Immobilienmarkt: Was macht der smarte Investor jetzt…?

Die Trends waren schon seit ein paar Jahren ziemlich eindeutig, bedingt durch tiefe Zinsen, neue Wohnansprüche und die Digitalisierung. Corona bringt nun eine Akzentuierung und zusätzliche Verschiebungen ins Spiel. True Economics untersucht fünf Märkte, bzw. Anlageformen: Gewerbeliegenschaften, Büroliegenschaften, Mietwohnungen, Wohneigentum und Immobilienfonds. Wo soll der smarte Investor noch investieren? Die Antwort hier gleich vorweg: Es kommt zurzeit nur noch eine einzige Anlageform in Frage!

Zu unserer Auslegeordnung gehört, dass wir 4 Megatrends beobachten, welche von weiteren 4 Corona-bedingten Trends verstärkt oder gestört werden: 

Megatrend Nummer 1: Zinsen auf Tiefstand befeuern die Preise für Wohneigentum

Erst recht in der Folge der weltweit explodierenden Staats-Verschuldungen werden nun die Zinsen auch längerfristig tief bleiben. Das Welt-Finanzsystem würde schlichtweg kollaborieren, müssten die Staaten rund um den Globus nun nächstens mit Zinserhöhungen rechnen. Auf absehbare Zeit werden wir also keine Zinsen mehr sehen. Ergo lohnt sich Verschulden auch längerfristig – ob privat oder institutionell. Die gesunde Nachfrage nach Wohneigentum wird damit anhalten, die Immobilienpreise werden kaum sinken.

Megatrend Nummer 2: Anlagenotstand der Pensionskassen beeinflusst den Mietwohnungsmarkt

Aufgrund mangelnder Rendite-Alternativen wird weiter in Immobilien investiert. Das absehbare Überangebot wird jedoch auf die Renditen für Investitionen in Mietwohnungen drücken.

Megatrend Nummer 3: Es braucht weniger Büroflächen

Digitalisierung und flexibleres Arbeiten führen tendenziell zu weniger Bedarf an Büroflächen. Das drückt auf die Preise.

Riesige Grossraumbüros werden wohl der Vergangenheit angehören. Die Firma IBM hatte uns bereits vor 20 Jahren schockiert, als sie die festen Arbeitsplätze abschaffte und durch individuelle Rollcontainer ersetzte, welche beim Eingang der Büros gefasst werden konnten. Natürlich wurde dies zum grossen Teil wieder rückgängig gemacht. Aber seit ein paar Jahren setzt sich ein Trend zu Homeoffice durch – selbstredend nicht nur bei IBM.

Zudem dämmert bei vielen Firmen langsam die Erkenntnis, dass es in der Tat absurd ist, einzelne Büros oder eine grosse Anzahl an Arbeitsflächen zu unterhalten, wenn diese gar nicht ausgelastet sind (weil sich Mitarbeiter im Markt draussen oder im Homeoffice befinden). Für die Aussendienst-Sitzung am Montag braucht es z.B. keine speziellen Büros mehr. Weniger Raum für klassische Arbeitsplätze ist also gefragt, mehr Raum für Teambildung, Newsrooms, Räume für Besprechungen und Koordination, zuschaltbar auch für Externe. Das Prestige des Einzelbüros verblasst, der Status der elektronischen Vernetzung kompensiert.

Ausserdem setzen sich neue Büro-Nutzungsformen durch: Multifunktionalität von Räumen, Split-Offices, flexible Büroflächen, Co-Working-Spaces. Nicht der einzelne Arbeitsplatz hat mehr Planungs-Priorität, sondern die digitalen Kommunikationsmittel und das Daten-Management, welche künftig den Raumbedarf definieren.

Alles nicht neu und nicht überraschend? Vielleicht. Aber neu ist die Nachhaltigkeit dieses Trends, ein Point of no Return. 

Das Resultat: Es braucht auch längerfristig weniger Büroflächen, jedoch modernere Strukturen, welche wiederum besser durch modernere Gebäude geschaffen werden. Also geraten die Preise und Mieten für klassische Büroflächen noch weiter unter Druck. Und der Druck wird anhalten, denn die Umnutzung des Überangebotes dauert eine Ewigkeit.

Megatrend Nummer 4: Gewerbeflächen unter Druck

Der Onlinehandel senkt die Nachfrage nach Retailflächen, die überhöhten Mietpreise der letzten Jahre werden stark korrigiert. Im verarbeitenden Gewerbe und der Industrie (oder zumindest was davon übrig geblieben ist in der Schweiz) ist ebenso ein nachhaltiger Umbau festzustellen. Roboterisierungen befeuern den Trend zusätzlich. Roboter müssen übrigens keine Distanz halten und auch keine Masken tragen…

Die Digitalisierung wird die De-Industrialisierung weiter fördern. Der bisherige Bedarf an Gewerbeflächen im herkömmlichen Sinne (für Einzelhandel, Gewerbe und Industrie) wird sich kaum mehr ausweiten – und damit kommen auch in diesem Bereich die Preise weiter unter Druck.

Trend Nummer 5 (Nach-Corona-Trend): Wohnansprüche verändern sich

Die Corona-Pandemie hat uns sehr gut vor Augen geführt, wie wertvoll schönes Wohnen sein kann. Also nicht zu beengt, vielleicht im Grünen, vielleicht mit Garten – oder zumindest mit Balkon, Terrasse. Schon jetzt ist diesbezüglich ein neuer Nachfrage-Trend auszumachen. Das Leben zuhause wird wichtiger, die urbaneren Lebensformen – mit extensivem Ausgehen, auswärts Essen, etc. – sublimierten sich vorübergehend quasi über Nacht. Also doch lieber raus aufs Land…? Der kurzfristig auszumachende Trend zur Korrektur der Wohnansprüche könnte sich als ein nachhaltiger herausstellen, wenn die Pandemie-Auswirkungen noch länger andauern.

