spezialstähle wären, besonders gute, schöne und exzellente Stahlprodukte, gar mit einem feinen Schweizerkreuz drauf: Die Bewahrung solcher Low-Tech Produktionen in unserem Land grenzt an ausgeprägte Sinnlosigkeit, man könnte ebenso gut eine Kaviar-Zucht aufziehen oder eine Mangofarm betreiben.

Ja, warum sieht der Staat bei diesen Dingen nicht einfach das Big Picture? «Der Bürger ist das Problem», warf Charlotte ein, «der macht auf «Switzerland first», ungeachtet der Kosten.» Charlotte hatte natürlich recht. Und eigentlich müsste man demokratischen Entscheiden immer recht geben. Aber was tun, wenn diese falsch gefällt werden…?

Nun, das mit der Landwirtschaft, das sah Waldmeyer ein, ist ein Sonderfall. Es ist ja auch nicht «Industriepolitik», sondern einfach eine Subventionierung eines offenbar «untouchable» Systems. Das mit der geplanten Unterstützung eines Stahlwerkes allerdings wäre ein ordnungspolitischer Sündenfall höchster Güte. Stahl kann auf der ganzen Welt eingekauft werden, die Idee gewisser Parlamentarier, in Sachen Stahl autonom zu werden, ist ein Ausdruck besonderer Weltfremde. Für einmal dürfen wir hier nicht einmal dem Bundesrat die Schuld geben, was Waldmeyer etwas bedauerte, sondern den Parlamentariern, notabene vom Bürger gewählte Abgesandte. «Der Bürger ist das Problem, Charlotte», fasste Waldmeyer zusammen. «Ich sags ja», seufzte Charlotte. Für einmal waren sich Max und Charlotte einig – was Waldmeyer doch etwas schade fand.

Waldmeyer und das Geheimnis der grossen Yachten

Max Waldmeyer blickte von seiner Terrasse in Meisterschwanden auf den Hallwilersee hinunter. Auf dem spiegelglatten Wasser lagen kaum Schiffe. Nur ein paar Böötli. Donald Trump würde hier auch keine Yacht besitzen, überlegte Waldmeyer.

 

Und Waldmeyer googelte: Die maximal erlaubte Yachtlänge auf dem Hallwilersee beträgt nur 7.5 Meter. 7.5 Meter! «Ich sehe keine einzige richtige Yacht auf dem See», meldete er zu Charlotte rüber. Charlotte antwortete nicht.

7.5 Meter sind genug!

Siebeneinhalb Meter. Also ein Grund mehr, keine solche Nussschale zu besitzen, überlegte Waldmeyer weiter. Wenn schon, dann eine richtige Yacht. Yachten, grosse Autos oder schöne Villen machen allerdings nur Sinn, wenn man sich damit von seinen Nachbarn abheben kann. Auf dem Hallwilersee geht das eben nicht, keine Chance. Mit 7.5 Metern wäre man bestenfalls unter seinesgleichen.

Wem gehört die grösste Yacht der Welt?

Glück ist bekanntlich relativ: Man sollte deshalb in eine möglichst arme Gegend ziehen, dort aber in der schönsten Villa wohnen. Den Ferrari sollte man im tiefen Jura bewegen – und nicht am Strip in Las Vegas. Und die Yacht eben nur dort ankern, wo andere über lediglich bescheidene Boote verfügen. Was zählt, ist der relative Unterschied, überlegte Waldmeyer und versuchte so, eine Neuinterpretation der Relativitätstheorie zu begründen. Ja, es war noch nie schön, sich am untersten Ende der Nahrungskette wiederzufinden. Aber: warum nur diese umständlichen Superyachten? Oder gar die Megayachten (für Insider: Superyachten mutieren zu Magayachten, wenn sie länger als 200 Fuss sind)?

Die grösste Yacht der Welt gehört Scheich Zayed, dem Präsidenten der VAE. Sie ist 180 Meter lang und verfügt über einen Ballsaal mit über 500 Quadratmetern. Und ein Raketenabwehrsystem. Würde die Yacht jetzt hier auf dem Hallwilersee vorbeituckern, würde sie einen Tsunami auslösen, analysierte Waldmeyer. Abgesehen davon wäre der riesige Kahn auf dem Landweg erst mal gar nicht transportfähig, er müsste in der Werft in Meisterschwanden, die es gar nicht gibt, gebaut und vom Stapel gelassen werden.

