Waldmeyer und das saubere Wasser aus Italien

Max Waldmeyer erinnerte sich an seine Kindheitsurlaube in Italien. Seine Eltern bläuten ihm jeweils ein, nur nicht direkt vom Wasserhahn zu trinken.

Aber es waren nicht nur Waldmeyers kognitive Wahrnehmungen in Sachen sauberes Wasser in Italien. Die Sache ist komplizierter.

Waldmeyer erinnerte sich auch genau daran, dass während seinen Jugendjahren viele Strände Italiens aufgrund ihrer unsäglichen Verschmutzung mit einem Badeverbot belegt waren – was sich 1973 in Alassio leider erst vor Ort herausstellte und klein Max nicht ins Meer durfte.

Italien wird allerdings generell nie besonders mit „Sauberkeit“ oder mit „sauberem Wasser“ assoziiert. Umso merkwürdiger erschien es Waldmeyer, dass San Pellegrino und Panna auf allen Kontinenten erhältlich sind; es wird sogar in Glasflaschen überall hingekarrt oder hingeflogen. Dass ein Land mit schmutzigem Wasserimage weltweit sauberes Wasser verkaufen kann, grenzt also fast schon an ein biblisches Wunder.

Charlotte störte jedoch mehr der offensichtliche ökologische Sündenfall: «Schau mal, Max, Wasser um den Erdball zu transportieren, das geht doch nicht». Waldmeyer anerkannte diese Sinnlosigkeit ebenso, aber eben auch die bemerkenswerte Marketingleistung der Italiener! Unglaublich, was man mit der richtigen Kommunikation und intelligenter Unternehmensstrategie alles realisieren kann. Demgegenüber sind z.B. die wunderbar überteuerten Plastik-Täschchen von Louis Vuitton aus Frankreich nur eine Randerscheinung. Die Italiener sind schon clevere Kerle. Sie vermarkten nicht nur einen selten fahrtüchtigen Maserati oder einen technologisch eklatant rückständigen Cinquecento mit bemerkenswerter Brillanz, sie vermarkten eigentlich das ganze Belpaese hervorragend. „Italianità“ ist etwas Wunderbares, es blendet alles aus: die horrende Staatsverschuldung, die marode Infrastruktur, die Mafia, alles… 

Trotz seiner mangelnden humanistischen Bildung schlägt Waldmeyer gerne kulturelle Bögen. Immerhin weiss er so aus seiner Gymnasialzeit, dass im klassischen Theater der Höhepunkt am Ende des dritten Aktes stattfindet. Vielleicht, so seine Beobachtung, befindet sich Italien – rein politisch und gesellschaftlich – bereits im vierten Akt, ohne dass das dramatische Ende abzusehen wäre! Im Übrigen hat Waldmeyer begriffen, dass es einfach zur neuen italienischen Denkschule gehört, dass die Abfallberge in den Städten ab und zu brennen müssen und dass die grassierende Korruption in Politik und Wirtschaft ein natürlicher Teil der Gesellschaft ist. 

Gerade deshalb muss man den Italienern in Sachen Marketing einfach Bestnoten verleihen. Jeder Kommunikationsfachmann muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Wasser aus Italien…!

Charlotte hatte natürlich recht: Das mit den Glasflaschen um den Erdball ist sinnlos. Waldmeyer erinnerte Charlotte jedoch daran, dass die beiden Wassermarken seit Jahren Teil des Schweizer Nestlé-Konzerns sind und damit quasi hervorragende Schweizer Erzeugnisse. Die Marketingleistung gehört damit eigentlich uns. Ja, wer hat’s erfunden?

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