Diese Beobachtung konzentriert sich übrigens nicht nur auf die Schweiz. In den USA ist ein klarer Trend zu mehr Nachfrage nach ländlicherem Wohnraum auszumachen. Oder ein weiteres kosmopolitisches Beispiel: In Dubai ist ein starker Trend zu Villen mit Garten zu verzeichnen, weg von den chicen urbanen Apartments. Eine Momentaufnahme nur? Wir glauben nicht, denn dafür wird die Krise zu lange dauern. 

Trend Nummer 6 (Nach-Corona-Trend): Homeoffice verändert den Markt

Mehr Homeoffice bedeutet nicht nur weniger Bedarf an Büroflächen. Parallel wird sich auch der Bedarf nach mehr Wohnraum entwickeln. 

Immer mehr Firmen werden diesen Trend stützen. Techfirmen entschädigen ihre Mitarbeiter bereits für Homeoffice: für Geräte, Büromöbel oder Büroraum. Durch den Wegfall des Pendelns ergeben sich individuell zudem nicht nur geografisch neue Wohnoptionen, sondern die ökonomischen Einsparungen werden mit Sicherheit auch in mehr Wohnraum investiert werden.

Die Schleusen für mehr Homeoffice wurden Corona-bedingt geöffnet. Trotzdem werden dieser Entwicklung Grenzen gesetzt. Es geht dabei nicht nur um die Überlegung, dass ganze Sektoren der Wirtschaft davon ausgeschlossen bleiben. Grenzen setzen auch die Pflege der Unternehmenskultur, der Verlust von Teambildung, von Innovationsentwicklung und sozialem Austausch. Letztlich geht es auch um Fragen der Führung. Aber es bleibt trotz dieser Grenzen ein Trend, der auf mehr Wohnraum hinweist, allenfalls auch – unter anderem preisbedingt – auf weniger urbane Nachfrage. 

Trend Nummer 7 (Nach-Corona-Trend): zu viele Miet- und Investitionsobjekte im Gastronomie und Tourismus.

Diese Branchen werden noch Jahre brauchen, bis sie sich wieder – auf welchem Niveau dannzumal auch immer – aufgerappelt haben. Mietzinse und Preise für die betroffenen Liegenschaften verzeichnen starke Rückgänge; diese werden weiter sinken. Es trifft vor allem Gastronomie, Hotellerie und generell den Tourismus der Innenstädte. Umnutzungen werden unumgänglich werden, sofern überhaupt realisierbar, und Mietzinse und Objektpreise werden für längere Zeit im Keller bleiben.

Ein gegenteiliger Trend könnte sich für Ferienimmobilien in der Schweiz entwickeln. Aber das sind nur erste Vermutungen und wird von der Dauer der Pandemieeffekte abhängen. 

„Nicht-Trend“ Nummer 8: Corona drückt auf die Preise für Wohneigentum?

Zu Beginn der Krise wurde vermutet, dass die höhere Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Unsicherheit und/oder die Erhöhung der Sparquoten auf die Nachfrage und damit auf die Preise für selbst genutzte Wohnobjekte drücken könnten. Die Tragbarkeit für die Finanzierung von Wohneigentum könnte in vielen Fällen neu kalkuliert werden und den Investitionsspielraum einschränken. So könnte ein Trend zu kleineren Wohnungen einsetzen (aufgrund von Einkommensreduktionen, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Unsicherheit).

Bis jetzt sind allerdings solche Effekte kaum auszumachen – oder sie werden von andern Effekten überlagert, wie der Wunsch nach mehr Wohnraum. Und vor allem: wenn, dann handelt es sich nicht um einen „systemischen“ Trend, sondern um eine mehr oder weniger einmalige Erscheinung.

Zweiteilung des Wohnungsmarktes

Am wichtigsten für uns als Investoren ist die Erkenntnis, dass zurzeit eine klare Zweiteilung des Wohnungsmarktes stattfindet. Seit einigen Monaten hat sich der Mietwohnungs-Markt vom Wohneigentums-Markt abgekoppelt.

Dahinter steckt vor allem der Umstand, dass institutionelle Anleger, vor allem die Pensionskassen, nur anlegen wollen; sie verstehen den Handel mit Immobilien nicht. Sie kaufen nicht auf, um umzunutzen, zu renovieren und anschliessend wieder zu verkaufen – mit dem dazugewonnenen Agio. Unter “Entwicklungsprojekten“ verstehen sie i.d.R. nur das Erstellen von Neubauten. Sie wagen sich z.B. nicht an Altbauten oder an schöne Industriebrachen, welche aufgewertet und/oder zu attraktiven Wohneinheiten umgebaut und anschliessend wieder dem Markt übergeben werden könnten – zur Vermietung, oder, erst recht nicht, zum Verkauf. Sie erstellen lieber eine 0815-Überbauung an einer Kantonsstrasse. Diese erzielt dann allerdings nur eine dünne Rendite oder produziert zu allem Übel noch Leerstände. Diese Fehlentwicklung wird sich künftig noch akzentuieren. 

