Waldmeyer grübelte über den neuen Corona-Statistiken. In welchen Ländern gibt es relativ viele Todesfälle? Z.B. in den USA, auch in UK. Aber auch in Deutschland ist die Todesrate zurzeit ziemlich hoch, trotz rigider Lockdowns.
Die zweite Statistik nun: Die meisten Todesfälle betreffen über 80-Jährige.
Die dritte Statistik: Alle diese drei Länder verfügen über eine Population mit einem erhöhten BMI, alle sind also ziemlich fett.
Die vierte Statistik: Der Grossteil der Corona-Toten war übergewichtig – so eine neue Studie aus Grossbritannien.
Waldmeyer erschrak: Hier zeigte sich plötzlich eine neue Korrelation, die selbst die schlauesten Mediziner noch nicht entdeckt hatten. Die Länder verbindet etwas. Wie sollte das Waldmeyer nun formulieren? Und was bedeutete das für ihn persönlich?
Die fünfte Statistik öffnete Waldmeyer endgültig die Augen: In Deutschland zum Beispiel sind ein Drittel der Leute übergewichtig, bei den über 75-Jährigen sind es jedoch hohe 70%! Also: An Corona sterben vorab Alte, die gleichzeitig übergewichtig sind. Oder: Man stirbt schneller mit Übergewicht, auch schneller, wenn man älter ist. Was – separat betrachtet – keine neue Erkenntnis ist. Aber neu ist die Korrelation Übergewicht/Alter/Coronatod. Fazit: In Deutschland z.B. stirbt man demnach eher an (oder mit) Covid-19, weil dieses Land einen hohen Altersdurchschnitt aufweist (im Median sogar einer der höchsten weltweit), gleichzeitig jedoch auch, weil das betroffene Alterssegment ein signifikant höheres Übergewicht verzeichnet. Oder ist das alles vielleicht doch nur ein gastronomisches Problem?
Letzten Monat starben in der Schweiz – trotz dreimal höherer Inzidenz als in Deutschland – rund dreimal weniger Leute (im Verhältnis zur Population natürlich). Also war das Corona-Sterberisiko in der Schweiz rund neunmal geringer als in Deutschland. Und dies, obwohl die Skiterrassen so lange offen blieben und der hiesige Lockdown im Vergleich zu Deutschland nur ein Lockdownchen war und ist. Haben all die Corona-Massnahmen also kaum einen Einfluss, geht es letztlich etwa nur ums Gewicht der Leute? Wie würde Waldmeyer nun mit dieser Erkenntnis das Land coronamässig managen?
Komisch, aber vielleicht ebenso coronabedingt ist, dass sich neuerdings viele Leute beim Essen filmen. Tatsächlich. Waldmeyer wunderte sich über den neuen Trend: „ASMR“. ASMR ist die Abkürzung für Autonomous Sensory Meridian Response, ein Phänomen, für das es bis jetzt keine sinnvolle deutsche Übersetzung gibt, das in den USA zurzeit jedoch ein grosses Thema im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme ist.
Man filmt sich demnach, wenn man isst und stellt es nachher ins Netz. Tausende schauen zu und lauschen den Schmatz- und Kaugeräuschen. Spannend! Nun, man darf sich fragen, warum das spannend sein soll. Die Manchester Metropolitan University fand immerhin heraus, dass diejenigen, die ASMR Videos anschauten, während den Sitzungen signifikantere Senkungen der Herzfrequenz aufwiesen im Vergleich zu denen, die die Videos nicht gesehen haben. Auch zeigen die Probanden einen deutlichen Anstieg positiver Emotionen, Entspannung und ein Gefühl des „sozialen Eingebundenseins“.
Was ASMR nun mit Corona zu tun hatte? Vordergründig natürlich nichts. Aber Waldmeyer sah darin trotzdem weitere deutliche Zusammenhänge: Je länger die Lockdowns gehen und Homeoffice angesagt ist, desto eher wird sich ASMR ausbreiten. Und dieses Sich-beim-Essen-Filmen wird den BMI natürlich eher hochtreiben! Vor allem in den USA. Wenn die ASMR-Welle nach Deutschland überschwappt, wird es auch hier noch mehr Corona-Tote geben.
Doch zurück nun zu Waldmeyers Management-Strategie: Als CEO des Bundes, wenn er denn ein solcher wäre (ähnlich seinen Management-Rollen zuvor), würde sich Waldmeyer nun einfach alle übergewichtigen alten Personen über 80 vorknöpfen, ihnen eine Diät verschreiben und verbieten, sich beim Essen zu filmen. Und er würde ihnen ein besonderes Schutzkonzept verpassen, sie unter Beobachtung halten, testen, abschirmen, impfen oder was auch immer. Der Rest des Landes könnte dann ohne Einschränkungsmassnahmen weitermachen. Voilà.
„Du bist auch übergewichtig, Max, und du wirst auch irgendwann 80“, meinte Charlotte lakonisch. Das half Waldmeyer indessen nicht viel weiter. Fett sein erhöht einfach das Sterberisiko. Er wusste, dass sein BMI bei 25 liegt – allerdings grosszügig gerechnet, nur morgens, nach der Toilette, ohne Frühstück und rasiert.
„Schatz, kommst du zum Frühstück“, flötete Charlotte aus der Küche. Waldmeyer lavierte zwischen zwei Antworten: A: „Nein, ich esse nichts“, und B: „Ok, aber nur, wenn du die Kamera einschaltest“. Er entschied sich für B. Charlotte wusste noch nicht, was auf sie zukommt.