«Dieser Emir würde sich wohl nie für den Hallwilersee interessieren», meldete Waldmeyer zu Charlotte rüber. Charlotte antwortete immer noch nicht.

Das bestgehütete Geheimnis der Weltmeere

Dieses Geheimnis der grossen Yachten scheint offenbar das bestgehütete Geheimnis der Weltmeere zu sein. Warum tun sich die Besitzer dieser aufwendigen Schiffe das nur an…?

Waldmeyer suchte nach einer Erklärung: Mit einer teuren Rolex oder einem Lamborghini kann man ein Statement gegen aussen abgeben und so vorführen, dass man vermögend ist. Oder man lacht sich eine teure und repräsentative Villa an, die dann womöglich noch in einer Illustrierten mit einer Homestory gepostet wird. Möchte man indessen so richtig markieren und darstellen, dass man sich in der obersten Liga befindet, so wird die Luft dünn. Da braucht es dann schon einen Privatjet – mit dem Nachteil allerdings, dass man den fast nie vorführen kann. Die intrinsischen Gewinne in Sachen Image sublimieren sich dann quasi in der Luft. Die fette Yacht indessen ist das ultimative Statement. Denn die kann man zeigen, an allen wichtigen Hotspots auf der Erde. Falls man nicht von immer willkommenen Paparazzi abgelichtet wird, würde man notfalls an der Uferpromenade in Cannes oder St. Tropez ankern und an Deck (dieses gegen die Promenade gewandt) ostentativ ein Glas Dom Pérignon schlürfen, um wenigstens so gesehen zu werden.

Wieviel Yacht gibt es für eine Million?

Doch nebst all diesen Vorteilen, also der schönen Aussenwirkung und den flamboyanten Signalen, die vom Besitz einer ordentlichen Yacht ausgehen, dürfen die Nachteile nicht unerwähnt bleiben. Da geht es um die Kosten. Und die sind erheblich. Früher galt – unter Kennern – die Faustregel, dass für den Kaufpreis einer Yacht pro Meter Schiffslänge eine Million zu veranschlagen ist. Aber das war einmal. Bei Megayachten muss heute gleich mit bis zu fünf Millionen gerechnet werden. Allerdings besteht ja gerade darin die Verstärkung der Aussenwirkung: Nur mit einem wirklich sehr fetten pekuniären Polster kann man sich das leisten. Das weiss jeder – deshalb die Erhöhung des Signals gegen aussen.

Aber noch etwas erkannte Waldmeyer: Sorgen müssen auch die horrenden Unterhaltskosten bereiten. Denn diese liegen pro Jahr, so eine weitere Faustregel, bei rund 10% des Kaufpreises. Crew, Versicherungen, Hafengebühren, Treibstoff, Reparaturen etc. stellen schnell mal den Kaufpreis eines kleinen Privatjets dar. Und das jedes Jahr. Ein weiterer Grund also, warum Privatjets heute kein wirkliches Statement mehr sind. Yachten sind einfach das ultimative Aushängeschild von Luxus, es ist die perfekteste aller Visitenkarten der Arriviertheit. Über Yachten spricht man. Pro forma versuchen Superreiche, die Besitzstruktur einer Yacht zu verschleiern, indessen nur in der Hoffnung, dass der Besitzer entdeckt und in den Medien breitgeschlagen wird. Selbst Schlösser in Frankreich oder Schottland verblassen dagegen, diese werden dann nur noch als Insignien des Mittelstandes wahrgenommen.

Trotz seiner kritischen Haltung gegenüber den grossen Yachten stellte sich Waldmeyer vor, wie es denn so wäre, auf einer coolen Yacht. (Anmerkung der Redaktion: siehe Zeichnung oben, mit Waldmeyer, hinten an der Bar.)

Die verschwundene Yacht von Bill Gates

Nur: Wie kann mal letztlich so töricht sein und sich eine Superyacht leisten, obwohl man selten darauf hockt (weil es dort unendlich langweilig ist) und diese nur Geld verschlingt? Wirklich nur wegen des Statements? Die Geheimnisse um die Yachten häufen sich.