Aber der Investitionshunger hält trotzdem an. Es wird in zu viele neue Projekte investiert, welche der Mietermarkt nicht mehr absorbieren kann: Der Druck auf die Mieten und damit auf die Rentabilitäten von Wohnliegenschaften ist seit einem guten Jahr auszumachen. So lange die Zinsen jedoch tief bleiben – also noch sehr lange – wird die Umschichtung von institutionellen Anlagen aus Obligationen in Immobilien weiter anhalten. Die regelmässigen Mieteinnahmen einer Renditeliegenschaft scheinen immer noch genügend attraktiv zu sein, auch wenn sich die Renditen in einzelnen Regionen langsam bei unter 2% einreihen. Kommt es zu einem Crash? Zumindest für Mietwohnungsanlagen ist dies nicht auszuschliessen. Mittelfristig – als Crash-Alternative vielleicht? – könnte ein Shift von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen erwartet werden. Das wäre die eleganteste Lösung, um den Überbestand in einem Markt mit einem Unterbestand im andern Markt zu kompensieren. Dafür müsste allerdings der Druck auf den Markt noch stärker werden – deshalb wohl nur ein mittelfristiges Szenario. Im Moment machen offenbar Einzelverkäufe von Wohneinheiten von Institutionellen an Private (also die Mutation von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen) keinen Sinn. Die Einmalgewinne locken kaum, die frei gewordenen Mittel müssten wieder mühsam parkiert werden – wieder in Immobilien…

Der zweite Treiber dieser Abkoppelung liegt im Umstand, dass es offenbar zu wenig private Investoren gibt, welche grössere Liegenschaften oder Siedlungen erstellen, um sie dann (gewinnbringend) in Einzelteilen in Form von Eigentumswohnungen, Reihenhäuser oder freistehenden Häuser im Markt zu platzieren.

Der Investitionswille von Individuen für den Erwerb von Wohneigentum ist auf jeden Fall ungebrochen. Geld kostet nichts, und so bleibt kaufen günstiger als mieten.

 Damit ergeben sich für den smarten Investor folgende Konsequenzen:

1. Markt für Gewerbeimmobilien: Hände weg

Die grosse Korrektur kommt erst noch. Es wird eine weitere Wertvernichtung stattfinden.

2.Markt für Büroflächen: Hände weg

Es braucht künftiger weniger Büros, trotzdem befinden sich noch Projekte in der Pipeline. Die Preise werden weiter sinken.

3. Markt für Wohnliegenschaften: Hände weg

Pensionskassen überfluten den Markt mit neu erstellten Mietwohnungen.

4. Immobilienfonds: Hände weg

Die meisten Fonds sind toxisch, da diese viele Gewerbe- und Büroflächen enthalten oder demnächst auf einem Überbestand an Mietwohnungen sitzen bleiben. Die effektiven Preise dieser Liegenschaften hinken den realistischen Bewertungen hinterher, denn die meisten auslaufenden Mietverträge werden später auf einem tieferen Niveau abgeschlossen werden – was unweigerlich zu Tieferbewertungen der Liegenschaften und damit der Fondswerte führen wird.

5. Markt für Wohneigentum: kaufen

Der Markt ist in den meisten Regionen ausgetrocknet. Wohnen wird künftig nicht billiger werden –  allein schon, weil Geld nichts kostet. Der Nachfrageüberhang drückt zwar die Preise etwas nach oben. Aber, die gute Nachricht: Hier findet kaum Spekulation statt. Die Nachfrage ist echt, das Angebot einfach zu klein – die Preise werden sich also demnächst nicht stabilisieren. Den Corona-Einbruch hat es nicht gegeben, und es wird ihn wohl auch nicht geben. Im schlimmsten Fall wäre eine vorübergehende Minikorrektur in einzelnen Segmenten zu erwarten. Also lohnt sich der Kauf von Einfamilienhäusern oder Wohnungen an guten Lagen selbst dann, wenn der Preis etwas hoch erscheint. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Was schön ist: Wir können ziemlich sicher sein, dass das Geld kaum teurer wird. Die Tiefzinsphase wird noch sehr lange anhalten, also hängt kein Damoklesschwert von plötzlich hohen Hypothekarzinsen über uns.

Der Staat schläft

Eine ziemlich elegante Lösung, um mehr Angebot an Wohneigentum zu schaffen, wäre die forcierte Umzonung von Industrie- und Gewerbeflächen in Wohnflächen – und zwar möglichst zu Wohneigentum, nicht zu Mietobjekten. Grössere Einheiten an ungenutzten Flächen liegen  heute quer durchs Land brach; sie wären zudem relativ preiswert, da die Lagen oft dezentral sind. Das wären oft attraktivere Lösungen als die vielen Neubauten an schlechten Lagen, in tristen Agglomerationen, an lärmigen Strassen. Nur der Staat könnte solche Umzonungs-Lösungen fördern. Bis heute scheint aber noch kein Rezept gefunden zu sein, wie man hier Entscheidungsprozesse von Politik und Staat beschleunigen könnte. Umzonungen sind in der Schweiz nach wie vor politische Endlosspiele, die Jahre und Jahrzehnte verschlingen. Umso schwieriger wird es für den smarten Investor, in diesem Bereich private Projekte zu lancieren.

Fazit:

Von privaten Investitionen in Gewerbe- oder Büroliegenschaften, aber auch in Wohnliegenschaften zu Anlagezwecken ist zurzeit abzuraten – deshalb ebenso in Immobilienfonds.

Es verbleiben einzig Investitionen in Wohneigentum zur Eigennutzung. Oder überschaubare Transformationsprojekte, welche Mehrwert generieren und anschliessend wieder abgestossen werden können. Hier wären Kapitalgewinne auszumachen – aber kaum mehr Gewinne auf Renditebasen.

Die gute Nachricht: Die Bewertungsblase im Immobilienmarkt betrifft vor allem Mietwohnungsanlagen, nicht aber Eigenheime und Eigentumswohnungen. Also jetzt doch noch kaufen – es wird auf absehbare Zeit nicht günstiger werden!

Trumpismus – das Unwort des Jahres 2020?

