Corona-Kosten: Verschuldung mit links?

Je nach Definition bewegt sich die Staatsverschuldung der Schweiz bei knapp 40% der Wirtschaftsleistung. Deutschland liegt bei rund 60%, die USA und Frankreich bei 100%, Italien bei 130%, Griechenland bei 180%. Wir sind also wieder mal die Musterknaben: Spare, dann hast du in der NotJetzt können wir also das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster werfen!

2020: ein katastrophaler „Bilanzabschluss“ 

2020 wird die Schweiz allerdings einen Bilanzabschluss vorliegen, der jeder Revisionsstelle die Schamröte ins Gesicht treiben würde. Binnen eines Jahres werden wir zusätzliche Schulden von 20 bis 25 Milliarden CHF anhäufen. Bestenfalls. Es ist ja erst April, das Jahr ist noch lang, die Aussichten ungewiss. 2021 wird der Abschluss dann wohl auch noch mit einem Defizit aufwarten, denn die getroffenen Massnahmen und die verteilten Gelder wirken zwar nachhaltig in wirtschaftlicher und sozialer Sicht, aber ebenso nachhaltig in Sachen Anhäufung von Schulden. 

Eklige Verschuldungs-Prognose?

Ende 2020 ergibt die Hochrechnung für die Schweiz eine Staatsverschuldung von mindestens 50%, Ende 2021 könnten es 55% sein. Die virtuelle Maastricht-Richtlinie von maximal 60% würde das Nicht-EU-Land Schweiz also spielend einhalten. Bei den meisten EU-Staaten ist dieses Thema nicht mehr so aktuell, denn erstens haben sie die 60% schon immer elegant überschritten, zweitens werden sie es 2020 und 2021 noch deutlicher tun. Italien zum Beispiel wird vermutlich eine Verschuldung von gegen 160% anvisieren. Das wird die Italiener nicht ausserordentlich nervös machen, denn neues Geld wird dank Euroschirm- und anderen Konstruktionen spottbillig aufgenommen werden, und es werden wenig schwere Gedanken daran verschwendet werden, es je einmal zurückzahlen zu müssen.

Time to say goodbye

Auch die Schweiz wird die zusätzlichen Mittel mit links zinslos aufnehmen können. Also kostet die ganze Geldverteil-Übung eigentlich gar nichts? Finanztechnisch ist das in der Tat so. Oder müssten die Schulden irgendwann einmal doch zurückbezahlt werden? Nein, im Falle der Schweiz nicht. Im schlechtesten Fall müssten diese Schulden nur refinanziert werden, irgendwann eventuell einmal, viel, viel später. Auch dann werden die Zinsen vielleicht immer noch bei 0% liegen. Denn wäre dem dannzumal nicht so, hätten viele andere Staaten die Waffen schon längst gestreckt. Werden wir also überhaupt nie mehr Zinsen sehen? Time to say goodbye? Vielleicht.

Die Konsequenzen? Finanziell vorerst einfach keine. Es bleibt indessen der schale Nachgeschmack, dass in der Nullzinswelt die nächste Generation wohl nie richtig Geld sparen kann. Und unsere Renten werden so auch nicht sicherer.

Autor: Paul Carpenter

Paul Carpenter ist ein Pseudonym. Der dahinter stehende Kommentator bleibt anonym. Paul Carpenter lebt seit 15 Jahren in Dubai, ist international vernetzt und beobachtet das Wirtschaftsgeschehen sehr kritisch. Er studierte Ökonomie und Publizistik in St. Gallen und betätigte sich lange als CEO und Unternehmer. Seit einigen Jahren ist er Unternehmensberater und schreibt Kolumnen, welche sich auf den Link von Mikro- und Makroökonomie konzentrieren.

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