Bill Gates hatte sich, wohl in einem Moment der mentalen Schwäche (als er vergessen hatte, dass er doch immer bescheiden auftreten wollte) eine besonders hübsche Yacht für 650 Millionen bestellt, die «Aqua», 112 Meter lang. Offenbar wollte er die 127-Meter-Megayacht von Jeff Bezos nicht übertreffen, es musste ein anderer Antrieb gewesen sein. A propos Antrieb: Die «Aqua» verfügt über einen Wasserstoff-Antrieb, es ist die erste grosse Yacht mit Hydropower. Allerdings scheint es sich Bill nun doch noch anders überlegt zu haben, und er nimmt sein Schiff gar nicht erst in Betrieb. Es steht zum Verkauf. Niemand weiss, wo das gute Teil versteckt wird und zu welchem Preis es verkauft werden soll. Eine Ausnahme. Aber ein Geheimnis mehr.

Zuckerberg begnügt sich übrigens mit seiner 118 Meter kurzen «Launchpad» (300 Millionen). Aber man sieht ihn selten auf seinem schnittigen Superboot, es liegt wohl an seiner Arbeitsbelastung, denn es gibt noch einiges zu tun im Hause Meta.

Ein Must: die coolen Apps für die Yachtsuche

Waldmeyer blickte kurz in seine zwei Lieblingsapps rein: MarineTraffic und myShipTracking. Grosse Yachten müssen mit einem Transponder versehen sehen, deshalb lassen sie sich kaum verstecken. Ihre Standorte erscheinen dann – weltweit – auf diesen Apps.

Ein paar Russen, denen aus bekanntem Grund die Konfiszierung der Yachten drohte, liessen die Transponder natürlich abschalten und konnten so ihre Kähne verstecken. Allerdings ohne dann den Mehrwert der Aussenwirkung zu geniessen – weil eben versteckt. Womit das Betreiben einer Yacht, mit seinen wichtigen intrinsischen Werten (in diesen bedauerlichen Sonderfällen) in Frage gestellt wird.

Sitzt Abramowitsch jetzt in Montenegro oder Bodrum?

Mit der Frage «Warum besitzt wohl Trump keine Yacht mehr?» versuchte Waldmeyer auf seiner Terrasse über dem See, Charlotte nun endgültig auf eine Diskussionsebene zu hissen. «Der ist doch pleite!», antwortete Charlotte knapp.

«Abramowitsch hockt jetzt in Montenegro», meldete Waldmeyer weiter zu Charlotte rüber und blickte von seinen Apps auf.

«Schatz, das ist nur seine Mega-Yacht, die «Eclips», 850 Millionen Euro. Abramowitsch hat diese Woche einen Gerichtstermin in der Schweiz». Endlich war Charlotte dabei. «Zudem besitzt dieser windige Russe drei weitere grosse Yachten, vergiss zum Beispiel die «Solaris» nicht, 600 Millionen! Die liegt zurzeit in Bodrum. Abramowitsch weiss schon, warum.» Und sie fuhr fort: «Die «Tango» von Veckselberg liegt übrigens auf Mallorca, immer noch beschlagnahmt, Veckselberg ist heute aber bei Sulzer in Winterthur, auf Einladung des VRs.»

Waldmeyer war perplex. «Seit wann interessierst du dich für Yachten, Charlotte?»

«Das ist heute doch Common Knowledge, Max. Ich schau halt manchmal bei Marine Traffic rein! VesselFinder ist auch ganz interessant»

Die Auflösung des Geheimnisses

Waldmeyer ging nun ein Licht auf. Wenn Charlotte, welche sich in der Regel vorab für Tennis interessiert, weiss, wo die grossen Yachten liegen und wem sie gehören, dann ist dieses Yacht-Wissen eigentlich zum Allgemeingut geworden. Allerdings: Vielleicht ist gerade dies das Geheimnis der grossen Yachten? Es gibt nämlich gar keines! Und damit ist das wahre Ziel der Yachtbesitzer erreicht: Sie tun zwar geheimnisvoll, möchten aber immer erreichen, dass man weiss, wem ihre Schlachtschiffe gehören und wo sie gerade rumschippern oder vor Anker liegen. Und vor allem: was sie gekostet haben.

«Nöd gschenkt», meinte Waldmeyer und beendete die lebhafte Diskussion.

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