Der Spuk ist vorbei. Wir können aufatmen. Alles erscheint plötzlich besser als Trump – so sehen es zumindest der überwiegende Teil der westlichen Bevölkerung und deren Staatschefs. Dabei tritt völlig in den Hintergrund, wie die Alternative aussehen sollte. Das ist inzwischen allerdings ziemlich egal. Hauptsache, der irre Hasardeur mit den orangen Haaren ist weg. Zeit für eine objektive kleine Analyse also: Was hat uns der „Trumpismus“ gebracht? War wirklich alles falsch, kontraproduktiv und chaotisch  – oder sind trotz allem positive Lichtblicke auszumachen? Zeit, vor allem ökonomisch Bilanz zu ziehen.

Was anfänglich noch einen gewissen Unterhaltungswert hatte, war plötzlich nicht mehr lustig. Schon sehr bald wurde einem durchschnittlichen Bildungsbürger bewusst, dass es gar nicht um „America First“ ging – sondern um „Trump First“.

Trotzdem: Vielleicht war doch nicht alles komplett schlecht und/oder falsch? „Wirtschaftlich hat er einiges getan“ – das hören wir doch hie und da. Wirklich? 

Nicht alles komplett falsch

Durchaus berechtigt waren Trumps Überlegungen in Sachen Steuersenkungen. Nebst den sehr hohen Spitzensteuersätzen für natürliche Personen waren insbesondere die Unternehmenssteuern von 35% nicht mehr auf einem wettbewerbsfähigen Niveau. Aber das Vorgehen des autokratisch und selbstherrlich agierenden Präsidenten war falsch: Die drastische Senkung der Steuersätze (Unternehmenssteuern z.B. auf 21%) führte zu starken Steuerausfällen, welche die Budgetdefizite der grössten Volkswirtschaft der Welt beträchtlich erhöhen. Schon Ronald Reagan – mit Reaganomics – war mit dieser Strategie (zumindest was die Staatsdefizite angeht) gescheitert. Plötzliche Steuersenkungen werden nicht einfach mit plötzlicher Bereitschaft kompensiert, konstant höhere Gewinne auszuweisen. Und keine Volkswirtschaft kann sich so schnell entwickeln, dass blitzartig mehr Unternehmensgewinne ausgespuckt werden können. Der Vorgang ist doch etwas anspruchsvoller, braucht Zeit und muss von einem ganzen Strauss an flankierenden Massnahmen begleitet werden. Corona wirkte dann in diesem Jahr noch als endgültiger Brandbeschleuniger, um die Staatsverschuldung der USA in noch nie gekannte Höhen zu treiben. Das wahlkampf-motivierte Verteilen von Corona-Helikoptergeld machte die Sache dabei nur noch schlimmer.

Zwar repatriierten ein paar grosse Firmen ihre Aktivitäten und vor allem ihre Steuersubstrate in die USA. Auch holten grosse US Konzerne ein paar stille Reserven aus den Kellern ihrer Bilanzen, welche nun, in diesem attraktiven Trump’schen Steuer-Slot, versteuert werden konnten. Optisch sah so 2019 noch alles wie Weihnachten aus, plötzlich wiesen viele Unternehmen schöne Gewinne aus. Das tat auch der Börse gut. Nachhaltig war die Übung indessen nicht, denn die ansehnlichen Wachstumsdaten der Wirtschaft waren nur erkauft. Aber letztlich ging es so oder so nur um den kurzfristigen Erfolg eines Egozentrikers und seine geplante Wiederwahl. 

Ein zweiter Punkt: Dass die ausufernde Bürokratie eingedämmt werden musste, war klar und somit eine im Grunde kluge Überlegung und ein Versprechen des neu gewählten Präsidenten im Jahre 2016. Aber auch hier scheiterte der Plan, und das Gegenteil fand statt: Viele neue Gesetze wurden eingebracht, ohne auch nur im Ansatz einen konsequenten Rückbau des Verwaltungsapparates und bürokratischen Hindernissen vorzunehmen.

Ein dritter Punkt: Das Misstrauen Trumps gegenüber China war durchaus berechtigt. Diesen Staat also mal in die Schranken zu weisen, war vom Prinzip her nicht falsch. Aber komplett falsch war das Anzetteln eines Handelskrieges, welcher Amerika nur verlieren kann. Die Wettbewerbsfähigkeit der USA hat sich inzwischen klar verschlechtert, und das Handelsbilanzdefizit mit China hat sich nicht verbessert, sondern rückte sogar noch weiter ins Minus. Dass Trump in China den Spitznamen „Trump, the nation-builder“ trägt, spricht Bände: China sieht in Trump einen Beschleuniger des Niedergangs der USA und damit einen „Nation-Builder“ für China…

Der Wirtschafts-Ausweis der Ära Trump sieht bei Lichte betrachtet also gar nicht rosig aus – selbst dann nicht, wenn die Corona-Blessuren ausgeklammert werden.

An vielen Orten gescheitert:

Die weiteren Punkte auf der Versagensliste türmen sich zu einem bemerkenswerten Berg an neu aufgebauten Problemen: Zu nennen sind beispielsweise das Komplett-Versagen in der Corona-Krise oder die weltweit gescheiterte Handels- und Wirtschaftspolitik – nicht nur mit China. Dass die America First-Strategie langfristig ein Schuss ins Knie war, ist wohl den meisten Ökonomen klar. Protektionismus war noch nie ein guter Begleiter für nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Politisch kommt diese nationalistische Strategie indessen immer ganz gut an. Diese populistische Sünde begehen übrigens nicht nur Republikaner – Demokraten ebenso.

Aussen- und innenpolitisch hatte der Trumpismus auch nichts erreicht – ausser Zwietracht gesät und dem Ansehen der Supermacht geschadet. Und mit der Kündigung oder Torpedierung von internationalen Abkommen hatten sich die vom Trumpismus kontaminierten USA – offenbar in ihrem Grössenwahn und damit zusammenhängenden Hang zum Unilateralismus – zusehends abgekoppelt von der Welt.

Und die Schweiz?

Oft gelobt wurden die guten Verbindungen unserer Regierung und Institutionen zur Trump-Administration. Ueli Maurer durfte sogar mal im Weissen Haus vorbeischauen. Aber gebracht hat es schlicht und ergreifend nichts. Im Gegenteil: Die Schweiz blieb z.B. von den neuen Stahlimport-Zöllen der USA nicht verschont. Und das geplante Freihandelsabkommen konnte in den vier Jahren auch nicht abgeschlossen worden.

Komplettes Versagen in der Werte-Wertung

Dass die grösste Wirtschaftsmacht der Welt von einem derart erratischen und ziemlich skrupellosen Hasardeur geführt wurde, hat der gesamten westlichen Welt geschadet. Und sie hat unsere Werte-Wertung durcheinander gebracht. Fake News, Verschwörungstheorien, Verunglimpfungen, Nepotismus und konstantes Lügen kennzeichnen den Trumpismus und wurden an vielen Orten fast salonfähig. Die Orbans, Salvinis, Modis und Bolsenaros dieser Welt klatschten in die Hände – ihnen war der Umstand gleich, dass hier ein Regierungssystem vor sich hin werkelte, welches offenbar ohne moralischen Kompass funktionierte. Gut, ist der Spuk nun vorbei. Zu hoffen bleibt, dass sich allfällige üble Nachwirkungen in Grenzen halten werden. Vermutlich werden wir jedoch mit dem Phänomen der Ära Trump noch weiter zu tun haben – beispielsweise in Form eines skurrilen Schattenkabinetts, als unseliger trumpistischer Strippenzieher der republikanischen Partei oder einer TV-Station mit alternative facts. Oder es bleibt uns ganz einfach vergönnt, die Prozesse und Machenschaften eines geschmacklosen Emporkömmlings aus den Klatschspalten weiterzuverfolgen. Zumindest von der globalen Realpolitik bliebe das Phänomen dann wenigstens ausgesperrt. 

Fazit:

Leider gibt es im Trumpismus kaum positive Lichtblicke auszumachen. Ökonomisch und moralisch ist der wirre politische Ausflug gescheitert. Ein paar gute Gedanken waren dabei: wie der Protest gegen die Rücksichtslosigkeit Chinas, der Abbau der Bürokratie oder die Steuersenkungen. Aber entweder blieb es nur bei den Gedanken und leeren Versprechungen oder die Umsetzung scheiterte. Die Bilanz des Trumpismus ist letztlich verheerend – insbesondere was die Vorbildfunktion des vielleicht wichtigsten Staatsoberhauptes der Welt betrifft. Grund genug, diesen Term „Trumpismus“ zum Unwort des Jahres zu küren. True Economics wird ihn, aus Protest, nicht mehr – wirklich nie mehr! – verwenden.

Kommt jetzt die Stag-Deflation?

Oder was uns nach dem Corona-Einbruch wirtschaftlich nun wohl erwartet

Nach der Coronakrise müssen erst einmal die Wunden geleckt werden. Weltweit werden explodierende Staatsschulden auszumachen sein, die Nachfrage in den Volkswirtschaften wird nicht gleich explodieren, und Jobs werden noch länger fehlen. Was kommt nun? Rezession? Depression? Stagnation? Inflation? Stagflation? Deflation? True Economics wagt eine Prognose und greift zu einer eigenen Wortschöpfung: Es kommt zur Stag-Deflation. Das gab’s bisher noch nicht. Weder den Zustand noch das Wort.

Die Geldpolitik hat global versagt

Der Trick mit den tiefen Zinsen hat bekanntlich nicht funktioniert: Seit 12 Jahren versuchen die Notenbanken mit billigem Geld die Wirtschaft in Gang zu bringen. Dabei ging schlichtweg vergessen, dass der Bürger nicht per se mehr Geld ausgibt, wenn er keine Zinsen erhält. Und dass die Unternehmen nicht auf Knopfdruck mehr Kredite aufnehmen und investieren, nur weil das Geld nichts kostet. Die Mikroökonomie braucht eben auch “Opportunities” und liberale attraktive Bedingungen – sonst läuft nichts! Nachfrage braucht es übrigens auch noch.

Gerade in Krisenzeiten, wenn die Bürger ihre Sparquote erhöhen, nützen jedoch selbst Negativzinsen nichts, um die Wirtschaft quasi zwanghaft anzukurbeln. Die Geldpolitik hat damit global versagt. Geblieben sind nur eine irre Geldschöpfung und explodierende Staatsschulden. Weder die kleine Inflation noch grosses Wachstum sind eingetreten. Nicht einmal eine Stagflation konnte erzielt werden. So hätten die klammen Länder nämlich mittels Inflation wenigstens ihre horrenden Staatsschulden teil-vernichten können – wenn auch bei gleichzeitigem Nullwachstum.

Depression: das Unwort

Dass wir uns in einer Rezession befinden, ist evident. Theoretisch gar in einer Depression – rein definitionsgemäss. Aber das Unwort darf offenbar nicht verwendet werden, alle Welt und auch die Medien meiden es wie der Teufel das Weihwasser. Obwohl es vorübergehend zutreffen würde. 

Rezession bedeutet Abschwung, welcher die Wirtschaft wieder ins Gleichgewicht bringt. Mit negativen Wachstumsraten während zweier aufeinanderfolgender Quartale ist man dabei – diesbezüglich müssen wir uns keine Sorgen machen: Das ist bereits eingetreten. Da die Wirtschaft jedoch wohl länger auf einen Aufschwung warten muss, diverse Strukturen beschädigt wurden und zudem der Staat eingreifen muss, stecken wir nun, wiederum definitionsgemäss, am Beginn einer (wohl vorübergehenden) Depression. Das Unwort.

„Stag-Deflation“: Das ist neu

Das Nach-Corona-Resultat wird hoffentlich keine echte Depression sein. Aber vermutlich wird eine weiter anhaltende kleine Deflation herrschen, sowie eine Stagnation – und zwar durchs Band. Damit befinden wir uns in einer Stag-Deflation. Das ist eine neue Kombi. Sie hat nichts mit einer Depression im bisherigen Sinne zu tun, diesem Schreckensgespinst, das uns vor bald hundert Jahren heimsuchte: die gefährliche Abwärtsspirale von Angebot und Nachfrage bei gleichzeitig starker Preiserosion. Stag-Deflation könnte uns jedoch durchaus die nächsten paar Jahre begleiten. Die Corona-Blessuren brauchen Zeit, um zu verheilen, die Sparquoten müssen runter – wofür es Zuversicht braucht. Die fehlende Nachfrage drückt vermutlich noch eine Zeitlang auf die Preise, und der Wirtschaftsmotor springt nicht an – da können die Zentralbanken noch so viel billiges Geld fluten oder uns gar mit Negativzinsen beuteln – es nützt nichts. Stag-Deflation: vielleicht die „neue Normalität“, um ein weiteres Unwort zu strapazieren.

Wenn wir die Zahlen etwas grosszügig analysieren, dann herrscht dieser Zustand seit Jahren bereits in Japan: kaum Wachstum, während gewissen Perioden gleichzeitig ein bisschen Deflation. Bei uns könnte dieser Zustand nun noch deutlicher eintreten.

Wo sind die Impulse?

Was mehr nützen würde als die Erhöhung von Staatsausgaben und billiges Geld: Flexiblere Leitplanken für die Wirtschaft, vernünftig tiefe Steuern, ein liberalisierter Welthandel ohne hohe Zölle und andere Handelshemmnisse. Gleichzeitig vernünftig wirtschaftende Staatshaushalte. Eine Utopie? Und wer wohl den Anfang machen wird? China? Oder jetzt die USA? Europa? Zumindest in der westlichen Welt ist bis jetzt kein Vorreiter auszumachen. Also müssen wir wohl mit dieser Stag-Deflation leben – zumindest vorübergehend, bis sich Angebot und Nachfrage wieder eingependelt haben. Dafür muss auch der Arbeitsmarkt wieder ins Lot kommen – ohne flächendeckende Kurzarbeit und (im Anschluss daran) unvermeidbar höhere Arbeitslosigkeit. Und es braucht diese positiven Impulse.

Fazit:

Nach dem vorübergehenden Phänomen der Stag-Deflation wäre vermutlich erst eine Periode der Stagnation angesagt: weder Deflation, noch Inflation, aber leider immer noch kein Wachstum. Für Wachstum – und damit einhergehender kleiner Inflation – brauchen wir die Notenbanken nicht. Das billige Geld hat kaum etwas gebracht. Es braucht, nebst guten staatlichen Rahmenbedingungen, schon eher nicht-monetäre positive Impulse. “Opportunities” – und zwar nicht nur vereinzelt, sondern global. Dafür müssen wir künftig auf liberalere Wirtschaftsordnungen hoffen, auf einen freien Welthandel, auch auf die Zerschlagung von Kartellen und Monopolen, auf den Abbau von Protektionismus, auf weitere Innovations-Impulse. Es gibt noch viel zu tun.

Wann kommt endlich die Inflation?

Oder: Wurden wir über all die Jahre von unseren Zentralbanken betrogen?

Seit der Finanzkrise 2008/2009 hat sich die Inflation von der Geldmenge abgekoppelt. Wenn zu viel Geld in das System gepumpt wird, gibt’s Inflation. So die bisherige Lehre. Aber jetzt kriegen die Regierungen trotz Geldschwemme keine Inflation mehr hin – und obwohl sie diese doch so gerne hätten. 2% Inflation möchten die meisten: ein Wert, der für den Konsumenten kaum spürbar sei, und den die Volkswirtschaft brauche, um zu wachsen. Nun wurde über Jahre also Geld geflutet,  tiefe Zinsen angesetzt und zum Teil bewusst die Währungen geschwächt, um die Exporte zu beflügeln. Tiefe Zinsen reflektieren das Vertrauen in eine Währung – also auch gut. Aber wann hört dieser Wettlauf auf? Und wann kommt plötzlich, mit Wucht, trotzdem die Inflation? Oder irren wir uns, und die Inflation ist bereits zur Hintertüre reingeschlichen, und wir haben es nicht bemerkt? True Economics analysiert.

Die Notenbanken haben uns betrogen

Ursachen für Inflation können einerseits die Ausweitung der Geldmenge sein, jedoch auch ein Nachfrageüberhang – wenn das Angebot nicht mithält. Es gibt auch die angebotsgetriebene Inflation, weil sich die Produktionen und Dienstleistungen verteuern. So die Lehrbücher. Nur: Seit 12 Jahren laufen die Notenbankpressen auf Hochtouren und die Zinsen oszillieren weltweit um die Nullmarke. Vordergründig galt es, die Wirtschaft mit billigem Geld anzukurbeln. Es hat nicht funktioniert. Eigentlich wurden wir von den Notenbankern und Politikern über Jahre betrogen, denn hintergründig ging es den Herren Dragi & Co. nur darum, mittels Inflation die Staatsverschuldungen abzubauen (da diese sich quasi teil-vernichten mit der Geldentwertung). Was eben misslang. Aber der Betrug geht weiter, denn die grosszügigen Corona-Geldverteilungen lassen die Schuldenberge weiter explodieren und erfordern jetzt erst recht eine Nullzins-Politik. Gleichzeitig wird immer noch von diesem optimalen zweiprozentigen Inflationsziel schwadroniert. 

Lange Betrugsliste

Die Negativliste der Begleiteffekte für den Bürger ist lang: Negativzinsen, reduzierte Rentensicherheit, erschwerte Ersparnisbildung, die nächsten Generationen bleiben auf gigantischen  Schuldenbergen der Staaten sitzen.

Es war letztlich ein Schuss in den Ofen: Via günstiges Geld hätten die Zentralbanken die Geschäftsbanken mit viel und günstiger Liquidität ausrüsten sollen, damit diese billige Kredite vergeben können. So sollte die Wirtschaft angekurbelt werden. Nur: Das Problem liegt nicht beim Angebot. Firmen expandieren nicht unverhofft, weil Kredite en masse und günstig auf der Strasse liegen. Es braucht Nachfrage. Immerhin könnte ein „Leverage-Effekt“ winken, es bräuchte – verhältnismässig – weniger Eigenkapital, wenn (günstiges) Fremdkapital eingesetzt werden könnte – also würde das Eigenkapital dank Hebelwirkung höhere Renditen abwerfen. Aber von diesem Leverage-Effekt profitieren nur die Firmenbesitzer oder die Aktionäre. Die Unternehmen investieren deshalb nicht mehr. Der Volkswirtschaft als Ganzes dient das nicht.

Kommt hinzu, dass in einzelnen Ländern staatliche Hürden, Auflagen, Soziallasten und Steuern dermassen zugenommen haben, dass es, abgesehen von der schwachen Nachfrage, für die Firmen einfach zu wenig attraktiv ist zum Investieren.

Wer möchte heute schon in Ländern wie Frankreich, Italien, Spanien oder Deutschland – auf KMU-Basis – investieren? Wer schnallt sich freiwillig diese Unternehmerbürde an…?

Hat die Ökonometrie ausgedient?

Es scheint, dass weder Keynesianer noch Monetaristen – noch unabhängige Ökonomie-Mathematiker, also die Ökonometriker – richtig liegen. Die Ausweitung der Geldmenge und die Niedrigzinsen hätten laut Lehre schon lange zu Inflation führen sollen. Auch das QE (Quantitative Easing, also das massive Aufkaufen von Anlagewerten durch die Notenbanken), erfunden vom Italiener Dragi, übernommen von seiner französischen EZB-Nachfolgerin Lagarde und ebenso gepflegt vom FED, hat nichts gebracht. Ausser die Börse künstlich beflügelt. Die zum Teil provozierten Abwertungen der Landeswährungen haben auch nichts gebracht: Wenn alle gleichzeitig abwerten, befinden sich alle wieder auf dem gleichen Stand, ohne positive Exporteffekte.

Man spricht heute von der „säkularen Stagnation”: Der Bürger gibt nicht mehr aus, und die Unternehmen investieren nicht und fragen kein Kapital nach – trotz billigstem Geld. Auch die Phillipskurve, welche uns einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit (bzw. Beschäftigung) und Teuerung lehrte, ist nicht mehr das, was sie einmal war. Die ganze Lehre der Ökonometrie muss in Frage gestellt werden: Die volkswirtschaftlichen Daten bewegen sich einfach nicht so, wie die Wissenschaft dies einst vorsah! 

Letztlich haben die Politiker heute die Zügel der wirtschaftlichen Führung eines Landes aus der Hand gegeben und an die Zentralbanker weitergereicht. Oder sie kollaborieren ganz klandestin mit ihnen – eine ordnungspolitische Todsünde, sollten doch Geld- und Fiskalpolitik immer unabhängig voneinander funktionieren.

MMT – die Modern Monetary Theory ist Gift

Der Staat sei eben kein Privathaushalt, also könne man sich von der engen Denkweise des vernünftigen Haushaltens lösen. Der Staat könne in beliebigem Ausmass selber Geld produzieren. Inflation ist übrigens nicht vorgesehen bei diesem Ansatz, denn Konjunktureingriffe werden einfach mit Steuererhöhungen oder –senkungen vorgenommen. Eine makroökonomische Zeitbombe. Aber die Theorie kommt einigen Politikern, die  die Staatsverschuldung ohne Hemmungen explodieren lassen, sehr zupass.

Wieso kommt sie einfach nicht…?

Japan kennt seit Jahren eher Deflation, nicht Inflation. Dies trotz einer gigantischen Verschuldungsquote von 250% des BIP. Und das Land kauft den Grossteil seiner Staatsschulden gleich selber auf. Dann ist der Staat eben Schuldner und Gläubiger zugleich. Geht das einfach so, in einem modernen Staat? Tatsache ist, dass dem Land grosse Probleme bevorstehen. Es gibt eine krasse Überalterung, und die Bevölkerung schrumpft. Das sind schlechte Aussichten, um einst eine gesunde Balance mit den Schulden zu halten. Die Balance würde auf jeden Fall im Nu kippen, wenn die Zinsen erhöht würden. Das wird indessen genau aus diesem Grund auch längerfristig nicht stattfinden – und Japan, als die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt, könnte es sogar schaffen, im eigenen grossen Währungsraum einfach so weiterzuleben. Mit tiefen Zinsen eben – for ever. Oder zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Schneeballsystem doch noch zusammenbricht.

Auch in der EU war in den 10er-Jahren in Spanien, Griechenland und Zypern Deflation auszumachen. Ein starker Nachfragerückgang drückte auf die Preise. Erfolgt eine Deflation vorübergehend, ist das überhaupt nicht tragisch. Es kommt nicht zur Deflationsspirale, welche die Finanzmärkte einschliesst – wie in den 30er-Jahren. Deflation bedeutet also nicht gleich Depression. Aber sie wird von staatlich bezahlten und etatistisch gesinnten Ökonomen oft als Damoklesschwert vorgeschoben, um mittels Geldmengenvermehrung stark gegenzusteuern zu können. Mittels Gelddrucken und tiefen Zinsen lassen sich nun mal einfacher Schulden machen. Heute ist so viel Geld im Markt, dass eigentlich schon lange Inflation herrschen sollte. Das Geld kreist jedoch zu langsam, womit der inflationäre Effekt des Geldumlaufs gar nicht greifen konnte. Sobald die Nachfrage in einer – vielleicht viel späteren – post-Corona-Ära wieder anzieht, könnte die Inflation jedoch schlagartig einsetzen. Das Geld ist dann schon im Markt und kann nicht mehr rausgenommen werden. Der Pool könnte dannzumal plötzlich überlaufen. Eine Vermutung nur – alle Ökonomen sind sich einig, dass man sich hier uneinig ist.

Nachhaltige böse Folgen der Gelddruckerei

Geld schwemmen und Nullzinsen ist eine sehr asoziale Strategie. Denn so steigen nur Vermögenswerte (wie Immobilien, Anlagen) von Begüterten. 

Damit wird die oft links geprägte Politik des viel Geldausgebens (via monetäres Fluten und Schulden) zum Bumerang. Auf einen Nenner gebracht: Die derzeitige Ausgabenflut wirkt letztlich unsozial. Der Vorgang scheint schwer vermittelbar, diese Analyse ist jedoch stringent! Die heutige Geldpolitik fördert also die Ungleichheit und damit mittelfristig auch die sozialen Spannungen. Junge Leute werden in absehbarer Zeit mittels verzinstem Sparen kein Vermögen schaffen mehr können. Die Nullzins-Politik ist damit ein Verrat der alten Generation an der jungen.

Das gibt viel Nahrung für die künftigen politischen Verteilungskämpfe: Die Lohnentwicklung ist nämlich an den Index der Konsumentenpreise gekoppelt. Ein Immobilienkauf mit verdientem Einkommen aus Arbeit zu realisieren, wird immer schwieriger, leichter gestaltet sich dies aus Kapitaleikommen. Karl Marx hätte bestimmt Freude an dieser sozialkritischen Analyse. Sie widerspiegelt indessen eine Tatsache und ist von ihrer Wirkung her staatspolitisch äusserst toxisch: Es dient einer Gesellschaft längerfristig nicht, wenn sich die Schere in der Vermögensverteilung weiter auftut.

Wird Inflation falsch gemessen?

Ist die Inflation bei uns etwa bereits angekommen, und wir haben es gar nicht bemerkt? Das ist durchaus möglich. Und zwar hat sie sich ganz gemein eingeschlichen, durch die Hintertüre. Es betrifft die Investitionen von vermögenden Personen, welche ihr Geld in andere Werte konvertieren möchten: Dann erhalten sie für ihr Geld heute nämlich weniger an Immobilien, Aktien, Oldtimer, Kunst, Gold, etc. Alles ist teurer geworden. Hier, bei den „Vermögenspreisen“ ist die Inflation bereits angekommen. Das trifft natürlich nicht auf den normalen Mix mit Konsumgütern zu.

So klassisch, wie die Inflation heute gemessen wird, wird sie demnächst wohl kaum stattfinden, Zumindest – vermutlich – weder mittel- noch langfristig. Die rekordtiefen und langanhaltenden Zinssätze haben also nur eine ungeplante Inflation bei Vermögenden provoziert, die gar nie bei der Durchschnittsbevölkerung angekommen ist. Die gescheiten Notenbanker wollten mit ihrer Geldschwemme die Konsumgüter in die Inflation zwingen, um ihre Staatsschulden zu vernichten. Nun ist sie an einem ganz andern, luxuriösen Ort – wo sie nämlich nicht gemessen wird – angekommen.

Wird Inflation also falsch – oder zumindest unvollkommen – gemessen?

Was tun?

Was bedeutet diese Misere nun für uns Anleger? Die Antwort ist eine theoretische – doch hier ist sie: keine verzinsten Anlagen tätigen, welche nicht kurzfristig sind. Also Hände weg von Investitionen in vermeintlich sichere Staatsanleihen, besonders nicht in Fremdwährungen. Steigt die Inflation trotzdem (z.B. Import-bedingt wie in der Türkei aufgrund der erodierenden Lira), verlieren solche Anlagen massiv an Wert – logischerweise vor allem, wenn diese langfristigen Charakter haben. Besser Geld parken (in sicheren Währungen), Wohnimmobilien kaufen, nur vorsichtig und selektiv an der Aktienbörse präsent sein – und warten. Es könnte nur wenige Jahre dauern, und man könnte mit dieser Strategie gewinnen. Ja, es herrscht Anlagenotstand: Obligationen sind ebenso out, Fremdwährungen nur Spekulation; sie dienen allenfalls zur Diversifikation. Gold ist eine kleine Alternative, aber nur als Notbatzen. Gold dient kaum zur Spekulation und wirft auch keinen Zins ab; das gelbe Metall ist nur ein Back-up. Und  auch nur dann, wenn es in kleinen, handelbaren Grössen gehalten wird. Also bitte keine Goldzertifikate oder Minenanleihen. Nur Nuggets, Vreneli, Krügerrand, Kleinst-Barren…

Fazit:

So wie die Inflation heute gemessen wird, wird sie demnächst nicht flächendeckend ankommen. Zwar versuchen die Zentralbanken, eine solche seit Jahren herbeizuzwingen – doch es funktioniert nicht. Ob die Verschuldungsblase jemals platzen wird und dannzumal eine Inflation – oder gar eine Hyperinflation – provoziert, ist absolut unsicher.

Sicher ist nur, dass es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten aufgrund der horrenden Staatsverschuldungen nie mehr nennenswerte Zinsen geben wird. Brave new world: Das Geld ist nichts mehr wert. Auch ohne Inflation.

Kurz- und mittelfristig ist also nicht mit Inflation zu rechnen, eher mit einer kleinen Deflation – oder gar mit einer „Stag-Deflation“? Wir bleiben dran.